Archiv der Kategorie: Gesellschaft
Sie zerstören unsere Sprache
Es ist inzwischen nicht mehr auszuhalten. Und man hat den Eindruck, als würde systematisch am Niedergang der deutschen Sprache gearbeitet. Nicht nur, dass ins große Lexikon jugendsprachegemäße, handyaffine oder knackspracheähnliche Wortneuschöpfungen aufgenommen werden (das könnte man noch verstehen, denn Sprache hat sich immer gewandelt), auch der GenderUnsinn vieler „Überkorrekter“ schafft Begriffe, die einfach lachhaft sind. Neuerdings führt der massiv aufkommende Militarismus und die Verachtung gegenüber allem, was nach Friedenssypolitik aussieht, zur Auffrischung von bellezistisch-scheinpatriotischen Gehabe sowie zu einer geradezu haarsträubenden Abfälligkeitskultur https://www.freitag.de/autoren/sebastian-friedrich/ist-jetzt-jeder-der-sich-nicht-einreiht-ein-friedensschwurbler. Nimmt man hinzu, dass in Deutschland zunehmend weniger gelesen wird und dieser Minderkonsum dazu beiträgt, dass sich Menschen nicht mehr richtig ausdrücken können, ist die Plattheit auch an dieser Stelle programmiert. Wer dann glaubt, dass die Chat-Bots das in Ordnung bringen können, irrt. Selbst wenn künftig Bewerbungsschreiben und Viten KI-gestützt auf die Tische von Personalchefs rollen, sollte man nicht glauben, dass Bewerber eine größere Chance hätten. Letztere werden sicher genötigt mitzuteilen, dass sie fürs Papier z.B. ChatGPT benutzt haben. Spätestens im Gespräch, spätestens in der englisch zu führenden Präsentation dürfte es dann knallen – sofern keine wirkliche Befähigung vorliegt.
Jeder politisch Interessierte sollte Sahra Wagenknechts Buch „Die Selbstgerechten“ lesen
… denn der Text geht alle an, die glaubhaft an der Gestaltung einer neuen, nachhaltigen Welt mitwirken möchten. Selbst wenn man Wagenknechts Thesen hier und da nicht folgen möchte, ist es wichtig, ihre Gedanken zu kennen. Die Tatsache, dass sich viele, auch eher konservative Menschen mit der Kritik und den Vorschlägen der Autorin anfreunden können, bedeutet nicht, dass Wagenknecht ihre linken Positionen verlässt oder gar nach rechts schwenkt . Im Gegenteil: Dass sie soviel Zuspruch erhält, hat ausschließlich damit zu tun, dass ihre Wegweisung logisch erscheint und abseits jeder Ideologie dem Anliegen/den Bedürfnissen eines Massenpublikums entgegenkommt.
Das neue Vorwort zum Buch s. unten
Hier eine Themenauswahl in Auszügen (Sorry, das ist ein bisschen schief und krumm, lässt sich aber problemlos an- und auf Größe klicken):
1) die LifestyleLinken – Moralisten ohne Mitgefühl
2) Zuwanderung – ja und nein und wenn JA: um welchen Preis
3) Die wirklichen Werte schützen – dazu gehören Bodenständigkeit, Familie und Heimat
4) Statt derKapitalgesellschaften mit unternehmensfremden Eigentümern das … Leistungseigentum
5) Derzeit kann nur der Nationalstaat für mehr Gerechtigkeit und soziale Sicherheit sorgen – die undemokratisch organisierte EU ist dazu nicht in der Lage. Letztere kann bei den europäischen Bürgern ohnehin nur punkten, wenn sie grundlegend reformiert ist.
6) Statt Identitätspolitik und Genderei in den bloßen Sprüchewahnsinn zu treiben, gilt es, wirklich Bedürftigen aktiv zu helfen.
7) Die deutsche Klimapolitik: ein bloßer Etikettenschwindel
Zeitenwende – Der Linksliberalismus und der Abschied von der liberalen Gesellschaft
Auszug aus dem neuen Vorwort zur Taschenbuchausgabe von „Die Selbstgerechten“, erschienen in „Die Welt“, 12.Oktober 2022
Wenn es eine „Zeitenwende“ gibt, dann bei der Meinung der Deutschen zum Krieg: Wehrdienstverweigerer kennen plötzlich alle Panzer mit Namen, und grün-linke Milieus werben für „Opfer“ und Waffenexporte. Nur eines bleibt wie immer: Abweichende Meinungen werden radikal ausgegrenzt.
Kriege werden nicht nur mit Panzern und Raketen geführt, sie brauchen auch emotional eingängige Erzählungen, um die Öffentlichkeit bei der Stange zu halten. Unvergessen der tränenreiche Auftritt der Tochter des kuweitischen Botschafters vor dem amerikanischen Kongress, die zur Einstimmung auf den ersten Irak-Krieg als angebliche Krankenschwester schilderte, wie irakische Soldaten kuweitische Frühchen brutal aus ihren Brutkästen gerissen hätten.
Die PR-Agentur Hill & Knowlton hatte das Setting damals professionell arrangiert und vermutlich vorher mit dem Mädchen geprobt. Etwas weniger anrührend war die Rede von US-Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat, in der er den versammelten Nationen der Welt die Lüge auftischte, der Irak verfüge über Massenvernichtungswaffen. „Wir haben gelogen, wir haben betrogen und wir haben gestohlen. Wir hatten ganze Ausbildungskurse darin“, fasste Ex-CIA-Chef Mike Pompeo diese Praxis einmal gut gelaunt zusammen.
Heute erzählt Putin dem russischen Volk, bei seiner Spezialoperation gehe es vor allem um den Kampf gegen ukrainische Nazis und den dortigen Faschismus. Große angelsächsische PR-Agenturen wiederum machen uns das Gleiche im Hinblick auf Russland weis. Wenn man Putin nicht stoppt, so die Botschaft, überfällt er morgen Polen und übermorgen marschiert er durchs Brandenburger Tor.
Durch diese Deutung wurde aus einem regionalen Konflikt unser Krieg, den wir jetzt, koste es, was es wolle, führen müssen. Und es kostet viel, vor allem für Europa und ganz besonders für Deutschland. Aber die Frage „Wem nützt es?“ stellen ja heute nur noch Verschwörungstheoretiker.
Wenn es irgendwo eine Art Zeitenwende gab, dann hat sie in der öffentlichen Debatte in Deutschland stattgefunden. Einstige Wehrdienstverweigerer kennen plötzlich die exakten Namen aller in Deutschland produzierten Panzertypen und ihre Wortwahl vermittelt den Eindruck, sie würden am liebsten gleich selbst im Leopard mit geladenem Rohr gen Russland rollen.
Sogar ihre wohlbehüteten Kinder rufen nicht mehr nur nach Fleischverboten, E-Autos und offenen Grenzen, sondern auch nach der Verschickung von schwerem militärischem Gerät, obwohl dessen Einsatz im Ukraine-Krieg kaum CO₂-neutral zu gestalten ist. Die deutsche Bevölkerung wiederum wird aufgefordert, gefälligst auch mal Opfer zu bringen. Wer schon nicht für die Freiheit kämpft, soll wenigstens für sie frieren.
Sogar das Nationale erfährt eine unverhoffte Rehabilitation. Urbane Weltbürger, denen jedes Deutschlandfähnchen während der Fußballweltmeisterschaft noch körperliche Schmerzen verursacht hatte, schmücken ihre Twitter-Accounts mit blau-gelben Farben, und in hippen Trendvierteln wehen ukrainische Flaggen an Fenstern und Balkonen. War der Nationalstaat gestern noch ein überholtes Relikt alter Zeiten, ist heute jeder Quadratkilometer ukrainischen Territoriums tausende Menschenleben wert.
Öffentliche Widerworte sind selten zu hören
Natürlich ist das linksliberale Milieu nicht das einzige, in dem seit dem russischen Überfall auf die Ukraine eine alarmierende Kriegsbesoffenheit ausgebrochen ist. Neu ist, dass sich die Beiträge grünaffiner Lifestyle-Linker in Kriegsfragen durch besondere Aggressivität hervortun und öffentliche Widerworte aus diesem politischen Spektrum noch seltener zu hören sind als aus konservativen Kreisen oder von den wenigen verbliebenen traditionellen Sozialdemokraten.
Dafür gibt es Gründe. Der wichtigste dürfte sein, dass die Erzählung von der Zeitenwende, von der neuen Welt, in der wir plötzlich aufgewacht sind und in der der freie Westen, wir, die Guten, gegen das wiederauferstandene Reich des Bösen kämpfen und für diesen gerechten Kampf auch Opfer bringen müssen, in ihrer märchenhaften Moralisierung von Politik geradezu perfekt zu einer Denkströmung passt, die sich schon immer vor allem über Moral und Haltung definiert hat und in der die Frage nach Nutzen und Schaden seit jeher als zweitrangig galt.
Wer gewohnt war, vor allem nach einer moralisch einwandfreien Einstellung zu fragen, wer sich über den Kampf um politisch korrekte Sprechblasen politisiert hat und wen vor allem das Bestreben antreibt, sich dadurch gut zu fühlen, dass man zu den Guten gehört, bei dem findet der neue Sound einen nahezu idealen Resonanzraum.
Aber der vermeintlich grüne Linksliberalismus treibt heute nicht nur Aufrüstung und Militarisierung voran und ist mitverantwortlich dafür, dass die Gefahr einer atomaren Eskalation in Europa wächst. Er streitet auch mit großer Verve und beängstigendem Erfolg dafür, dass abweichende Meinungen in der öffentlichen Diskussion möglichst nicht mehr vorkommen.
Zwar ist in linksliberalen Debatten ständig von Minderheiten die Rede, deren Befindlichkeiten und Gefühle vor allen Zumutungen des Lebens geschützt werden sollen. Aber wehe eine Minderheit wagt es, nicht nur Gefühle, sondern auch eine Meinung zu haben, die sich von der des linksliberalen Mainstreams unterscheidet. Dann ist es vorbei mit der viel beschworenen Toleranz.
Wir waren gewohnt zu glauben, dass der Angriff auf die Meinungsfreiheit, die Demokratie und die Grundfesten unserer liberalen Gesellschaft nur von ganz rechts kommen kann. Auch diese Gefahr ist nicht gebannt. Aber sie ist nicht die einzige. Der moralisierende Linksliberalismus ist längst in einen neuen Autoritarismus gekippt, der totalitäre Züge trägt und die liberale Demokratie durch eine extreme Verengung des geduldeten Meinungsspektrums, durch missionarischen Erziehungseifer, Konformitätsdruck, Stigmatisierung und Ausgrenzung untergräbt.
Der Text ist ein Auszug aus dem neuen Vorwort zur Taschenbuchausgabe der „Selbstgerechten“ (Campus) von Sahra Wagenknecht.
Wer bei Amazon unter der Rubrik „Bücher“ blättert“, findet ganz unten auf der betreffenden Seite die PresseStimmen https://www.amazon.de/Die-Selbstgerechten-Gegenprogramm-Gemeinsinn-Zusammenhalt/dp/3593513900/ref=tmm_hrd_swatch_0?_encoding=UTF8&qid=1668958438&sr=8-1
Immer die Rassismuskeule. Wo soll das hinführen? Zur Spaßlos-Gesellschaft?
Das ist die Geschichte von „Aische und Murat“ (frei nach Hänsel & Gretel)
Murat und Aische gehen dursch Wald, auf der Suche nach korrekte Feuerholz. Aische fragt Murat: „Hast Du Kettensäge, Murat?“
Murat: „Normal! Hab isch in meine Tasche, oder was!?“
Auf der Suche nach korrekte Baum, verirrten sie sisch krass in den Wald. Murat: „Ey scheisse, oder was!? Hast du konkrete Plan, wo wir sind, oder was!?“
Aische: „Ne scheisse, aber isch riesche Dönerbude!“
Murat: „Ja fäääätt!“
Aische: „Normal, da vorn an den Ecke!“
So fanden schließlich dursch Aisches korrekte siebte Döner-Such-Sinn den Dönerbude. Sie probierten von jede Döner. Plötzlich kam voll den krasse Frau und fragt: „Was geht, warum beisst ihr in meine Haus?“
Als Strafe sperrte den Hexe Murat in krass stabilen Käfig. Zu Aische sagte sie: „Du Frau, du kochen für misch! Und verkaufen die Döner an den Theke.“
Murat wurde gemästet bis korrekt fett für Essen.
Doch eine Tag hatte Aische einen fixe Idee. Sie fragte: „Wie geht den mit den Dönerbrotofen?“
Hexe: „Was geht, bist du scheisse im Kopf, oder was?“ Aische: „Normal, isch hab kein Plan, zeigen mal, wie geht!“
Hexe: „Machen das! Komm her und mach den Augen auf!“ Aische: „Gut!“
Den Hexe bückte sisch, um den Dönerofen anzuschmeissen. In den Augenblick kickte Aische mit korrekten Kick-Box-Kick in die fette Arsch. Den Hexe sagte: „Aaaahhh, scheisse, was geht, isch fall direkt in die scheisendreck Ofen! Oder was!? Aaaahhh isch hab krasse Schmerzen!“
Aische freute sisch und sagte: „Korrekt, den Alte is Tod!“ Murat: „Ey Aische, krasse Idee!“ Aische: „Normal! Oder was!?“ Murat: „Lass misch aus die scheiss Käfig. Alder!“ Aische: „Gut, warte!“
Tag-24-Redakteur und Textverfasser Oliver Wunder zur allgemeinen Empörung über den Hänsel-und-Gretel-Dialog: Vermutlich würden wir heute beim Schreiben darüber nachdenken, ob Wörter und Sätze als diskriminierend empfunden werden können. Die Gesellschaft hat sich seitdem weiterentwickelt.
Dennoch ist mein Text nicht rassistisch, sondern Ausdruck überspitzter Jugendsprache, die ich damals selber teilweise benutzt habe. Daher landeten wir mit unserem Ergebnis viele Lacher in der Deutschstunde.
Die Geschichte der Menschheit – oft geklittert
Für mich war eigentlich immer klar, dass die Geschichte der Menschheit immer von denen geschrieben wurde, die als „Sieger“ aus den jeweiligen Epochen hervorgingen (ich spreche ganz ausdrücklich nicht von den moralischen Siegern, denn die wurden zumeist „untergepflügt“).
So kann man auch getrost annehmen, dass vorhandene Monumente, Bilder, Schriftzeichen und Artefakte von nachfolgenden Generationen – aus welchen Gründen auch immer – zerstört oder verfälscht wurden. Die heutige Bibel, ja: die kirchlichen Schriften in ihrer Gesamtheit beschreiben ganz sicher nicht, was deren „Urverfasser“ einst ausschwitzten bzw. als freundlich und heilbringend gemeint aufs Papier brachten. Vermutlich hat nicht jeder, vielleicht doch aber jeder dritte oder vierte Papst seine Schreiber angewiesen, Unliebsames aus der heiligen Schrift zu tilgen, um es durch Liebsames zu ersetzen. Man muss nur den sexuellen Orgien des 10. Jahrhunderts nachgehen, die solcherlei Korrekturen geradezu einforderten https://www.welt.de/geschichte/article151118141/Als-hemmungslose-Pornokratie-die-Kirche-ruinierte.html.
Scherz beiseite. Wir verfügen heute über eine Viezahl neuerer Schriften und Dokumentationen, deren Autoren sich erkühnen, das Schicksal der Menschheit zu deuten. Das meiste davon ist in sogenannten freiheitlichen Gesellschaften erschienen und so etwas weniger verdächtig als irgendwelche Schriften aus dem Absolutismus. Recht beeindruckend fand ich Yuval Noah Hararis „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-coolness-des-universalhistorikers-100.html und helder yurens „Die Evolution kassiert die Kriegskultur“ https://www.amazon.de/Die-Evolution-kassiert-Kriegskultur-Weltgeschichte-ebook/dp/B00B9M6BWE. Jetzt wartet ein neuer Brocken auf geduldige Leser: „Anfänge: Eine neue Geschichte der Menschheit“ von David Graeber und David Wengrow https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/zivil-und-pervers. Beide Autoren versuchen einen völlig anderen Blick auf die Geschehnisse, nämlich den aus den Augen von Unterdrückten, Indigenen und Getöteten (Doppelzählungen sind wahrscheinlich!). Europa und die entwickelte Restwelt scheinen dabei schlecht wegzukommen. Was sich ja seit längerem schon andeutet. Denn was ist von dem einst bewunderten Kolumbus übrig geglieben. Ein brutaler seucheneinschleppender Eroberer, der konfiszierte und platt machte. Ein Beispiel, aber es hinkt nicht.
Und noch ein Aspekt ist erwähnenswert: Heutige VergangenheitsErkunder besitzen zwar die besten Techniken, um Altes, Vergangenes aufzurollen. Was sie nicht loswerden, ist die Brille der von Wohlstand und Verwöhnung bestimmten Jetztzeit. Festzustellen, wie „damals“ die Stimmung war, was Menschen warum wie bewegte, ist extrem schwierig.
Mal sehen, wie die Davids mit dem Thema umgehen …
Das Gebot der Stunde: Auch Ungeimpfte menschlich behandeln!
Ich bin – das stelle ich mal ausdrücklich voran – ein strikter Impfbefürworter. Aber auch ein Mensch, der Menschlichkeit einfordert – andererseits aber instrumentalisierten Mitleidsbotschaften nicht auf den Leim geht. Man kann und muss wirkliche Not erkennen und ihr nachgehen!
Es gibt eine mir unbekannte Zahl von Ungeimpften, die aus der Unkenntnis von Sachlagen heraus in Geiselhaft geraten sind. Vor allem deshalb, weil sie als Vorerkrankte davor gewarnt worden sind, sich impfen zu lassen – von welchem Arzt auch immer. Leider liegen erst seit kurzer Zeit Erkenntnisse darüber vor, dass nahezu niemand zwingend vor einer Impfung geschützt werden muss. Das – so Dr. Marc Hanefeld im NDR Corona-Update vor zwei Tagen – könne allenfalls auf Allergiker zutreffen https://www.ndr.de/nachrichten/info/Sonderfolge-Geruechte-und-Fake-News-zur-Impfung-einordnen,audio1030648.html. Schon seit Anfang der Pandemie wird von vulnerablen Gruppen gesprochen, also von sehr alten oder vorerkrankten Menschen, die die Impfung ganz im Gegenteil besonders nötig haben. Weil Corona sie wegen ihres angegriffenen Gesundheitszustandes besonders hart treffen könnte. Was Gesunde noch einigermaßen gut wegstecken könnten, bedeute bei Vorerkrankungen oftmals den sofortigen Tod.
Schlimm, dass falsche Schlussfolgerungen und Fake-News so weit verbreitet wurden und viele Menschen YouTube, Instagramm und Telegram mehr vertrauen als seriösen Dokumentationen wie dem NDR Corona-Update, dass bislang 105 mal alles zur Pandemie umfassend und wissenschaftlich begründet erläuterte. Heute sind diese Menschen quasi gefangen, auch deshalb, weil es ihnen schwerfällt, ihre „Verirrung“ zuzugeben, sprich: sich selbst zu korrigieren und neu zu handeln. Ein zutiefst menschliches Problem!
Leider befasst sich die Politik mit betroffenen Randgruppen zu wenig, was Letztere oft in massive Probleme bringt. Wer schon in die beschriebene Falle geraten ist, muss die Chance bekommen, aus ihr herauszukommen – ohne sein Gesicht zu verlieren. Wenn mir eine Freundin schreibt, dass sie MS-bedingt mit einer akute Blasenschwäche zu tun und dann in der Öffentlichkeit das Problem hat, als Ungeimpfte keine für sie offene Toilette zu finden (da 2G!) – ist das ein nicht hinnehmbarer Skandal! Immerhin hatte sie wegen der MS mehr Angst vor einer Impfung als vor Corona, der sie mit einer selbst verordneten Isolation zu entkommen hoffte. Als Frau, die nicht Fahrrad fährt und kein Auto besitzt, hatte sie zudem das Problem, eine Teststation zu erreichen. Zu Fuß war es wegen besagter Blasenschwäche nicht zu erreichen – es sei denn sie nähme eine beschämende Wildpinkelei irgendwo in der Landschaft in Kauf (wozu sie schließlich gezwungen war). Ohne Test ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, um die Teststation zu erreichen, wagte sie nicht. Das hätte ihr teuer zu stehen kommen können.
Mein Fazit: Die Politik muss sich intensiver mit Ungeimpften – die eine Diskussion zulassen – beschäftigen und diesen einen Ausweg in die Normalität ermöglichen. Menschen wie meiner Freundin muss ein Sonderausweis ausgestellt werden, der ihr die Toilettenbenutzung auch ohne 2G gestattet. Darüber hinaus müssen Leute wie sie durch mobile TestTeams aufgesucht werden – auf telefonische oder MailAnfrage hin. Es ist nicht hinzunehmen, dass auf Impfverweigerer wie meine Freundin dadurch Impfdruck ausgeübt wird, dass man ihr die fundamentalen menschlichen Zuwendungen vorenthält. Nicht Zwang zur Peinlichkeit ist hier das richtige Mittel der Wahl sondern Hilfestellung, kombiniert mit Aufklärung. So wird aus einem Impfgegner friedlich manch Impfbefürworter. PUNKT!
https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/ungeimpfte-impfstoffe-aengste-bremen-100.html
Bild: St. Galler Tagblatt
Katastrophales Management
Deutschland – das wird immer deutlicher – ist mit seinem übervorsichtigen, schwerfälligen und bürokratischen Verfahren im 21. Jahrhundert nicht angekommen. Wir erleben föderalismusbedingte endlose Diskussionen zu Problemen, deren Lösung sofort angegangen werden müsste, dann aber ausgebremst wird oder (weil inzwischen „alles vorbei“ ist) gänzlich ausfällt.
Ganz gleich, ob es um Reaktionen auf Corona, um das Verbot von Querdenker-Demos, um die Katastrophenhilfe für andere Länder (Brände, Seuchen, humanitäre Katastrophen anderer Art etc.), um Asylverfahren, ob es um kriminelle oder NSU-Machenschaften hier zu Lande geht – alles läuft angstvoll in Zeitlupe. Gerade schreibt die RP, dass es in Kürze mehr JustizPersonal gebe, dass die Bearbeitungsprozesse aber trotzdem 40% mehr Zeit in Anspruch nehmen würden als 2010 https://rp-online.de/nrw/landespolitik/justiz-in-nrw-trotz-mehr-richtern-gibt-es-einen-personalmangel_aid-57619373. Was ist das denn?
Seit Mitte März stehen 4000 Luftfilteranlagen, die in Düsseldorfer Schulen dringend benötigt werden, sinnlos herum. Weil im VergabeVerfahren Fehler gemacht wurden, weil die Lieferfirma auf unzulässige weise bevorzugt wurde.
Sch … drauf! Nur ein Idiot begreift nicht, dass diese Anlagen sofort hätten eingebaut werden müssen. Und das völlig unabhängig vom Ausgang anstehender Untersuchungen und Prozesse. Im Nachhinein hätte immer noch mittels Kündigung/Entlassung von Mitarbeitern, Strafzahlungen, Haft etc. entschieden werden können. Die Gesundheit von Schulkindern hatte und hat (!) angesichts der katastrophalen Lage in unseren Bildungseinrichtungen alleroberste Priorität https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/umstrittene-luftfiltervergabe-stadt-duesseldorf-mitarbeiter-schuld-100.html
Geradezu verlogen läuft derzeit die IntensivImpfung in prekären Lebensbereichen. Plötzlich – nach mehr als einem Jahr – fällt es den Regierenden auf, dass es in deutschen Problembezirken besonders viele Infektionen gibt. Die es jetzt – da die Inzidenzen hoch bleiben – rigoros zu bekämpfen gilt. Gemeint sind enge, heftig bewohnte Unterkünfte, in denen schlechter verdienende Deutsche, aber auch Migranten wohnen. Erst jetzt wird bekannt, dass man es vielerorts versäumt, gar nicht erst versucht oder bewusst unterlassen hatte, mehrsprachig und intensiv zu Corona aufzuklären. Und das, obwohl seit vielen Monaten bekannt ist, dass es die Unterprivilegierten in unserer Gesellschaft zuerst erwischt. Die Vorgänge bei Tönnies und in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften stehen dafür beispielhaft.
Auf diese Weise ignoriert, konnte sich das Virus – welcher Bauart auch immer – ungehindert ausbreiten. Bis offensichtlich an Krankenbetten und auf Intensivstationen klar wurde, wer da vor allem vor sich hinvegetierte.
Auch wir hier in Ratingen stehen blind im Feld. Außer ein paar Zahlen (die in der Regel wenig aussagen) dreht sich hier nichts. Weder taucht der Bürgermeister in der Öffentlichkeit auf, noch gibt es Verlautbarungen oder ausführliche Infos über die Presse. Wählt man das Gesundheitsamt des Kreises an, findet man auch nicht mehr. Allenfalls Beschwichtigungsversuche, Versuche zur Schadensbegrenzung. Dass der Kreis Mettmann in Sachen Info und Inzidenz besonders schlecht dasteht, ist seit mehr als drei Wochen kein Geheimnis mehr. Nur ist niemand befugt oder in der Lage, die Lage sachdienlich zu beschreiben. Ausgefallene Mitarbeiter im Gesundheitsamt würden für die Versäumnisse stehen, erfährt man. Ich kann mir nicht vorstellen, dass BüroMitarbeiter so behäbig und vor allem so geballt daherkommen oder ausfallen können. Dass Urlaub von dringend benötigtem Personal nicht warten kann, bis die heftigste Periode von Corona bewältigt ist. Ich nehme mal die Leute aus, die mit der Seuche unmittelbar zu tun haben und dringend der Ruhe bedürfen. Aber die sitzen, laufen und brechen doch eher vor Ort, sprich: in den Krankenhäusern zusammen. Oder?
Nein, ich kann das alles nicht glauben. Die Entscheidungsträger wissen um die CoronaSchwerpunkte und haben dann nicht den Schneid, sie auch zu benennen. Weil das, JA: Weil das wieder Schatten auf schon Benachteiligte in unserer Gesellschaft werfen könnte. Stattdessen spricht man von diffusem Auftreten der Seuche und glaubt so, diffus davonzukommen. Dass sich Bürger, die sich in der Nähe von unbekannten Hotspot bewegen, schnell anstecken könnten, interessiert niemand.
Verdammt noch mal: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Aufklären, informieren und sofort handeln! Dann würde es sehr schnell nur sehr wenige Infizierte unter den Armen geben und die ständen dann nicht unter Generalverdacht. Es ist eine Schande, dass unsere Großkopfeten diese Sachverhalte immer verkehrt herum kommunizieren und (nicht) bewegen. Ich hasse das!
Schluss mit der Übertreibung – aber plötzlich!
Die Antirassismus-, Antisemitismus, Gender- und FeminismusExtremisten, die KulturgutHasser (soweit es um deutsches Kultur-Gut oder -Schlecht geht), die LinientreuSadisten, die VielfaltFehldeutFeteschisten, die AllesKritikaster, die SelbstNichtsbeweger, die Medienverkleisterer – sie alle gehen mir mittlerweile so auf den Sack, das der …. Na, ich weiß nicht.
Thierse als Sarrazin mit Bart, die Sahra Wagenknecht als von den Linken Entfremdete (die aber Gottseidank wieder in Düsseldorf kandidiert!) – es toben die dumpfen Stigmata, ausgebrütet von den abgewichsten Besserwissern, die jetzt Aufstände proben.
Ja, Freunde, es bleibt nicht beim Gendersternchen – ihr kriegt Knüppel, dass ihr Sterne seht! Heino liegt mit dem Düsseldorfer TonhallenIdioten im Clinch, weil auf seinem Veranstaltungsplakat der Untertitel „Ein deutscher Liederabend“ prangt. Als ob Heino an sich ein HeimatIdiot oder Nazi wäre, als ob er dazu aufriefe, beim Hitlergruß die braune Haselnuss zu kacken. Heino ist längst ein anderer … schon gemerkt? Man kann zwar formal einwenden, dass der Titel gramatikalisch nicht korrekt ist: Ein Liederabend kann, schön, lang, interessant, aber nicht deutsch sein. Heino, der zu besagter Veranstaltung mit klassischer Musik von berühmten deutschen Komponisten kommen möchte und gleichzeitig zu den wenigen gehört, die eigene Lieder noch auf deutsch singen, deshalb in die Nähe des blanken Nationalismus, ja vielleicht sogar des Nationalsozialismus zu rücken, ist haarsträubend. Falsche Adjektive hingegen kommen im deutschen Sprachgebrauch tausendfach vor – und niemand regt sich darüber auf.
Und in Übersee: Man kotaut sich müde, solange der Gormansche Hügel sich weiter aufhäuft (The Hill We Climb) . Alles nur, weil eine schwarze, nett aussehende literaturbedarfte Hutträgerin große (und zweifellos auch richtige Worte) von sich gab. Nun JA: … von sich gab – im Rahmen einer verdammten Prozedur, die nur erträglich schien, weil sie Trump ausklickte, an sich aber den ganz ähnlichen FolgeKapitalismus umkränzte. Der – man kann es jetzt etwa abschätzen – zwar im Innern Reformen, Richtung Russland und China aber noch aggresivere Vorgehensweisen verspricht.
Huch, da haben sich bei Gorman schon vier Übersetzerinnen die Zähne ausgebissen, weil sie weiß waren (nicht die Zähne… die Leute!) und das Ursprüngliche nicht richtig interpretieren konnten https://www.stern.de/kultur/buecher/streit-um-amanda-gormans-gedicht–duerfen-weisse-keine-literatur-von-schwarzen-uebersetzen–30407696.html. Mag sein, mag sein! Übersetzen ist schwierig (nicht jeder hat die Gabe … es muss schon ein zweisprachig aufgewachsener Schriftsteller sein, der da tätig wird), und Empfinden ist es auch. Sicher – die instrumentalisierte Amanda Gorman wird die Befindlichkeiten der unterdrückten Brüder und Schwestern besser empfinden können als der Durchschnittsweiße. Schließlich aber gibt es nicht nur die prolligen alten Männer, sondern auch empfindsame, mit schwarzen Brüdern und Schwestern befreundete „BioWeiße“, die gut fühlen und vielleicht sogar besser übersetzen können als ein schwarzer Bruder oder eine schwarze Schwester (das alles gilt auch umgekehrt!).
Der Hype um das angeblich Unanständige, um das, was ganz und gar nicht mehr zum Unanständigen sondern zum aufgesetzten Hype gehört, wird seit Monaten riesig aufgeblasen – zu einem Monster, das uns schrecken könnte. Alles wird zum Klirren gebracht und erzeugt bei denen, die normal und arglos – will sagen: engagiert mitmenschlich und aufgeweckt – durch die Welt marschieren, ganz allmählich Abscheu oder plötzlich … Wut. Denn wie bei den CoronaLeugnern terrorisiert mittlerweile eine Minderheit ganze Volksmassen. Aus dem verständlichen und dringend notwendigen Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus (so er denn richtig definiert ist), gegen Faschismus, Frauenfeindlichkeit, gegen sexuelle Übergriffe, Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Transsexuellen etc. und und und … ist ein bedrohlicher VeitsTanz geworden – den zu beenden jetzt dringend notwendig wird. Wir sind freie Bürger und hassen den Zeigefinger – den, der uns knechten soll, aber …
nicht wird!
Wolfgang Thierse, Gesine Schwan – sie leben hoch!
Es ist mehr als empörend, wie derzeit mit so verdienstvollen Leuten wie Wolfgang Thierse und Gesine Schwan umgegangen wird. Der übersteigerte Kampf um Identitäten hat diejenigen, die um Minderheitenschutz bemüht haben, längst diskreditiert. Sie haben der Gesellschaft einen Bärendienst erwiesen und linkes Gedankengut weiter abgehängt.
Um die Diskussion noch einmal ins Blickfeld zu ziehen, rekapituliere ich kurz: Da gab es zunächst die Thierse-Interview mit der FAZ. Ich kommentierte es kurz https://www.stoerfall-zukunft.de/bleibt-auf-dem-teppich-mit-eurem-identitaetsgetoese/
Dann folgten überaus hitzige Debatten:
Man glaubt es nicht. Aber im SPIEGEL Nr. 10/21, S. 24 sortiert sich das Ganze zu einem SPD-internen GenerationenKonflikt:
Duell der Generationen
Ältere Genossinnen und Genossen wie Wolfgang Thierse setzen auf traditionelle Kernthemen der SPD, jüngere um Parteichefin Saskia Esken engagieren sich in sozialen Medien für Minderheiten wie die Queer-Community. Nun kracht es ordentlich.
Wolfgang Thierse hat dieser
Tage eine Mail bekommen.
»Tja, selbst schuld. Wer schwulenfeindliche,
reaktionäre, hinterwäldlerische,
faschistoide Dreckscheiße
von sich gibt, muss mit so einer Reaktion
rechnen. Treten Sie zu den Religions –
faschisten von der Union über und werden
Sie dort glücklich. Ein verärgerter schwuler
Genosse.«
Der Sozialdemokrat und ehemalige
Bundestagspräsident Thierse sitzt in seiner
Berliner Wohnung, als er die Mail am
Telefon vorliest. In seiner langen politischen
Karriere stand er immer auf der Seite
der Progressiven. Er war im Widerstand
gegen das DDR-Regime. Später kämpfte
er wie kaum ein Zweiter gegen die Gefahren
des Rechtsextremismus. In seiner SPD
zählte er zum linken Flügel. Nun gilt er
plötzlich als reaktionär, als alter weißer
Mann von gestern, der angeblich den Anschluss
an die Gegenwart verpasst hat.
Die »faschistoide Dreckscheiße«, die
Thierse von sich gegeben hat, war ein Gastbeitrag
für die »FAZ«. Sprachlich geschliffen
hatte er darin sein Unbehagen an Auswüchsen
der sogenannten Identitätspolitik
geäußert. Thierse beschrieb seine Sorge
um eine Gesellschaft, die in Partikular –
interessen zerfalle. Er erlebe neue Bilderstürme,
heute heißt so was Cancel Cul ture.
Zitat: »Linke Identitätspolitik ist in der
Gefahr, die notwendigen Durchsetzungsund
Verständigungsprozesse zu verkürzen
und zu verengen«. Thierse beklagte auch
etwas, das viele Sozialdemokraten seit Jahren
umtreibt: »Themen kultureller Zugehörigkeit
scheinen jedenfalls unsere westlichen
Gesellschaften mittlerweile mehr
zu erregen und zu spalten als verteilungspolitische
Gerechtigkeitsthemen.«
Man muss nicht jede Sorge aus Thierses
Essay teilen. Aber die Entrüstung, die seine
Beobachtungen zum Debattenklima
des Landes zur Folge hatten, erstaunte
dann doch – insbesondere der Hass vonseiten
jüngerer Netzaktivisten. Vielleicht
ist es gut, dass Thierse, 77, viele der Beschimpfungen
gar nicht mitbekam, weil
sie über Twitter und Co. liefen. »Ich schau
nicht ins Netz«, sagt er. »Ich bin da nicht
angeschlossen und muss das in meinem
Alter auch nicht mehr sein.« Das mag auch
zu Entfremdung führen.
Was Thierse jedoch erreichte, war die
Reaktion seiner Parteivorsitzenden Saskia
Esken, die sich der Queer-Community und
anderen Minderheiten eng verbunden
fühlt und viele Stunden am Tag auf Twitter
verbringt. Um ihre Solidarität zum Ausdruck
zu bringen, wollte Esken einzelne
LGBTQI-Vertreterinnen und Vertreter zu
einem Gespräch einladen. Die Worte, die
sie dann in der gemeinsamen Einladung
von ihr und Parteivize Kevin Kühnert
wählte, hatten es in sich: Man sei »beschämt
« über die »Aussagen einzelner Vertreter*
innen der SPD«, die ein »rückwärtsgewandtes
Bild der SPD« zeichneten, hieß
es darin. Dass Kühnert Eskens Textentwurf
noch entschärft und anonymisiert
hatte, machte es kaum besser. Es war trotzdem
zu erkennen, wer mit »SPD-Vertreter*
innen« gemeint war.
Thierse reagierte umgehend. In einem
Brief an Esken bat er darum, ihm öffentlich
mitzuteilen, ob sein »Bleiben in der
gemeinsamen Partei weiterhin wünschenswert
oder eher schädlich« sei. Er habe
»Zweifel, wenn sich zwei Mitglieder der
Parteiführung von mir distanzieren«.
Damit eskalierte die Lage. Esken, die
sich bis dahin geweigert hatte, persön –
lichen Kontakt zu Thierse aufzunehmen,
ersuchte plötzlich um ein Telefonat. Generalsekretär
Lars Klingbeil und Ex-Parteichef
Martin Schulz wurden ins Krisenmanagement
eingebunden und redeten
auf Thierse ein, das Gesprächsangebot
doch bitte anzunehmen. Am Mittwochnachmittag
telefonierten Esken und Thierse
tatsächlich miteinander. Doch danach
hatte zumindest Thierse nicht den Eindruck,
dass die Angelegenheit geklärt sei.
In der kommenden Woche soll es ein weiteres
Gespräch geben, diesmal auch mit
Kühnert.
Handelt es sich hier um den Streit dreier
Sturköpfe, die sich schon seit Jahren in
chronischer Abneigung verbunden sind?
Oder offenbart sich vielmehr ein Kulturkampf
zwischen Vertretern der jüngeren
und der älteren Generation? Zwischen
einer vermeintlichen Ignoranz gegenüber
dem Schicksal von Minderheiten und einer
ausgeprägten Sensibilität für deren Lebenslage?
Für Letzteres spricht auch das Beispiel
von Gesine Schwan, der Vorsitzenden der
SPD-Grundwertekommission und früheren
Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin.
Auch sie war mit den Be –
griffen »beschämend« und »rückwärts –
gewandt« gemeint. Schwan, 77, hatte nicht
nur Thierse in einem Gastbeitrag für die
»Süddeutsche Zeitung« verteidigt. Zuvor
hatte sie mit einer von ihr moderierten
Onlinediskussion der Grundwertekom –
mission den Unmut vieler Schwuler, Lesben
und nicht binärer Menschen auf sich
gezogen.
Bleibt auf dem Teppich mit eurem Identitätsgetöse!
Dieser Beitrag von Wolfgang Thierse zur Identitätskrise in unserer Gesellschaft war überfällig. Er ist beispielgebend in seiner Klarheit https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/wolfgang-thierse-wie-viel-identitaet-vertraegt-die-gesellschaft-17209407.html. Thierse formuliert zunächst: Themen kultureller Zugehörigkeit scheinen unsere westlichen Gesellschaften mittlerweile mehr zu erregen und zu spalten als politische Diskurse über Gerechtigkeit.
Ich stimme dem Autor ausdrücklich zu. Tatsächlich wuchert überall, wo man hinschaut der Begriff der „Identität“– vor allem in rechten, aber auch in linken Lagern. Mir geht das zunehmend auf die Nerven.
Thierse hingegen steht das gut durch. Er stellt fest, dass Identitätspolitik stark polarisiert: „Ethnische, kulturelle, religiös-weltanschauliche Pluaralität, die auch in Deutschland zunimmt, ist kein Idyll, sondern ist voller Streit und Konfliktpotential“ und zur Identitätspolitik im Besonderen: „In ihrer Entschiedenheit ist sie in der Gefahr, nicht akzeptieren zu können, dass nicht nur Minderheiten, sondern auch Mehrheiten berechtigte kulturelle Ansprüche haben und diese nicht bloß als konservativ oder reaktionär oder gar als rassistisch denunziert werden sollten.“ Und fünf Sätze weiter: „Menschen, die andere, abweichende Ansichten haben und die eine andere als die verordnete Sprache benutzen, aus dem offenen Diskurs in den Medien oder aus der Universität auszuschließen, das kann ich weder für links noch für demokratische politische Kultur halten.“ Im weiteren Verlauf des Beitrags heißt es dann: „Die eigene Betroffenheit, das subjektive Erleben sollen und dürfen nicht das begründete Argument ersetzen. Biographische Prägungen, und seien sie noch so bitter, dürfen nicht als Vorwand dafür dienen, unsympathische, gegenteilige Ansichten zu diskreditieren und aus dem Diskurs auszuschließen. Opfer sind unbedingt zu hören, aber sie haben nicht per se recht und sollten auch nicht selbst Recht sprechen und den Diskurs entscheiden.“
Diese Sätze sollten sich diejenigen, die fortlaufend überschießende Gender-, Feminismus- und KorrektheitsDebatten lostreten, ja offenbar Mühe haben, die deutsche Sprache unaufgeregt zu benutzen, strikt vor Augen führen. Thierse bringt es auch hier auf den Punkt: „Wir erleben neue Bilderstürme. Die Tilgung von Namen, Denkmalstürze, Denunziation von Geistesgrößen gehören historisch meist zu revolutionären, blutigen Umstürzen. Heute handelt es sich eher um symbolische Befreiungsakte von lastender, lästiger, böser Geschichte. Die subjektive Betroffenheit zählt dabei mehr als der genaue Blick auf die Bedeutungsgeschichte eines Namens, eines Denkmals, einer Person, wie die Beispiele Mohrenstraße und Onkel Toms Hütte in Berlin zeigen. Weil mich der Name beleidigt und verletzt, muss er weg, das ist die fatale Handlungsmaxime. Die Reinigung und Liquidation von Geschichte war bisher Sache von Diktatoren, autoritären Regimen, religiös-weltanschaulichen Fanatikern. Das darf nicht Sache von Demokratien werden. In jedem Fall ist breite öffentliche Diskussion (und als Konsequenz: Kommentierung) sinnvoller als Zerstörung …