Rosa Luxemburg – ethisch und moralisch ein Vorbild

Rosa Luxemburg wäre am 5. März 2021 einhunderfünfzig Jahre alt geworden. Ihr Bild ist seither nicht verblasst. Ich halte sie für eine der tapfersten Frauen des zurückliegenden Jahrhunderts. Sie hat für die Erniedrigten und Beleidigten geschrieben, vorgetragen und gekämpft und dabei einen „Pool aus Moralvorstellungen, Gesellschaftsentwürfen und Utopien“ generiert, aus dem jeder Demokrat auch heute noch schöpfen kann.

Für den, der ihre Geschichte nicht kennt, folgendes: Luxemburg vertrat immer die Ansicht, dass der Antrieb für gesellschaftliche Umwälzungen aus der ausgebeuteten Masse der arbeitenden Bevölkerung kommen muss und dass dieser Antrieb der Masse nicht durch eine diktatorisch regierende Partei a la Lenin oder Trotzki oktroyiert werden darf. Der gesellschaftliche Wandel müsse über den Generalstreik – dann vor allem auch länderübergreifend organisiert werden. Luxemburg hat das, was unter Lenin geschah, nicht gebilligt und war deshalb als Abweichlerin geächtet worden.

Konkret forderte sie, politische Räume zu schaffen und zu erhalten, in denen die Freiheit des Anders-Denkenden als höchstes Gut geschützt wird. Als Sprechender sollte auch der Feind unangetastet bleiben. Nur in dem Raum des Frei-Sprechens könnten sich Selbstermächtigung und Selbstbestimmung entfalten. Demokratie war für Luxemburg keine Durchgangsstufe, und die Diktatur des Proletariats sollte geprägt sein durch „eine freie, ungehemmte Presse, ungehindertes  Vereins- und Versammlungsleben …“

Luxemburg forderte von den Menschen, in Wahrheit zu leben und zu handeln. Luxemburgs Wahrsprechen erfolgte aus dem Marxismus heraus, den sie weder als reine Lehre, noch als Orden der Überzeugten, weder als formalisierte Ideologie, noch als bloßes politische Instrument sondern real in der Lebenspraxis verankert sah.

Gleichwohl mutet vieles, was Rosa Luxemburg in eine neue sozialistische Gesellschaft projizierte, utopisch an. Zwar vermochte sie im Januar 1919 festzustellen, dass die Arbeiterklasse für ein Rätesystem nicht reif genug war und setzte auf Zeit …. https://www.stoerfall-zukunft.de/kaisersturz-raeterepublik-und-rosa-luxemburg/. Dies in der Hoffnung, dass man die Unterprivilegierten soweit bilden könne, dass sie sich ihrer eigenen Kraft bewusst und in die Lage versetzt würden, ein ganzes Rätedeutschland zu lenken (sie folgte immer der Marx-Engelschen These, dass die Arbeiter keineswegs zu ungebildet seien, um sich selbst zu befreien – dass sie keineswegs der Befreiung von oben bedürften). In diesem Sinne hat sie es niemals aufgegeben, den Sozialismus als machbare Größe zu sehen und darzustellen.

In der heutigen Zeit ist die Arbeiterklasse oder das, was man ihr hier zu Lande derzeit zuordnen könnte, zersplittert und noch weniger bereit und in der Lage, auf die Barrikaden zu gehen/einen branchen- und länderübergreifenden Generalstreik auszulösen.

Ja, mehr noch: Man muss einfach fragen: 1) Kann der über hunderttausende von Jahren verprägte Homo Sapiens überhaupt für den Sozialismus (den freiheitlichen neuer Prägung, wohlgemerkt) begeistert und tauglich gemacht werden – und wollte er das überhaupt oder sollte er es? (meine Antwort heißt nein – solange Freiwilligkeit angesagt ist – und nur diese Option kann gelten).

Und 2) Ist ein Sozialismus, der alle nur denkbaren Freiheitsrechte impliziert, mit dem derzeit auf der Erde vorhandenem Spektrum von Menschen überhaupt zu machen. Oder kommt da wieder die menschliche Ratte zum Vorschein, eben jene, die vor gut dreißig Jahren den RealSozialismus ausgehöhlt und ins Verderben getrieben hat? (Meine Antwort ist ja: diese Ratten wie Honecker, Mittag, Hager, Schürer, Schalck … wird es immer geben: Sie werden wie eh und je … clever, intelligent und brutal die Macht ergreifen und jede human gedachte, menschenwürdige Ordnung zerstören. Der moralische, sog. anständige Mensch ist weder machtbewusst, noch durchsetzungsfähig genug und folglich als Führungsfigur auf der Verliererstrecke). In diesem Sinne ist ein Verweis auf Che Guevara interessant: Auch er hat an die Schaffung eines neuen Menschen geglaubt, und ist dann verzweifelt wieder im Dschungel verschwunden. Wahr bleibt, dass selbst in der dynamischsten kulturellen Evolution besagte Wunder niemals vollbracht werden. Dass andererseits aber aus dem zutiefst menschlichen und hochwertigen Gedankengut immerfort geschöpft werden muss – um das, was wir derzeit als Gesellschaft vorfinden … besser, sprich: ethischer und nachhaltiger zu gestalten.