Alle Beiträge von Ulrich Scharfenorth

Wo kein Kläger ist, ist ein Richter

Wieder ein Grund zum Ausrasten: Gerhard Richter stellt vier Arbeiten zum Thema „Birkenau“ vor. Wie immer segelt der Mann im Mainstream und macht natürlich auch mit Holocaust Kohle. Wobei mal wieder nicht klar ist, ob das Motiv exzessiv verpinselt oder gar nicht getroffen wurde. Immerhin könnte sich RP-Redakteurin Annette Bosetti vorstellen, dass hier gleichsam mehrere „MissstimmungsSzenen“ – so die desolate Situation im Irak oder Auszüge aus dem Syrienkrieg – porträtiert sein könnten http://www.rp-online.de/kultur/richters-requiem-aid-1.5743905.

 
Bei so viel Beliebigkeit fallen mir weitere NullART-Kunstwerke ein – die finsteren quergeteilten Brammen (oder sind es hohle Tonnen?) vor dem Düsseldorfer Ständehaus oder der Kasten mit Drehspänen, der kürzlich im Ratinger Museum zu sehen war. Metalldiebe, bitte zugreifen! fällt mir da ein, und was Richter angeht: Ich bin sicher, dass er sich auch über die Flüchtlingsbewegung hermacht, um Euros zu ziehen. Und die Rheinische Post wird wieder auf dem Bauch liegen – vor ihm  und … klaglos.

In Sachen Flüchtlingspolitik wird weiter getrickst

Ist es nun die Presse, die das Treiben verrückt macht, oder ist es die Politik. Auf jeden Fall hat die von RP zitierte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für neue Verwirrung gesorgt http://www.rp-online.de/politik/deutschland/fluechtlinge-kosten-deutschland-50-milliarden-euro-aid-1.5732479. Mehr als Klotzig kommen die 50 Milliardene Euro herüber, die das Flüchtlingsgeschehen bis einschließlich 2017 kosten soll. Diese Zahlen werden an Bedingungen geknüpft, die absolut unrealistisch erscheinen. So wird davon ausgegangen, dass die Flüchtlingszahlen 2016 auf 800.000 und 2017 auf 500.000 Migranten zurückgehen. Hinzu kommt, dass man glaubt, 2016 einem  Viertel und 2017 einem Drittel der Flüchtlinge eine Job verpassen zu können .

Da frag ich doch glatt: Wo leben diese Leute, die wieder einmal im Beschwichtigung-/Bagatellisierungsmodeus alles fein auf wenig schmerzhaft massieren? Mit der Bemerkung: Wenn alles etwas ungünstiger ausfällt, dann ist mit höheren Kosten zu rechnen, lässt man am Schluss der Betrachtung uns Bürger im Regen stehen – und kann als Institut für sich selbst feststellen, dass man für den Eventualfall vorgewarnt habe.

Ich finde das mehr als betrügerisch, denn niemand kann im Ernst davon ausgehen, dass der Krieg in Syrien 2016 beendet wird. Im Gegenteil: Die Auseinandersetzungen dürften sich in dem Maße, in dem der IS unter Druck gerät, weiter verschärfen. Das heißt, dass aus dem Einflussbereich des IS nach Freischießen von Gebieten neue Flüchtlinge „freigesetzt“ werden. Auch im nördlichen Afrika dürfte sich die Lage kaum entspannen. In Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten haben bereits Hunderttausende ihr Ränzlein geschnürt, um nach Europa überzusetzen. Weiter im Süden – vor allem in Westafrika – bahnen sich ständig neue Konflikte an, die ebenfalls zahllose Flüchtlinge generieren.  Die paar Franzosen und Deutsche, die dort vor allem Uran- und Erdölinterssen ausländischer Konzerne (Areva, Mobil Oil, Chevron etc.) schützen, können daran auch nichts ändern.

An dem bisherigen Zulauf aus den derzeit relevanten Gebieten dürfte deshalb nichts zum Besseren ändern – viel wahrscheinlicher ist, dass zusätzliche/sehr viel mehr Migranten  z.B. aus Afrika hinzukommen. Parallel dürften sich die Lager in Jordanien, im Libanon und in der Türkei weiter leeren – vor allem dann, wenn die Geberkonferenz in London unzureichende Ergebnisse bringt. Bekanntlich mussten die Hilfsorganisationen die Leistungen für 2015 gegenüber dem davor liegenden Zeitraum halbieren. Schon diesen Rückgang zu kompensieren, bedeutet eine immense Kraftanstrengung.

Was die Vermittlung von Job für Flüchtlinge angeht, so hat das IW die rosarote Brille diesbezüglich noch ärger in Stellung gebracht.  Vor ein paar Wochen war aus Kreisen der Wirtschaft eine völlig andere Einschätzung getroffen worden, nämlich die, dass im Verlauf von 10 Jahren etwa 15.000 Migranten in „passfähige“ Facharbeiter-Planstellen eingebracht werden könnten. Auch mit Blick auf die in Deutschland existierende Arbeitslosenquote von 6,4 % (2015) ist es  absurd, Beschäftigungsraten von 25 bzw. 30% zu unterstellen. Jeder weiß, wie lange es dauert, bis Asyl erteilt, eine Ausbildungsstätte gefunden und die Qualifizierung absolviert ist.  Fälle aus der Zeit vor 2015 belegen, dass das in der Regel Jahre dauert. Denn in den wenigsten Fällen können die im Herkunftsland erzielten Abschlüsse für Anwendungfälle in Deutschland 1:1 genutzt werden.

FAZIT: Wir werden uns für 2016 und 2017 auf sehr viel mehr Flüchtlinge einstellen müssen – auch dann, wenn die bisher erlassenen und für die nahe Zukunft gepanten Gesetze wirksam werden. Da Deutschland die Abschiebung in der von der Regierung gedachten Form und Größe 2016 aller Voraussicht nach nicht stemmen wird und wir uns andererseit dazu bekennen, keine Waffe an der Grenze einzusetzen (bravo!), werden friedliche Flüchtlinge auch 2016 und 2017 zu Hauf bei uns eintreffen – und zwar nahezu nur bei uns!

Für die „Jobtüchtigkeit“ werden aller Voraussicht nach im Schnitt 2 Jahre zu veranschlagen sein, wobei auch klar ist, dass nicht jeder Flüchtling qualifiziert werden kann/nicht jeder qualifizierte Flüchtling einen Job bekommt. Denn an der bisherigen Maßgabe, dass deutschen Arbeitslosen zumindest gleichrangig Qualifizierung und Arbeit angeboten werden muss, dürfte die Regierung festhalten – aus politischen Gründen. Stichwort: Eindämmung des Rechtsextremismus.

Idioten am Werk

Es ist doch einfach hirnrissig, krimminell gewordene Ausländer in Drittstaaten ausliefern zu wollen, also ob sie dort hingehörten, weil das anvisierte Empfängerland ihre Taten hätte ahnen können. Können kriminell gewordene Ausländer nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil dort Krieg herrscht, muss man mit religiös benachbarten Staaten die Übernahme vereinbahren – und entsprechende Kosten tragen.

Bei anderen Ländern, in denen kein Krieg herrscht, wohl aber Widerstand gegen die Rücknahme aufgebaut wird, muss Letztere – wenn nötig, über diplomatischen Druck, Hilfsgelderentzug usw. – durchgesetzt werden. Von der Türkei, die nicht einmal bereit ist, eigene, straffällig gewordene Landsleute zurückzunehmen, ist allerdings keinerlei Hilfe zu erwarten. Druck ist wegen der ekklatanten Abhängigkeit in der Flüchtlingesfrage schon gar nicht angesagt.

Schein & Sein

Launige Erscheinungsbilder aus zwei verschiedenen Jahrhunderten:
J.W. von Goethe im 19 Jahrhundert über das deutsche Volk: “So achtbar im Einzelnen und so miserabel im Ganzen!“ (am 13. Dezember 1813 gegenüber dem Jenaer Historikers H. Luden) .
Lisa Kaltenegger, Astrophysikerin, im Januar 2015: „Wenn Sie als Größte in Ihrem Gebiet gelten wollen, müssen Sie ein Buch schreiben, das niemand versteht“ („Süddeutsche Zeitung“, 2./3. Januar 2015)

Die deutschen Trottel machen alles mit

gegen TTIPMan könnte sich totlachen, wäre die Sache nicht toternst. Worum geht es? Es geht um Gabriel, der sich breitbrüstig brüstet, die geheimen TTIP-Unterlagen jetzt auch im Wirtschaftsministerium auslegen zu dürfen http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sigmar-gabriel-weiht-lesezimmer-fuer-ttip-dokumente-ein-a-1074456.html. Mitglieder des Bundestages müssten nicht mehr in die Berliner Ami-Botschaft pilgern, um den Stand der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen einsehen zu können (was schon allein eine Ungeheuerlichkeit darstellte!). Gabriel preist das jetzt als große Errungenschaft: Bundestagsabgeordnete dürfen für zwei Stunden in die Akten sehen, müssen allerdings auf großflächige Notizen und einen Meinungsaustausch mit anderen Abgeordneten verzichten.
Jeder denkende Mensch schöpft sofort Verdacht, dass es sich bei dem Abkommen um eine böse, gesetzwidrige und hinterhältige Sache handelt, die nur diejenigen etwas angeht, die sie produziert haben. Um ein scheindemokratisches Prozedere kommt man allerdings nicht herum. Nur widerwillig gesteht man denen, die auch nichts wissen und bewerten können, zu, in den Papieren zu schnüffeln. Mehr dürfte da nicht passieren. Denn der in Juristenenglisch verfasste Text ist nur für TOP-Experten überhaupt les- und verstehbar.

 
Für mich ist völlig klar, dass uns allen, die wir weder vom Wegfall der Zölle, noch vom freieren Warenverkehr profitieren würden, der Blick in die US-Trickkiste versperrt werden soll. Jede Texttücke könnte schließlich von der Presse aufgenommen und zerrissen werden.

 
Dass private Konzerne über private Schiedsgerichte gegen Staaten klagen können, ist einer der Krebsschäden von TTIP. Wir erleben das gerade in Ecuador, wo Chevron und Oxy gegen den Staat klagen, weil er Ölförderlizenzen gekappt hat. Freilich mit dem Hintergrund, dass die Ölmultis große Teile des Landes mit Öl- und Ölrückständen verschmutzt haben und nichts zu deren Beseitigung tun („der Freitag“, 3/2016). Das kleine Land Ecuador dürfte sich schwer tun gegen die Giganten, die nichts als ihren Profit im Sinn haben. Ähnliche Fälle gibt es auch in anderen Teilen der Welt – wenngleich das in der Regel unter der Decke bleibt.

 

Nachtrag vom 8. Februar 2016: Es sei für Europa wichtig, dass die Verhandlungsposition der EU durch Indiskretionen nicht gefährdet werde, argumentiert die EU-Kommission und begründet so die Geheimhaltung. Viele Politiker sehen das völlig anders https://www.freitag.de/autoren/felix-werdermann/ein-tropfen-transparenz

Darin haben sie schon Übung: die Griechen verprügeln

Die Innenminister waren in Brüssel, und einige von ihnen sind sich einig: Wenn es die verdammten Griechen nicht schaffen, Flüchtlinge ordnungsgemäß zu registrieren, dann schmeißen wir sie einfach raus aus dem Schengen-Raum und machen auch gegenüber den Griechen dicht http://www.rp-online.de/politik/oesterreichs-eiserne-lady-aid-1.5718166 .
Angeführt von der Österreicherin Mikl-Leitner, die sich als extreme Scharfmacherin in Szene setzte, forderte auch Thomas de Maiziere die Griechen auf, ihre Hausaufgaben zu erledigen http://www.pressreader.com/germany/rheinische-post-krefeld/20160126/281517930139000/TextView. Ähnlich – wie schon vor Beginn der akuten Krise – lassen die Binnenländer Griechenland und Italien im Stich. Statt beide Länder – die den GESAMTEN Migrationsschub allein auffangen müssen – finanziell und materiell stärker zu unterstützen, übt man Druck auf sie aus. Als ob Griechenland mit seiner immensen Verschuldung (170% vom BIP) und der daraus resultierenden Verarmung nicht genug belastet wäre. Der Egoismus fast aller europäischer Staaten tritt auch an dieser Stelle deutlich zu Tage. Er wird die EU sprengen!

Fußball: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!

Fußball_17_10_15Ganz klar: Der allgemeine Fußball-Irrsinn, ein Geschäft wie alles im Turbo-KAP, verdrängt allmählich andere Sportarten – bei denen es weniger um Geld geht oder bei denen die Akteure weniger Geldclever sind. Und der TV-Fußball dröhnt selbst die Feiertage zu – Martin Beils hat da völlig Recht http://www.rp-online.de/sport/fussball/bundesliga/liebe-bundesliga-lass-andere-sportarten-leben-aid-1.5715358

 
Können Sie sich/könnt ihr euch noch an die WM erinnern? http://www.stoerfall-zukunft.de/?p=155

Sahra wird abgestraft – völlig zu Unrecht!

Sarah_24_1_16Imaginärer Brief an eine anonyme Freundin:

 

Hallo meine Liebe, mache nur nicht diesen Fehler! Lies nicht nur die  Zeitungen, die Deine bisherige und jetzige Meinung spiegeln !!! Das ist ganz wichtig, weil Du Dich sonst von der Welt abkoppelst und die Argumente der Gegner nicht mehr kennst. Du ziehst Dich dann auf die etwas machtlosen 8 % zurück, die die Linke in unserer Gesellschaft repräsentieren. Das ist der Grund, warum ich die RP immer noch lese und mich dann auch immer über sie aufrege. Lies „der Freitag“, lies die Süddeutsche Zeitung (ich bekomme sie derzeit von einem Freund als second Hand-Ware in den Kasten gesteckt), und den Spiegel. Vieles davon kann man auch im Netz konsumieren.

 
Was die Flüchtlingsfrage angeht, so gibt es derzeit in der Linken viel Streit. Das müsstest Du auf der Luxemburg-Konferenz eigentlich mitbekommen haben. Sarah hat in einem Redezusatz erklärt:“Wer das Gastrecht missbraucht, der hat das Gastrecht (sofern er wie in Köln kriminell wird) dann eben auch verwirkt.“ Sarah ist für diese Worte, die offenbar auch von Oskar unterstützt werden, viel Prügel einstecken müssen. Vor allem, weil AfD und andere Rechte sofort gejubelt haben.

 

Es ist aber leider in der Politik so, dass der politische Gegner in einer Einzelfrage auch mal dieselbe Position vertritt. Ganz normal, aber hier ausgebeutet gegen die Wagenknecht. Ich bin übrigens voll ihrer Meinung. Ganz unabhängig davon, dass man deutschen Missbrauch ebenso unnachgibig bestrafen muss. Doch das Ganze für eine Relativierung der Köln-Straftaten zu benutzen, ist heuchlerisch und total abzulehnen. Gleiches Strafrecht für alle!!!