Verarschung pur oder … Abschaum in Bodenhaltung

Dazu muss man nicht viel sagen. Moritz von Uslar hat mit „Deutschboden“ ein gut formuliertes, spannendes Buch geschrieben, das von den Institutionen, bei denen er mal gearbeitet oder vorbeigeschaut hat, euphorisch gefeiert wurde https://www.amazon.de/Deutschboden-teilnehmende-Moritz-von-Uslar/dp/3596. Uslar hat überaus investigativ gearbeitet. Dass er sich in die Säuferszene einer ostdeutschen Kleinstadt eingeklinkt hat, verwundert den Betrachter. Denn dazu gehört schon etwas. Ob seine Recherchen tatsächlich problemlos geduldet wurden, ob er nicht doch massiven Anfeindungen ausgesetzt war, kann aus der Lektüre des Buches allein nicht geschlussfolgert werden. Fest steht, dass der Autor einen abgrundtiefen Verriss abgeliefert hat, dem trotz angedeuteter Freundschaftsbeweise eine abgrundtiefe Verachtung der von ihm Beobachteten anhaftet. Für den Autor gibt es neben der abgefahrenen unwirklichen Szenerie nichts, was beschreibenswert wäre. Oberhavel – die Stätte des Geschehens – hat 14.000 Einwohner, von denen 13.980 nicht vorkommen. Dafür wird mit den verbleibenden zwanzig kräftig abgerechnet. Uslar haut so tief unter die Gürtellinie, dass es nicht mehr schmerzt, wenn man weiterliest. Die Leute, die er immer mal anschleimt, anmacht, mit denen er säuft – diese Leute sind dumm, arbeitslos, prekär beschäftig, faul, phlegmatisch und irgendwie in den Siebzigern verhaftet. Die DDR – meint Uslar – sei ein scheiß Unrechtsstaat gewesen. Freilich beurteilt er das aus einem Gesichtswinkel, der viel politische Unkenntnis, ja mehr noch: das Nachplappern medialer MainstreamFloskeln ahnen lässt. Tiefgründig ist da nichts.

Irgendwann, wenn man das Buch hinter sich hat, ist klar, dass das, was die Süddeutsche Zeitung behauptet („Eines der besten Bücher über Deutschland nach der Wiedervereinigung“) allenfalls Fremdschämen auslöst. Erkennbar falsch ist vor allem die Verkürzung des kleinstädtisch Nach-DDRischen auf rund zehn Typen, die allesamt aus der Welt gefallen scheinen. Uslar beschreibt minutiös und detailtreu, was es so wirklich gegeben haben könnte. Er bildet alle denkbaren Flüche, abschaumigen Protzereien, Kotzereien, Bruchbudigkeiten, sämtliches Exkrementiergehabe ab, lässt perfide Bräuche und Dummköpfigkeiten aufmarschieren – und das in einer StakatoManier, die aufhorchen lässt. Ja, Uslar hat was drauf, aber welche Wirkung löst er aus? Was schlussfolgert der Mann/die Frau am Rhein, wenn sie solche Lektüre zur Hand haben?. Doch wohl, dass diese scheiß DDR wirklich wegmusste und das jetzt auch noch die Versager und Nazis abgeräumt werden sollten.  Obwohl: Ganz korrekt ist das nicht. Denn richtige Nazis werden ausschließlich aus den 90er gezoomt, sprich: Sie kommen  ausschließlich  in der Vergangenheit vor. Das allerdings ist verständlich, denn „Deutschboden“ ist bereits 2012 erschienen – weit vor dem Merkelschen Missgriff und weit vor den letzten Wahlen in den Neuen Ländern.

https://www.freitag.de/autoren/jan-pfaff/jetzt-aber-mal-echt

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