Der neuerlich brandende Fußballwahn macht deutlich, wie vereinnahmt die Menschen sind. Natürlich ist es opportun, sich an einem guten Fußballspiel zu erfreuen, zumal dann, wenn es nicht vorrangig um Millionen, sondern um attraktive Spielzüge geht. Davon aber ist die Fußballwelt oft entfernt. Nicht nur, dass sie in Gestalt der Fifa ein durch und durch korruptes System am Leben erhält. Sie ist und bleibt in erster Linie das große Business. Fußballvereine werden wie Unternehmen geführt. Da geht es nicht mehr um die Forderung des heimischen Nachwuchses, sondern nur noch um Tore – um Tore um jeden Preis. Die aber erzielt man mit TOP-Spielern, die man weltweit einkauft – so man denn die Moneten dafür hat. Die sind bei deutschen Vereinen in der Regel vorhanden – wenn auch mit unterschiedlicher Verteilung. Vereine in armen Ländern sind hingegen ebenfalls arm – und damit jeder Chance beraubt, irgendwo oben „mitzumachen“. Und so zeigt sich Fußball als elitäres Gehabe der reichen Nationen, deren Vereine sich gegenseitig die Spieler abkaufen. Auch in Deutschland treibt das groteske Blüten. Wenn der erste in der Bundesliga, dem zweiten ständig Spieler abwirbt – was zwischen Bayern und Dortmund immer wieder der Fall ist – dann wird der Erste immer erster bleiben, während der zweite vielleicht noch Dritter, möglicherweise aber auch nur Vorletzter wird. Wer mag das in Ruhe mit ansehen?
Jetzt wird dem Irrsinn noch eine weitere Krone aufgesetzt. Rund 4,6 Milliarden Euro wird die Deutsche Fußball-Liga (DFL) für die Medienrechte ab der Saison 2017/18 einstreichen http://www.tagesschau.de/wirtschaft/dfl-medienrechte-101.html. Das heißt für die Vereine ein Plus von 85 Prozent – und noch mehr Kohle für Spielerkäufe. Wer das als Quelle für mehr Qualität im deutschen Fußball betrachtet, hat völlig Recht. So er denn den aus dem Ruder laufenden Zirkus einfach ausblendet.
Ich warne einfach mal: Wenn die Fans eines Tages bei keinem Spieler ihres Vereins einen Einheimischen entdecken, werden sie vielleicht aufwachen. Und sich die Frage stellen, ob sie selbst noch Einheimische sind.
Dass die Rheinische Post schon weit vor Beginn der Europameisterschaft fast 50% ihrer Seiten mit Fußball zudröhnt, zeigt, wie prächtig es mit dem Kleingeist in unserem Lande bestellt ist. Fußball wird zum Nebengott der Autoindustrie – und der Leser zum Arena-Narren degradiert, während andere Sportarten ein z. T. kümmerliches Dasein fristen.
Ich wünschte mir, dass die Menschen erkennen, welchem Betrug sie ausgesetzt sind – dass sie sich von Spielen betören lassen, deren Ausgang feststeht, selbst wenn das im Einzelfall nicht zutrifft.
Ich werde mir einige Spiele der EM auch ansehen, weil die Spielzüge der RasenMillionäre durchaus beeindrucken können* – dabei aber im Hinterkopf haben, was ich schon zur Fußball-WM in Brasilien formuliert hatte: Was die Marktwirtschaft an dieser Stelle hergibt, ist teuflisch. Hätten wir einen Bruchteil des Geldes für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung – würde also der Staat die Machenschaften des Fußballs sehr viel stärker besteuern als das heute geschieht, dann wären wir ein großes Stück weiter.
Natürlich muss auch „der Freitag“ auf der Fußballwelle mitschwimmen. Ein fauler Kompromiss, und die Überschrift zum Beitrag will so gar nicht zu dem üppigen Kommentar passen https://www.freitag.de/autoren/dominik-bardow/unnuetzes-fussballwissen.
Nachtragvom 15. Juni 2016: Jetzt ist der Streit darüber entbrannt, ob es Sinn mache, zur EM die deutsche Flagge zu zeigen. Ich meine, mit den teutschne Farben irgendwo am Körper ist es mehr als genug. Das aber lehnt eine Mehrheit der Deutschen offenbar ab – so jedenfalls die Rheinische Post. Die meisten wollen also zeigen. Nun wir haben die Fahnen in den Stadien. Daran werden Unwillenbekundungen nichts ändern. Wenn es allerdings solche mit Bundesgeier oder vielleicht sogar die Reichskriegsflagge sind, sollten sich die Fans schnellstens distanzieren. Dieser sch… Nationalismus kann und muss uns gestohlen bleiben.
*das wurde mir im Chat natürlich verübelt