„Nebel im Treibhaus“ – aktuell wie eh und je

Mit Veröffentlichung meines Buches „Störfall Zukunft – SchlussFolgerungen für einen möglichen Anfang“* und seiner ersten Präsentation – heute vor genau 10 Jahren – fiel der Startschuss  für meine politisch-futuristische Diskussionen.

Ich zitiere aus aktuellem Anlass  das  „Störfall Zukunft“-Kapitel        Nebel im Treibhaus (2008)

Bitte beachten: Der Fließtext in Normalschrift wird immer wieder von fett gesetzten Blocks unterbrochen)

Nach den vier Sachstandsberichten des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change – Weltklimarat) und der Bali-Konferenz ist das Thema »Umwelt/Klima« zwar nicht gänzlich aus dem Bewusstsein der Menschen geschwunden, wohl aber in die Schubladen von 2020 und 2050 verbannt worden. Auf näher liegende Ziele des Umweltschutzes hat man sich allenfalls im Kyoto-Protokoll verständigen können. Mit ungewissen Aussichten, denn große schadstoffemittierende Länder wie die USA, China, Kanada und Australien sind nicht mit im Boot. Andererseits gibt es heftige Gegenbewegungen, z.B. von der Internationalen Nichtregierungskommission zum Klimawandel (NIPCC), die nahezu alle Ergebnisse des IPCC in Frage stellen. Ihre These: Der Treibhauseffekt gehe nicht auf die Handlungen des Menschen, sondern auf kaum/nicht beeinflussbare natürliche Vorgänge zurück. Überhaupt habe das IPCC bei der Deutung der Klimaphänomene wesentliche Einflussgrößen vernachlässigt/falsch bewertet und infolge untauglicher Messverfahren und Modelle falsche Ergebnisse generiert. Die Auswirkungen der zu beobachtenden Erwärmung (Anstieg des Meeresspiegels, Zunahme der Hurrikans, Verschiebung der Klimazonen etc.) seien übertrieben dargestellt und medienwirksam verkauft worden.

 

Auf Horrorszenarien reagiert der Mensch mit einer evolutionär bedingten Schutzhaltung. Er verkriecht sich, lehnt diese Bilder ab oder ignoriert sie. Das macht es schwer, ihn für wirkliche Gefahren zu sensibilisieren.

 

Der Normalbürger ist irritiert. Im Wechselbad von Wissenschaft, Unwissen und Interessenlagen checkt er kaum mehr, was wirklich läuft. Doch auch die, die das Schiff lenken, sind im Widerstreit – und Ökologie und Ökonomie nur dort ein Paar, wo das nicht Wähler verschreckt oder fundamentale Anliegen der Wirtschaft in Frage stellt. Dieses übersichtslose Konglomerat im Detail zu erläutern, widerstrebt mir. Ich möchte deshalb nur einige strukturelle Betrachtungen anstellen.

Aus der Vielzahl der Quellen – es sind bei mir locker an die dreihundert – lassen sich vornehmlich Wahrscheinlichkeiten ableiten. Wobei sich dennoch ein Gefühl dafür einstellt, was ist und irgendwann sein könnte. Natürlich gibt es eine Faktenlage, die verifizierbar und demnach unumstößlich scheint. Man kann über den Verlust von Urwald und Land, die Verschmutzung unseres Planeten und die Verschwendung von Ressourcen authentische Aussagen machen. Muss sich aber dennoch mit den Aussagen von Experten auseinandersetzen, die menschliches Tun als Raubbau und existenzgefährdend oder aber als völlig normal deklarieren. In diesem Widerspruch gilt es, Strategien für die Zukunft zu entwerfen, und die müssen bei allem Widerstreit zumindest mehrheitlich einleuchten. Es liegt in der Natur der Sache, dass man das, was der Mensch auf unserer Erde her- und anrichtet, nicht zweifelsfrei ausmachen kann. Die Systeme, die das Geschehen auf unserem Planeten bestimmen, sind überaus

 

Mit Beginn des Industriezeitalters hat sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre um ca. 30 % erhöht  – besonders stark in den zurückliegenden drei Jahrzehnten /135/. Ebenso unstrittig ist, dass freigesetztes Kohlendioxid von Meer und Grünflächen absorbiert/gebunden wird und die in der Atmosphäre verbleibende Restmenge die Wärmerückstrahlung unseres Planeten behindert (€Treibhauseffekt).

 

komplex, und nur allmählich gelingt es, sie gänzlich zu beschreiben. Zwar hält die überwiegende Zahl der Wissenschaftler Treibhauseffekt und Klimawandel für relevant und schätzt mit 90 %iger Wahrscheinlichkeit ein, dass wir bei Fortführung unseres Tuns in eine Katastrophe schlittern /24/. Doch der Streit darüber, in welchem Maße Mensch und »normale Naturkräfte« an besagten Phänomenen beteiligt sind, schwelt munter weiter /6, 7/ – auch wenn das IPCC den Homo sapiens längst als den »Haupttäter« benennt /38, 39/.

 

Yannick Monget, Vorsitzender der französischen Ankaa Group, stellt mit seinem Buch »Die Erde morgen« Szenarien vor, die bei weiterem Raubbau an der Natur Wirklichkeit werden könnten. Seine Computeranimationen von brennenden Städten im Südwesten der USA, von rissigen, verdorrten Böden vor dem Berliner Reichstag, von Überflutungen in London, Paris und Pisa sowie vom eiszeitlich erstarrten New York könnten etwas bewegen – vor allem, weil sie abgegriffene Muster vermeiden /26/. Doch es dürfte zahlreiche Kritiker geben, die seine Bilder als medienwirksame Horrorszenarien abtun, die auf haltlosen Klimamodellen beruhen.

 

Zwar registrieren wir, dass Kraftwerke und sonstige Industrien eine Unmenge an Rauchgasen in die Atmosphäre entlassen, dass Gewässer verschmutzt, fruchtbares Ackerland ausgeschwemmt und versalzen, Flora und Fauna dezimiert und die Meere leergefischt werden. Doch dass all diese Szenarien uns selbst betreffen, und zwar bereits heute, wollen wir nur in Teilen wahrhaben. Was weitab von unseren Tischen passiert, ist und bleibt sehr häufig Kavalliersdelikt oder Fauxpas, denen man mit Blick auf Wissenschaft und Technik schon beikommen werde. Solcherlei Vertrauensseligkeit allerdings ist verhängnisvoll.

 

Im März 2007 hatten sich die 27 Staaten der EU auf eine gemeinsame Linie geeinigt: Senkung des Energieverbrauches um 20 %; Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 20 % und Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 %. Als Basisjahr definierten sie 1990, als Zieljahr 2020. Über den für das 20er-Trio erforderlichen Aufwand gehen die Meinungen auseinander. Brüssel bezifferte ihn, was die beiden zuletzt aufgeführten Positionen betrifft, auf durchschnittlich 0,45 % des EU-Bruttoinlandsprodukts (60 Milliarden Euro pro Jahr). Jeder Bürger müsse pro Woche drei Euro für den Klimaschutz löhnen. Das sei – verglichen mit den zehnmal höheren »Folgekosten« des Nichtstuns – wenig /119/.

 

Uns Deutschen weist man, sobald es um Umweltschutz und Nachhaltigkeit geht, eine Vorreiterrolle zu /14/. Wir seien gute Ideengeber und auch praktisch besser am Ball als andere /21/. Das allerdings ist nur die habe Wahrheit. Denn auch hierzulande sind die Klimaziele auf ferne Zeiträume datiert und im Tagesgeschäft zögern wir, die »Klima-Unholde« strikt zu zügeln /98/. Entsprechend ambivalent ist die Stimmung. Wir verursachen »nur« 3,9 % der weltweiten Emissionen, argumentieren die Verargloser. Wo bitte gebe es da wirkliche Eingriffsmöglichkeiten für weltweit bessere Luft? Wenn wir alle Autos in Deutschland stilllegten – heißt es – habe das nicht die geringste Auswirkung auf das Weltklima /9/. Eine törichte und zugleich vernebelnde Argumentation, die jeder anstellen könnte – mit der Folge, dass nichts geschähe.

Sehr richtig, wenn die Regierenden dieser These nicht folgen, andererseits aber die Ursachenforschung zum Thema fördern. Und so befasst sich die Wissenschaft mit der Reduzierung der Autoabgase, der CO2-Abscheidung in Kohlekraftwerken, forscht an der Kraft-Wärme-Kopplung und gibt Hinweise zur  Isolierung von Wohnbauten. Die Bauern bestellen ihre Felder, ohne Land und Grundwasser signifikant zu schädigen. Wir Bürger trennen den Müll, und Experten achten darauf, dass die Deponien dicht und Verbrennungsanlagen ihre Dioxine im Zaum halten. Die Regierung verabschiedet Gesetze gegen Feinstaub und befördert alternative Energien und Emissionshandel. Wir tun eigentlich alles, was Luft,

 

Die Diskussion um Klimaphänomene erfährt durch S. Fred Singers Buch »Die Natur, nicht die menschliche Aktivität, bestimmt das Klima« /145/ eine harsche Note. Singer, ein offenbar bedeutender US-Wissenschaftler, lässt am IPCC kein gutes Haar. In einer polemischen, aber teilweise auch nachvollziehbaren Argumentation zerreißt er die gängigen Klimamodelle wie faule Blütenblätter. Und bezichtigt ihre Konstrukteure nicht nur des Unwissens und der Unwissenschaftlichkeit, sondern auch demagogischer Ambitionen (Forcierung von sinnlosen Umweltschutz-Geschäften). Für ihn ist nicht das CO2 für die Klimaerwärmung zuständig – es ist der Sonnenwind mit seinem Magnetfeld. Die kosmische Strahlung erkläre mit ihrem Einfluss auf die Bewölkung sehr viel besser, was auf der Erde passiere. Es sei die Natur, die hier steuere und nur ganz unmaßgeblich (oder gar nicht) der Mensch.

Was mich stutzig macht, sind drei Dinge: Singer macht die Korrelation zwischen Sonnenaktivität und Temperatur an nur einem Stalagmiten in Oman fest – und zwar mit einer Präzision, die an Wunder grenzt. In seiner Polemik gegen das IPCC indes hatte er die Zahl der klimamodellrelevanten Messpunkte (es sind tausende) für zu gering befunden. Verdächtig ist auch, dass dieser Mann nicht eines der IPCC-Argumente gelten lässt, geschweige denn würdigt. Und darüber hinaus den Eindruck erweckt, ein objektiv urteilender Forscher zu sein. Dabei weiß jeder, dass Singer jahrelang in drei US-Ministerien Dienst tat und keinem der einschlägigen internationalen Klima-Gremien angehörte.

 

Wasser und Erde in Traumzustände versetzen müsste – theoretisch. Praktisch aber läuft vieles reibungsvoller, nicht zuletzt deshalb, weil »kostenbetroffene« Gegner Widerstand leisten. Weitgehende Gesetze sind dann kaum drin und Daten darüber, wie es im Umweltschutz 2010 aussehen soll, sucht man vergebens. So stehen auch wir Deutsche keineswegs großartig, sondern eher etwas aufgeblasen da, z.B. mit einer Pro-Kopf-Emission von rd. 10 Tonnen CO2 pro Jahr, was im Vergleich zu China (3 t/Kopf und Jahr) und Indien (1 Tonne/Kopf und Jahr) verdammt viel ist.

Eine Mehrheit der Deutschen empfindet den Klimawandel als Bedrohung, will dennoch keine persönlichen Konsequenzen ziehen und weist notwendige Gegenmaßnahmen den Politikern zu. Ganz anders Umweltaktivist Klaus Töpfer. Er fordert die Bürger auf, den Verantwortlichen kräftig einzuheizen. Nur so geschehe etwas /24/.

 

Selbst die mit viel Schwung verkündete Kohlendioxidminderung von 17 % (im Vergleich zu 1990) ist eigentlich ein Trick – weil sie im Wesentlichen durch das Abwickeln der DDR-Industrie erreicht wurde /1, 24/. Im Westen ist dagegen wenig passiert. Ja im Gegenteil: In den letzten Jahren gab es ein Plus beim CO2-Ausstoß. Erst seit kurzem hat sich das Bild verbessert.

 

Mit dem kräftigen Rückgang des Primärenergieverbrauchs (-5 %) sind 2007 auch die CO2-Emissionen in Deutschland leicht gesunken. Mit knapp 857 Millionen Tonnen fielen sie um annähernd 2,7 % geringer aus als 2006 /114/.

 

Kurz und gut: Wir besetzen eine Position, die unseren Status als Umwelt-Vorbild schnell relativiert. Wirklich nachhaltiges Wirtschaften hätte schon vor zehn Jahren auf die Agenda gehört. Zweifellos im Konsens mit Europa und der restlichen Welt. Hier klemmt es zugegebenermaßen, weil der Trend, aus der Vermeidung von Umweltschutz wirtschaftliche Vorteile zu ziehen, nur mühsam gekippt werden kann. Umweltentnahmen/-belastungen sind bis heute weitgehend kostenfrei.

Zweifellos ist es so, dass andere Regionen, gerade was den CO2-Ausstoß angeht, sehr viel besser dastehen als Deutschland – z. B. die skandinavischen Länder und Costa Rica /24, 27/. Und richtig ist auch, dass andere, wirtschaftlich starke oder erstarkende Länder sehr viel rücksichtsloser mit der Umwelt umgehen als wir das tun. Doch damit, dass wir ständig auf die Hauptverschmutzer (USA, China, Russland und Indien) zeigen, ist es nicht getan. Vor allem deshalb nicht, weil bloße Schuldzuweisungen nichts ausrichten. Die USA dürften mit Barack Obama irgendwann umsteuern /99/ und könnten dann sehr schnell auf einen Pfad gelangen, der deutsche Bemühungen in den Schatten stellt. Denn Schnelldenker jenseits des großen Teichs (Stichwort: Schwarzenegger) haben längst erkannt, dass Umwelt wichtig ist und die mit ihrem Erhalt befassten Techniken neben Bio- und Nanotechnologie die Wachstums- und Jobmaschinen des 21. Jahrhunderts werden /24/.

Auch China und Indien sind sich längst bewusst, dass ihr wirtschaftspolitischer Klimmzug ohne Umweltschutz nicht aufgeht. Zumal ihre Bürger eines Tages ebenso viele Automobile, ja überhaupt einen ähnlichen Lebensstandard einfordern werden, wie wir das heute tun. Wo das bei bloßer Imitation des westlichen Lebensstils im »Immer-so-weiter-Takt« hinführte, lässt sich schnell hochrechnen. Wollte man allen Menschen dieses Erdballs unsere Wirtschaftsweise und unseren Konsum zubilligen, bräuchten wir – aus Umweltgesichtspunkten heraus – vier bis fünf Erden /2, 17, 126/. Allein für China käme es zu Emissionen,

 

2007 haben die globalen CO2-Emissionen ein bedrohliches Ausmaß erreicht: ca. 28 Milliarden Tonnen /39/. Die zehn größten Emittenten waren die USA (21,4%), China (18,8 %), Russland (5,7%), Indien (4,2%), Japan (4,5%), Deutschland (3,0%), Kanada (2%), Großbritannien (2%), Italien (1,7%) und Südkorea (1,7%) – die für insgesamt 65% des Gesamtausstoßes verantwortlich waren /44/. 2008 soll China die USA erstmals im absoluten CO2-Output übertroffen haben. Betrachtet man dagegen die aussagefähigeren Pro-Kopf-Verbräuche, dann verändert sich das Bild. Das Ranking wurde dann von Staaten wie Qatar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuweit, Bahrein, den USA, Luxemburg und Kanada angeführt – während China und Indien »unter ferner liefen« rangierten. Als »sauberste« Länder gelten derzeit die Schweiz, Norwegen und Schweden. Ein weit entwickeltes Umweltbewusstsein wird auch Costa Rica bescheinigt.

 

die jedes denkbare Maß überschreiten. Und daran wären neben der gigantischen Fahrzeugflotte sämtliches Produzieren und Leben beteiligt. China wird 2030 nicht nur alle denkbaren Erzeugnisse auf die Märkte werfen, sondern auch doppelt so viel Strom verbrauchen wie heute – Strom, der maßgeblich aus Kohle entsteht – denn Gas und Erdöl dürften bis dahin knapp werden. Auch eine Kernkraftalternative (400 Leichtwasserreaktoren) wäre pure Illusion. Aber die Pressionen, auf die China zusteuert, sind nicht nur an dieser Stelle schmerzhaft. Denn neben einem gigantischen Straßenbau – sein Volumen wird der Fläche aller heute existierenden Reisfelder entsprechen /2/ – stehen abschmelzende Himalaya-Gletscher (davon sind etwa 300 Millionen chinesische Bauern abhängig) /2, 18/ und vordringende Wüsten /27/ ins Haus. Dazu kommen flüssige und feste Abprodukte – mit unsäglichen Deponie- und Verbrennungsproblemen.

In Indien ist die Lage nicht minder schwierig. Auch der Subkontinent ist im Aufbruch – derzeit noch mit Steigerungeraten von »nur« 8 %/Jahr. Auch hier drohen Umweltprobleme ohnegleichen, denen eine Demokratie eher schlechter gewachsen ist als die Staatswirtschaft (wenn sie denn ein Vorgehen gegen die Übel als Planziel ausgibt).

In Südasien sieht es nicht besser aus. Es drohen Schäden, die kaum mehr gestoppt werden können. In Indonesien z.B. tobt noch immer die Feuerrodung – für Palmöl.

Nordchinas Erde steht in Flammen. Mehr als 700 Brände in unterirdischen Kohleflözen vernichten nicht nur die wertvollen Rohstoffbestände der Volksrepublik – sie vergiften auch die Umwelt und verwandeln ganze Landstriche in wüste Mondlandschaften. Experten vom niederländischen Institut für Geo-Information und Erdbeobachtung (ITC) gehen davon aus, dass das vor Ort frei werdende Kohlendioxid bereits zwei bis drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen ausmacht /62, 106/.

 

Von den kleineren oder wirtschaftlich schwachen Ländern spricht niemand, weil ihre Umweltverschmutzung in der Regel (noch) gering ist. Doch in Afrika, wo 80 % der Energie aus natürlicher Biomasse gewonnen wird, fallen irgendwann die letzten Bäume. Die aber wären angesichts der Klimaveränderung, die große Teile des schwarzen Kontinents besonders benachteiligt, besonders wichtig.

Das alles schreit nach Veränderung – vor allem bei den Hauptsündern. Doch auch Wachstum und Wohlstand der Nachzügler dürfen nicht auf Vernichtung gegründet sein. Für all diese Probleme muss es Lösungen geben, oder aber diese Welt erstickt. Die Beschwichtiger sehen das anders. Außergewöhnliche Kohlen-

 

Die ärmste Milliarde (Menschen) dieser Erde trägt keine Verantwortung für den Kohlendioxidausstoß, ist aber in erster Linie davon lebensbedroht. Doch die Kosten für die Rettung dieser Menschen – so zynische Ökonomen – seien unvergleichlich höher als die, die für Umweltschutz-»Updates« im reichen Westen anfielen. Umweltschutz-Investitionen in Drittwelt-Ländern böten einfach keine Aussicht auf finanziellen Rückgewinn. Da sei es wirtschaftlich vorteilhafter, diese Menschen ihrem Schicksal zu überlassen /3/.

 

dioxidwerte und Klimaveränderungen habe es immer gegeben, argumentieren sie, und die jetzt anstehenden Befunde fielen keineswegs aus dem Rahmen /8/. Vom IPCC werde völlig unnötig ein Desaster beschworen. Die stattfindende Erwärmung sei ein natürlicher Ausflug in die Warmzeit eines Eiszeitalters /9/. Nicht mehr Wärme – so ihre Auffassung – sondern allenfalls mehr Kälte könnte unsere Existenz gefährden. Für Tiere und Pflanzen sei der beobachtete Klimawandel geradezu ein Segen. Der Mensch aber habe mit dem Treibhauseffekt wenig oder gar nichts zu tun. Ein solcher Zusammenhang werde hemmungslos überbetont – aus reiner Geschäftemacherei /101/. Und alle »Ökos« und Beförderer des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) profitierten von einer schamlos erzeugten Blase /4/.

In den neoliberalen Lagern der Hayek-Gesellschaft und des Instituts der deutschen Wirtschaft wird besonders hart draufgeschlagen. Nicht nur, dass man den Klimawandel als zyklisches Warmzeitenphänomen abtut und den Einfluss menschlichen Tuns bagatellisiert. Man versucht auch, die Aussagen des Club of Rom (»Grenzen des Wachstums«) pauschal zu diskreditieren. Im Verbund versuchen sogenannte Umweltjournalisten, Windkraftwerke als Fehlplanungen und die Subventionierung der Solarindustrie als Verschwendung darzustellen /136/. Jeder Eingeweihte weiß allerdings, wem diese undifferenzierten Rundumschläge nützen: denen, die wirtschaftliches Wachstum und Profite auch in Zukunft mit weiterem Raubbau an Natur und Umwelt erkaufen möchten.

 

Andere Kritiker gehen noch weiter. Sie betonen, dass das Zusammenspiel von Sonnenstrahlung, Atmosphäre, Landflächen und Ozeanen noch immer unbekannt und die vom Menschen verursachten CO2-Emissionen im Vergleich zum gesamten, um den Erdball jagenden Kohlendioxid winzig und damit unmaßgeblich seien. Sehr viel größere Bedeutung komme dem Wasserdampfgehalt der Atmosphäre/der Wolkenbildung zu, die vornehmlich von der kosmischen Strahlung beeinflusst werden. Und hinter dem Anstieg der Meeresoberfläche stecke nichts anderes als die Verschiebung von Erdplatten /6, 10/.

 

Sie erinnern sich: Ex-SPD-Chef Kurt Beck hatte schwer daneben gegriffen – bei den CO2-Emissionen für Kraftwerke. Rheinische-Post-Kommentator Gregor Mayntz pfiff ihn postwendend zurück. Sein Erkenntnisstand: 8 Gramm bei Kernkraftwerken, 17 Gramm bei Windkraftanlagen, 885 Gramm bei erdölbetriebenen Kraftwerken und 1231 Gramm bei Braunkohlekraftwerken – jeweils pro Kilowattstunde /132/.

 

Teilen dieser Argumentation kann man durchaus folgen. Ihrer Gesamtheit aber keineswegs. Noch kann der Einfluss von Wasserdampf und Wolken – er ist inzwischen unbestritten /126/ – nicht gedeutet, geschweige denn quantifiziert werden. Einige Klimatologen messen diesen Größen gar 60 % des Gesamteffektes zu. Die Sonneneinstrahlung (beeinflusst durch Sonnenwinde) wird von einigen als substanziell wichtig (Wolkenbildung), von anderen als eher bedeutungslos eingestuft. Letztere behaupten, sie habe sich seit 1940 nicht signifikant verändert /7, 10, 30/.

Es stimmt schon: Wir können nicht sicher planen, wenn wir nicht ausreichend wissen. Da es aber mit den Temperaturen immer weiter aufwärts geht – und demzufolge schnelles Handeln gefragt ist – müssen einzuleitende Maßnahmen vom jeweiligen Erkenntnisstand ausgehen. Der allerdings spiegelt sich – wohl oder übel – in den heute vorhandenen, noch unzureichenden Klimamodellen /4, 85/.

 

Vor allem der Einfluss von Wasserdampf und Bewölkung, von Luftschadstoffen und der durch sie beförderten Aerosole, aber auch die Wechselwirkungen zwischen natürlichem Kohlenstoffkreislauf und »menschengemachtem« CO2 sowie die Wirkung der weltweit verbreiteten Wüstensande müssen studiert und in die Klima-Modelle einbezogen werden /4, 5, 27/.

Die bisherige These, dass Aerosole zur Verdunklung und damit zur Abkühlung der Erde beitragen (global dimming) /28, 42, 43/, wird durch neue Forschungsergebnisse zunehmend in Frage gestellt. Einige Wissenschaftler gehen jetzt vom Gegenteil aus /87 /.

 

Die unzureichende Auseinandersetzung mit radikalen Gegnern der derzeit dominierenden Klimaaussagen und die dadurch entstehende Polarisierung machen betroffen. Weil sie Extreme befestigt, die völlig unterschiedliche Schlussfolgerungen nahelegen. Dem IPCC-Gefolge könnte man unterstellen, dass es alternative Energien nur puscht, um neue lukrative (aber eigentlich sinnlose) Geschäftsfelder zu befördern. Doch den Kritikern ließe sich gleichfalls auf den Pelz rücken – mit dem Verdacht, dass sie der Industrie nur teure Umweltausgaben ersparen wollten.

Argumente hin, Kritik her. Wir wissen, dass die globalen CO2- und Methan-Gehalte in der Atmosphäre inzwischen immense Größen erreichen /27, 59/.

 

141 Länder – sie standen damals für mehr als 55 % der weltweiten CO2-Emissionen – verpflichteten sich 2005, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bis 2012 um mindestens 5,2 % zu reduzieren (Basis: 1990). Im Kyoto-Protokoll werden folgende sechs Gase als Klimakiller benannt – mit folgenden Anteilen am Gesamtausstoß/folgender Verweildauer in der Atmosphäre: CO2 (71,5 %/100 Jahre), Methan (17,4 %/10 Jahre), Distickstoffoxid (9,9 %/150 Jahre), Fluorkohlenwasserstoffe/FCKW(0,8 %/-), perfluorierte Kohlenwasserstoffe/PFC (0,3 %/-) und Schwefelhexafluorid (0,2 %/-). Methan gilt trotz des vergleichsweise geringeren Mengenanteils als überaus gefährlich, weil seine Wirkung die des CO2 um das Zwanzigfache übertrifft /46, 146/. Gleiches gilt für die verbleibenden Stoffe, die noch weitaus verheerendere Wirkung haben. TELEPOLIS verweist auf einen Bericht, den ein internationales Wissenschaftlerteam für das australische Global Carbon Projekt erstellt hat. Hierin heißt es, dass die von Menschen verursachten Emissionen in den 1990er Jahren um durchschnittlich 0,7 %/Jahr, seit 2000 aber bereits mit durchschnittlich 2,7 %/Jahr zunahmen. Verantwortlich für den verstärkten Anstieg der CO2-Konzentration sei die in den letzten Jahren schnell gewachsene Weltwirtschaft und die damit verbundene zunehmende Verwendung von fossilen Treibstoffen. In den 1990er Jahren seien die damit verbundenen Emissionen noch um durchschnittlich 1,3 %/Jahr, seit 2000 aber um 3,3 %/Jahr in die Höhe geschossen. Als Grund nennen die Wissenschaftler vor allem die sinkende Effizienz bei der Nutzung fossiler Brennstoffe – maßgeblich verursacht durch die Kohlekraftwerke in Indien und China. Während die Kohlenstoff-Intensität des Bruttoweltprodukts seit den 1970er Jahren von 0,35 Kilogramm Kohlenstoff pro Dollar bis zum Jahr 2000 auf 0,24 , d.h. um durchschnittlich 1,3 %/Jahr zurückging, wüchse sie seit sieben Jahren um 0,3 %/Jahr wieder an. Problematisch sei auch, dass mit den steigenden, von Menschen verursachten Emissionen gleichzeitig die Aufnahmefähigkeit von Meeren und Landmassen für CO2 abnehme. So gesehen verursachten der Mensch etwa zwei Drittel, »nachgebende« Meere und Kontinente dagegen ein Drittel der CO2-Zunahme in der Atmosphäre /102/. Gegenwärtig dürfte der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen die Größe von 30 Milliarden Tonnen pro Jahr (umgerechnet in CO2-Äquivalent) weit überschritten haben. Die internationale Energieagentur IEA sprach Anfang 2007 allein von 28 Milliarden Tonnen CO2 /39/. 2004 – damals wurden die Treibhausgase mit insgesamt 29,6 Milliarden Tonnen (CO2-Äquivalent) veranschlagt – waren 24 % der Energiegewinnung, 18 % der Bodennutzung (u. a. mit »Hilfe« von Brandrodung), 14 % der Industrie, 14 % der Landwirtschaft, 14 % dem Transport,  8 % der Gebäudeheizung, 5 % anderen energiebedingten Emissionen und 3 % der Abfallwirtschaft zuzuordnen /50/. In Deutschland sollen vergleichbare Anteile 2004 bei rd. 43 % (Kraft- und Fernheizwärme), 25 % (Industrie, Gewerbe, Handel), 13% (Privathaushalte), 12% (Pkw) und 7 % (Sonstige) gelegen haben /49/. Im Juni 2007 hatte die EU-Kommission mitgeteilt, dass der Ausstoß der sechs Treibhausgase in den 15 »alten« Mitgliedstaaten 2005 um 0,8 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sei. Das bedeute -2 % bezogen auf das Kyoto-Basisjahr 1990. Die Einzelleistungen der Länder variierten dabei erheblich. Deutschland (-18,7 %), Großbritannien (-15,7 %), Dänemark (-7,8 %) und Schweden (-7,4 %) führten die Liste der Vorreiter, Spanien (+52,3 %), Portugal (+40,4 %), Griechenland (+25,4 %) und Irland (+25,4 %) die Reihe der Säumigen an /121/.

 

Für CO2 lag dieser Wert 2007 bei 381 ppm (381 Teile auf eine Million Teile Gesamtluft) – so hoch wie seit 650.000 Jahren nicht mehr. Dieser Befund nun soll mit Temperaturveränderungen korrellieren, die auf Basis von Eiskernbohrungen ermittelt wurden. Stieg der CO2-Gehalt, dann nahm auch die Temperatur zu /2, 23, 25/. Der Anteil von Methan in der Luft kletterte 2007 ebenfalls auf ein Allzeithoch – auf ca. 1,8 ppm. Diese Zahl scheint gering, ist aber mit Blick auf die weit höhere Treibhauswirkung überaus ernst zu nehmen /46, 102/.

 

Es gibt möglicherweise einen CO2-Gehalt, der das Chaos auslöst. Experten sprechen von einem Grenzwert um 450 ppm /53/. Sein weiteres, auch immenses Überschreiten soll sich dann kaum noch auswirken /84/.

 

Methanemissionen kann der Mensch kaum beeinflussen. Pflanzen (vor allem der im Wasser angebaute Reis) /85/, auftauende Permafrostböden und Faultümpel jeder Art atmen es aus. Rinder errülpsen und erfurzen es, wie es der vegetarische Kreislauf vorgibt, und Vulkane stoßen es aus, wann immer sie ausbrechen. Dort schließlich, wo es in riesigen Mengen gebunden ist – als Methanhydrat in den Weltmeeren – gehorcht es ausschließlich dem Druck und der Temperatur an den Lagerstätten. Letztere freilich könnte sich verändern. Schon ein Anstieg um 3˚C – so einige Klimaforscher – führte zur Auflösung der als »Kitt« fungierenden Verbindung in den Kontinentalhängen – mit katastrophalen Folgen. Desolate untermeerische Berge könnten einstürzen und gewaltige Tsunamis auslösen /24/ – und sogenannten Blow outs (an die Wasseroberfläche schießendes Methan) Schiffe versenken (Bermuda-Dreieck-Mutmaßungen). Ganz zu schweigen von der unheilvollen Kontaminierung der Atmosphäre.

 

Eine einzige Kuh emittiert jährlich bis zu 91.000 Liter Methan. Dessen Energieinhalt reicht aus, um ein 5,5 Liter Diesel verbrauchendes Kompaktauto 10.000 km weit zu bewegen /4/. Kritiker Josef H. Reichholf fordert eine Reduzierung der Herden. 1,5 Milliarden Rinder – so sein Vorwurf – verbrauchen Wasser ohne Ende, verursachen ein Überweiden von Flächen oder dösen eingepfercht vor sich hin. Sie fördern den Treibhauseffekt stärker als der gesamte motorisierte Verkehr /80/. Neuere Forschungen lassen vermuten, dass Pflanzen nicht nur CO2 binden, sondern auch in großem Umfang Methan ausstoßen. Sie wirken dieser These zufolge ambivalent aufs Klima /85/.

 

Sieht man von den Gasen ab, die beim Treibhauseffekt nur wenig mitspielen, dann bleibt als Stellschraube für den Menschen allenfalls das CO2. /27/. Groteskerweise in einer Wissenslage, die mehr als dürftig ist. Obwohl ich das weiß, folge ich den Streitern der IPCC – und begründe es später auch.

 

Die Temperaturen in den oberen Schichten des Permafrostbodens (Russland, Alaska etc.) sind seit 1980 um 3° Celsius gestiegen. Die Fläche des saisonal gefrorenen Bodens hat deshalb seit 1990 um 7% abgenommen – im Frühjahr sogar um 15%. Aus getauten Böden aber entweicht Methan. Alle wichtigen Treibhausgase (insbesondere Methan) sollen – so die Aussage verschiedener Wissenschaftler – zusammen etwa halb so stark an der Erwärmung beteiligt sein wie CO2. Allein die Konzentration von Methan in der Atmosphäre habe seit 1750 um 18% zugenommen /147/.

 

Der vorläufige Unhold ist also festgemacht. Grund genug, dass einige seiner Produzenten seit Jahren mehr als verschnupft sind. Vor allem Unternehmen, die Kohle verstromen, ja, auch die, die Kohle als Reduktionsmittel benötigen, geraten in Probleme. Sie nämlich setzen Unmengen des verdächtigen Gases frei – und sind gleichzeitig existenziell an diesen Umstand gebunden. Dabei liegen die Dinge durchaus verschieden. Für die Hüttenwerke ist Kohle als Reduktionsmittel unverzichtbar – und CO2 ein durch die Chemie vorgegebenes Prozessgas. Auf Hochöfen zu verzichten, hieße, die wichtigsten Teile einer ganzen Branche lahm zu legen. Hochwertige Stähle z.B. sind unter unseren Bedingungen ohne Hochöfen nicht zu haben. Anders sieht es bei der Energieerzeugung aus. Hier kann der »CO2-Pegel« beträchtlich gesenkt werden – durch effizientere Kohleverstromung (höhere Wirkungsgrade in den Kraftwerken) oder Substitution der konventionellen Verfahren (alternative Energien). Auch die geplante CO2-Abscheidung könnte – wenn sie denn zur Anwendung käme – zur Entlastung beitragen.

Der Mainstream gebiert einen neuen Ablasshandel: Es wird schick, klimaneutral … zu fliegen, Autos zu mieten, Zeitschriften zu lesen und Briefe zu versenden /97/. Ob das nennenswerte Effekte zeitigt oder nur zu PR-trächtigen »Tat-Hülsen« taugt, wird sich zeigen.

 

Fakten hin oder her: Das Gros der Wissenschaftler und der Zeitgeist bleiben bei ihrer Schuldzuweisung. Und so zielen zahllose Institutionen/Regierungen weltweit auf die Reduzierung des »Klimakillers«. Kyoto, Nairobi und Bali waren Schritte auf diesem Weg – der beschwerlich ist. Weil gemeinsame Nenner Kompromisse erfordern und maßgebliche Luftverschmutzer nicht mitziehen wollen. Dennoch konnte das Kyoto-Protokoll 2005 in Kraft treten. Und sogar ein Update – wie auch immer geartet – ist in Sicht: 2009. Dass es allerdings die derzeit noch Außenstehenden begeistern könnte, ist wenig wahrscheinlich. Ein Grund mehr, den Klimaphänomenen noch beherzter als bisher auf den Grund zu gehen. Nur neue Fakten können zu mehr Zustimmung führen – oder sinnwidrig geplante Investitionen auf ein neues Gleis bringen. Experten, die Klimarechnungen an sich in Frage stellen /11/, sollte man kein Gehör schenken. Ihr Urteil ist voreilig und destruktiv. Denn selbst wenn es mittelfristig nicht gelänge, sämtliche Zusammenhänge zu erfassen – viele neue und wichtige Komponenten könnte man zweifellos in Modelle einbinden.

Wie auch immer die Debatte ausgeht. Wir wären schlecht beraten, wenn wir die Hände in den Schoß legten – bis letztlich auch der kleinste Sachverhalt geklärt ist. Und Verzögerungen im Handeln wären – gerade, wenn man einen beeinflussbaren Treibhauseffekt unterstellt – unverzeihlich /7, 12, 24/. Das IPCC selbst hat

 

Wolfgang Zängl, Autor des Buches »Rasen im Treibhaus«: Würde auf deutschen Autobahnen sofort ein Tempolimit von 120 km/h verordnet, könnten bis 2020 CO2-Emissionen von mindestens 40 Millionen Tonnen vermieden werden (das entspräche etwa 4,7 % des jährlichen deutschen Gesamtausstoßes). 70 % aller tödlichen Unfälle ereigneten sich auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit /113/.

Auf den tempobeschränkten Autobahnen in Frankreich, in den Benelux-Ländern, in Großbritannien und in den USA sind Raser und Drängler (nahezu) unbekannt.

 

diesen Standpunkt bekräftigt. Spätestens ab 2015 müsse der Ausstoß von Treibhausgasen signifikant gesenkt werden – und zwar auf mindestens 50 % des Wertes, der 1990 registriert wurde. Nur wenn dieses Ziel bis 2050 realisiert werde, könne der globale Temperaturanstieg mit einer Chance von 50:50 auf 2,0 °C beschränkt und damit ein unabsehbares Klima-Chaos vermieden werden /39/. Was die CO2-Emissionen betrifft, so sollten diese von den Industrieländern sogar um 80 % reduziert werden /52/. Die UNO, die für die Mitte des Jahrhunderts von 9,1 Milliarden Erdenbewohnern ausgeht, formulierte es global: Man müsse den durchschnittlichen weltweiten CO2-Ausstoß von jetzt 3 Tonnen/Kopf und Jahr auf 2 Tonnen/Kopf und Jahr herunterzufahren /53/.

Die Spekulationen darüber, wie sich die Durchschnittstemperaturen auf unserem Planeten bis zum Ende des Jahrhunderts entwickeln könnten, sind mannigfaltig. Pessimisten, die eine strikte Vorsorge bezweifeln, sehen einen Anstieg auf bis zu 6˚C voraus, was die Meeresspiegel im Jahre 2100 nicht nur um 18-59 cm (IPPC-Voraussage für maximal 2°C Erwärmung), sondern um 3 bis gar 7 Meter anheben könnte /20/. Hierbei wirke nicht nur der abschmelzbedingte Zulauf, sondern auch die schiere Ausdehnung des Wassers bei höheren Temperaturen.

Niemand weiß zudem, ob die Meere/die Vegetation unseres Planeten weitehin fähig bleiben, Kohlendioxid in großem Maße zu binden /5/. Dies zweifelsfrei festzustellen, ist eine Mammutaufgabe. Sie überfordert derzeit nicht nur vorhandene Rechner-Kapazitäten, sondern auch das Abstraktionsvermögen der Wissenschaft.

 

Seit Beginn der Industrialisierung vor etwa 150 Jahren ist die mittlere Temperatur der Erdatmosphäre um 0,7-0,8 ˚C gestiegen /7, 8/. Diese Drift bis zum Ende des Jahrhunderts auf 2 °C zu beschränken, erfordere ein sofortiges Umsteuern in der Klimapolitik – sagen die Befürworter der IPCC-Berichte /1, 2, 24/. Ein Klacks und kein Grund zur Aufregung – kontern die Kritiker. Ihrer Meinung nach sei es im Mittelalter – zur Zeit der Wikinger – sehr viel wärmer auf unserem Planeten gewesen sei als heute. Schließlich besiedelten die Grönland – und das sei damals – der Name sagt es – grün gewesen /23/. In England habe man Wein angebaut (vor 600 Jahren), im Rhein habe es Nilpferde gegeben (vor 120.000 Jahren) und in Afrika Korn statt Wüsten /30/.

Ein Hinweis verdeutlicht die Wirkung der gering erscheinenden Temperaturbewegungen: In der jüngsten Eiszeit, bei der die durchschnittliche Temperatur nur 5 °C unter der jetzigen lag, reichte ein kilometerdicker Eispanzer bis dahin, wo heute Berlin liegt /24/.

 

 

Es wird maßgeblich von der Geschwindigkeit des wissenschaftlich-technischen Fortschritts abhängen, wie schnell wir fundiertere Erkenntnisse auch zum Weltklima erlangen.

Vorerst müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Gletscher forciert abschmelzen /2, 24, 63/, Pazifikinseln vom Meer bedroht werden (Tuvalu), Dürren viele Teile des Planeten häufiger, gravierender und flächendeckender heimsuchen, Wüsten Raum greifen /27, 65, 81/ und die Zahl schwerer Überschwemmungen und Hurrikanes/Taifune ansteigt. Daran gibt es – bei allem Widerstreit der Meinungen – keinen Zweifel. Es ist heute wärmer als in den zurückliegenden Jahrzehnten, und das Wetter gerät zunehmend aus den Fugen. Ein Umstand, der auch uns bald Kopfschmerzen bereiten dürfte.

Auf Bali konnten auch viele Entwicklungsländer (G 77) davon überzeugt werden, am Klimaschutz aktiv mitzuwirken – eine Zusage, die alles andere als selbstverständlich war … und an Hilfestellungen der Industrieländer gebunden ist. Die nämlich sollen in den kommenden Jahren den erforderlichen Technologietransfer und konkrete Hilfe vor Ort leisten. Ein Klimaschutzfond, der von ihnen gespeist wird und für 2008-2012 zunächst 500 Millionen US-$ zur Verfügung stellt, gilt als wichtiger Schritt auf diesem Weg.

Die Verächter der Klimaschutzvereinbarungen hingegen befürchten Einbußen in ihrer CO2-trächtigen Produktion oder Lebensweise. Newcomern wie China und Indien wird man zunächst nachsehen müssen, dass die Zuwachsraten für Umweltschutz dem Wirtschaftswachstum hinterher hinken. Ob das die vom Smog betroffenen Bürger so aushalten wollen, ist unklar. Noch werden sie nicht gefragt.

 

Viele Unternehmen verhalten sich bereits heute klimagerecht. Sie entwickeln Produkt- und Leistungsangebote, die auf einen geringeren CO2-Ausstoß abgestellt sind – und nutzen die Zahlungsbereitschaft von Kunden, für mehr Umwelt auch (mehr) zu zahlen. Die Methodik des Climate Value Management unterstützt sie dabei, effizient zu handeln /122/. Der entscheidende Durchbruch ist auf dieser Basis jedoch kaum zu erwarten. Denn die Masse der Konsumenten (die Geringerverdienenden) bleibt außen vor. Erst wenn die öffentliche Hand die Anreize für derartige Strategien verbessert und Wettbewerbsverzerrungen durch internationale Abkommen vermieden werden, können umweltgerechte Produkte/Leistungen Raum greifen und durch Skaleneffekte mit herkömmlichen Angeboten gleichziehen.

100 Vorstandsvorsitzende internationaler Unternehmen haben im Juni 2008 an die G-8-Staaten appelliert, eine Strategie zur Reduzierung von Treibhausgasen sowie zur Schaffung eines internationalen CO2-Marktes vorzulegen. Bis 2050 – so ihre Forderung – müsse der Ausstoß der Klimakiller auf mindestens 50 % reduziert werden /123/.

 

Für die USA, die stark genug wären, einen nachhaltigen Klimaschutz anzustoßen, liegt die Sache anders. Ihre Bürger leben in der Tradition großflächiger Mobilität, und die Wirtschaft nutzt jede Chance, umweltrelevante Kosten zu vermeiden. Mit steigenden Ölpreisen allerdings wandelt sich das Bild allmählich. Man erwägt inzwischen, nicht nur treibstoffsparende Autos (einschließlich Hybridfahrzeuge) zu bauen /99, 104/, sondern auch kräftig in alternative Energien zu investieren. Denn in beiden Märkten winken jetzt ebensolche Gewinne wie in der traditionellen Erzeugung/Fertigung. Der entscheidende Durchbruch in die neue Sphäre dürfte aber erst jetzt – in der Obama-Ära – zustandekommen und die letzten Zweifler /13/ eines Besseren belehren.

 

Die Haltung der Amerikaner zum Umweltschutz wird für uns Europäer erst verständlich, wenn man die historischen Besonderheiten jenseits des großen Teichs betrachtet. Doktorand Peter Schniering verweist darauf, dass für die USA eine der weltweit höchsten Mobilitätsraten charakteristisch ist. Diese betreffe beruflich bedingte Ortswechsel ebenso wie tägliche Pendleraktivitäten. Der hohe Stellenwert der Energie sei strukturell bedingt und habe mit der spezifischen Besiedlungs-, Wohn- und Transportsituation zu tun. Hierbei spielten nicht nur die geographischen Gegebenheiten der Vereinigten Staaten, die über Jahrzehnte verfügbaren billigen Kraftstoffe oder die Entwicklung der Automobilindustrie eine Rolle, sondern vor allem das Bestreben der US-Bürger, abseits der Citys in Vorstädten und auf dem Lande zu wohnen. Seit dem 2. Weltkrieg sei die individuelle Mobilität gegenüber dem breiteren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bevorzugt worden. Auch dieser Umstand habe dazu beigetragen, dass Amerikaner im Durchschnitt doppelt so viel Energie verbrauchen wie z.B. Deutsche. Den Problemen des Umweltschutzes – so sei den US-Bürgern jahrzehntelang suggeriert worden – könne man mit einem technologischen Kraftakt jederzeit beikommen /105/.

Die Folgen einer solchen Sachlage sind absehbar. Zum einen war Umweltschutz lange Zeit ein zweitrangiges, auf extrem schadstoffrelevante Orte bezogenes Thema. Zum anderen blieb individuelle Mobilität ein zwingender Bestandteil des allgemeinen Denkens. Jede verordnete Einschränkung der Beweglichkeit stößt deshalb nicht nur im Establisment, sondern auch beim Gros der Bürger auf massiven Widerstand.

Parallel findet – angetrieben von steigenden Ölpreisen – ein Paradigmenwechsel statt. Man fängt an, neue, kraftstoffsparende Autos und Hausgeräte zu konzipieren und beginnt, auch an weniger offensichtlichen Orten die Schadstoffbelastungen wahrzunehmen.

 

EU-Vertreter setzen jetzt verstärkt auf den Emissionshandel – wenngleich es dabei noch erheblich hapert. Ein Grund: die kostenlos an die Industrie vergebenen Zertifikate (Emissions- bzw. Verschmutzungsrechte). Im Übermaß verteilt, haben sie hierzulande zweifaches Unheil ausgelöst: die Einbindung eines virtuellen (nicht wirklichen) Aufwandes in die Stromkosten der Energiekonzerne und den Verfall der Zertifikate-Preise /1, 27/. So zahlen deutsche Stromkunden auch heute noch für Kosten (5 Mrd. Euro), die E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall überhaupt nicht entstanden sind /1/. Außerdem ist die geplante Steuerwirkung im Zertifikate-Handel erst einmal verspielt. Denn zu reichlich verteilte Papiere animieren niemanden zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Im Gegenteil: Sie ermöglichen zusätzlichen Ausstoß oder Verkaufs-Gewinne für Nichtstun. Vorerst profitieren die Konzerne also von der reichlichen Zertifikate-Ausstattung, und erst neue Investitionen und verordnete Einsparziele dürften sie nötigen, am entstehenden Handel teilzunehmen.

 

Alle CO2-Emittenten der EU werden mit Zertifikaten ausgestattet, die sie zum Ausstoß einer bestimmten Menge des »Klimakillers« berechtigen. Führen sie Maßnahmen ein, die eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes bewirken, können sie die überzählig gewordenen Zertifikate an der Börse verkaufen. Steigen ihre Emissionen, müssen Verschmutzungsrechte zugekauft werden. Eigentliches Ziel ist die Stimulierung der CO2-Vermeidung – ganz gleich, ob sie durch Modernisierung oder kompletten Strukturwandel (z.B. in Richtung alternativer Energien) erreicht wird. Probleme bereiten allerdings die Zuteilungsregeln – die auf die gegenwärtige und künftige Situation der verschiedenen Unternehmen abgestellt sein sollten – andererseits aber auch als Katalysator für den Strukturwandel wirken müssten. Derzeit erhalten deutsche Braunkohlekraftwerke (die »Dreckschleudern« der Nation) mehr Verschmutzungsrechte als Steinkohle- und Gaskraftwerke – und ältere Produktionsstätten mehr als neu zu errichtende. Die dabei fällige Gratwanderung ist offensichtlich. Einmal darf nicht zu knapp ausgeteilt werden, weil das das Aus der betroffenen Betriebe bedeuten würde – andererseits aber auch nicht zu großzügig, weil dies zum Nichtstun animierte.

Demnächst soll es in Deutschland zum Verkauf/zur Versteigerung von Zertifikaten kommen – allerdings nur in geringem Umfang (knapp 9 %). Erst für 2013 wird die vollständige Versteigerung ins Auge gefasst. Bleibt zu hoffen, dass die zunehmende Verknappung schon bald zu brauchbaren Preisen für diese Papiere führt. Das ist mit Blick auf die gegenwärtige Situation keineswegs sicher. Immerhin werden mittelfristig mindestens 20-30 Euro/t CO2 benötigt, um Klimainvestitionen lohnenswert zu machen /1/.

Der BUND hat die Bevorzugung von Kohlekraftwerken im sogenannten Zuteilungsgesetz scharf kritisiert. Besonders klimaschädliche Braunkohlekraftwerke erhielten 10 % mehr Verschmutzungsrechte als Steinkohlekraftwerke und diese wiederum doppelt so viele wie umweltfreundlichere Gaskraftwerke. Er fordert, allen Kraftwerken je Kilowattstunde Stromerzeugung die gleiche Anzahl Zertifikate zuzuweisen. Dabei dürfe der maximal anzurechnende CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde 500 Gramm nicht überschreiten /103/.

 

Ob es letztlich gelingt, den Emissionshandel auch weltweit in Szene zu setzen und ihn auf weitere Bereiche (z. B. Flug- und Schiffsverkehr /77/) auszudehnen, bleibt vorerst offen. Die Zeichen sprechen dafür. Doch auch hier blockieren vor allem die USA und China.

 

Was liegt näher, als den Emissionshandel auch auf CO2-Speicherung und Sauerstofferzeugung auszuweiten? Precious Woods, ein international agierendes Unternehmen, ist im November 2007 für Anpflanzungen in Nicaragua (2.000 ha) zertifiziert worden. Das Unternehmen berechnet die durch seine Aktivitäten erreichte Bindung von Kohlendioxid, aber auch die Erzeugung von Sauerstoff. Eintausend Bäume (Höhe: 26 m, Umfang: 23,5 cm) – so die Akteure – verbrauchen im Jahr 100.000 Tonnen CO2 und spenden gleichzeitig Atemluft für 400 Menschen /27, 29/.

 

Bei allem Vorpreschen auf der einen und Bremsen auf der anderen Seite ist die Situation weitgehend klar: Die Welt muss das Verbrennen fossiler Energieträger einschränken und gleichzeitig umweltfreundlich gestalten. Eine solche Forderung ist angesichts schwindender Ressourcen mehr als billig, und niemand kann etwas falsch machen – ganz gleich, welche Wirkungen das CO2 auf die Entwicklung unseres Klimas hat. Dass sich braun- und steinkohleverstromende deutsche Konzerne auch mit dieser Wegweisung schwer tun, liegt auf der Hand. Kein Wunder, wenn die Bundesregierung deshalb in schmerzhaftem Spagat steht:

 

Die Global Player von heute scheuen sich nicht, ihre Produktionsstätten dort aufzumachen, wo der Umweltschutz keine Rolle spielt. Als Emittenten stehen sie im Heimatland glänzend da. Für die Gesamtwelt aber sind sie nichts weiter als üble TrickTäter.

 

zwischen Importeinsparung (fossile Energieträger) und Arbeitsplatzsicherung einerseits und Umweltschutz andererseits. Diese »Krampfhaltung« dürfte erst dann überwunden werden, wenn grüne Energien eine echte Alternative als Stromspender und Arbeitgeber darstellen. Vorerst ist Umweltminister Gabriel darauf aus, eine Verbesserung der Wirkungsgrade bei der Verstromung, die Nutzung entstehender Abwärme (KWK) und die Reduzierung der Emissionen bei konventionellen Anlagen zu erreichen – und das Geld der Steuerzahler für Strom aus Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie »freizuschießen«. Sein Hinweis darauf, dass neu entstehendes Know-how einen Technologie-Transfer auch in die Länder ermöglichte, die langfristig auf Kohle als entscheidenden Energieträger angewiesen sind (China, Australien etc.), ist richtig – löst angesichts der Kostenrechnungen für regenerative Energien aber keinen Erdrutsch aus.

 

Mathias Horx, bekannter Zukunftsforscher aus Österreich, schlägt sich auch in Umweltfragen auf die Seite der Konservativen. Er bezichtigt die Mehrheit der Wissenschaftler, ein Dogma zu errichten, das konträre Auffassungen abklemmt. Statt zu fragen, wer von andauernden CO2-Emissionen profitiert, schlägt er auf die Gegner ein. Sie – so sein Vorwurf – inszenierten das Katastrophentheater, um sich beim Umweltschutz zu bereichern /30, 37/.

 

Wenn beim Weltklima ab sofort gegengesteuert würde, kostete das jährlich nur etwa 1 % des Welt-Bruttosozialproduktes. Müsste das später zwanghaft geschehen, hätte man es schnell mit 5-20 % (280 – 800 Mrd. US-$), bei extremen Szenarien sogar mit 35 % zu tun. So die Zahlen, die Sir Nicholas Stern in seinem spektakulären Report im November 2007 preisgab /45, 55, 56/. Ähnlich formulierte der IPCC. Er glaubt, sein für 2050 anvisiertes Temperaturziel von maximal + 2 bis + 2,4°C erreichen zu können, wenn jährlich etwa 0,12 % des weltweiten Wachstumseffektes für klimaschützende Maßnahmen investiert würden/1, 41/. Schnelles und ausdauerndes Handeln sind demnach angesagt. Doch so verlockend Sterns eines Prozent klingt – es repräsentiert einen Durchschnittswert. Durchschnittswerte aber verschleiern: Verteilungen, Scheren und Diskrepanzen – so auch hier. Denn großen Umweltsündern müssten sehr viel strengere Auflagen und damit Investitionsanstrengungen zugewiesen werden als kleinen. Hinzukommt, dass arme Länder zu einem wirksamen Umweltschutz gar nicht fähig sind /19/. Denn ihnen geht es wie armen Menschen. Auch sie können weder für den Umweltschutz sensibilisiert noch für entsprechende Mehrausgaben begeistert werden. So marginal das eine Prozent auch ausschaut. Es sagt wenig über wirkliche Realisierungschancen.

 

Guillaume Paoli: »…Wir, die heute am Leben sind, besitzen das schwindelerregende Privileg, an die Spitze der moralischen Verantwortung gelangt zu sein. Die Generationen vor uns wussten nicht, was sie taten. Die nachkommenden werden wahrscheinlich gegen die Folgen unserer Handlungen nichts mehr tun können. Wir allein wissen und können zugleich. Oder zumindest wissen wir, dass wir können sollten« /3/.

 

Während alle Welt über die Reduktion von Emissionen diskutiert, gelangen andere Umweltsünden (Verschmutzung der Flüsse und Meere, Versalzen der Böden etc.)  nur sporadisch in unser Bewusstsein. Zwar werden auch sie in zahllosen wissenschaftlichen Abhandlungen benannt, doch in den Medien tauchen sie kaum auf. Vorerst jedenfalls scheinen sie die Existenz der Menschheit weniger zu bedrohen als sechs Gase. Gut möglich, dass sie deshalb auch künftig im Schatten der Klimadebatte verbleiben – völlig zu Unrecht.

Sicher bedarf es einer gewaltigen Kraft, die Folgen menschlichen Raubbaus generell zu tilgen. Diese Kraft ist endlich. Und so wird man zwangläufig Prioritäten setzen. Doch nicht jede Schadstoffbeseitigung bedarf riesiger Investitionen. Vielfach genügen schon Gesetze, um dem Übel vorzubeugen. Und so wäre Publizität durchaus angebracht. Beseitigung freilich ist immer an Mittel gebunden, und die müssten naturgemäß diejenigen aufbringen, die den Schaden anrichten. Auch das lässt sich einfach hinschreiben. Denn es sind nicht nur die Konzerne in den hoch industrialisierten Ländern, die für Umweltverschmutzung stehen … und heute in der Regel durch wirksame Gesetze verpflichtet oder zur Kasse gebeten werden. Oft trifft das genaue Gegenteil zu. Vielfach werden

 

Im Juni 2008 einigten sich die EU-Agrarminister darauf, den Einsatz von krebserregenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsschädigenden Pestiziden zu verbieten. Was Proteste, vor allem bei den Produzenten, hervorrief. Die – so der Industrieverband ECPA – müssten 7 % ihrer Erzeugnisse vom Markt nehmen. Derzeit – so schätzt das EU-Parlament – werden in der EU ca. 220.000 Tonnen Pestizide pro Jahr eingesetzt, 30.000 Tonnen in Deutschland /137/.

Fast zeitgleich verabschiedete das Europaparlament eine neue EU-Abfallrichtlinie, nach der bis 2020 alle Länder mindestens 50 % der Glas-, Papier-, Plastik- und Metallabfälle aus dem Hausmüll sowie 70 % des Bauschutts wiederverwerten müssen /138/.

Beide Vorlagen bedürfen noch der Bestätigung – im ersten Fall der des EU-Parlaments, im zweiten der der Mitgliedsländer.

 

Land, Flüsse und Meere aus wirtschaftlicher Not heraus kontaminiert oder vernichtet. Vorgänge dieser Art finden sich vor allem in armen Ländern, in denen ein akuter Mangel an Wasser, Düngemitteln und Devisen herrscht – und die zudem jährlich von furchtbaren Naturkatastrophen betroffen sind. Vor Ort versalzen die Böden, wird fruchtbare Ackerkrume in die Flüsse geschwemmt, werden in der Folge Wälder abgeholzt, um neues Ackerland zu gewinnen. Anderswo gelangen giftige Abfallstoffe unaufbereitet in Flüsse, Seen und Meere. Zu allem Übel vernachlässigt man Nahrungsmittelaussaaten, um über Energiepflanzen Devisen zu erwirtschaften. »Findige« Abendländer helfen dann auch noch. Sie entdecken Müllablageplätze, auf denen sie kostengünstig die Abfälle moderner Industriegesellschaften umweltfeindlich entsorgen können.

 

Allein nach Nigeria wurden Monat für Monat 2.600 t giftiger Elektro-/ Elektronik-Müll verschifft – aus den Industriestaaten /2/.

 

Diese Beispiele lassen sich endlos fortsetzen. Verhängnisvolle Senken (Deponieorte für Schadstoffe) gibt es fast überall auf der Welt – in der sibirischen Taiga/Russland (Ölseen) /66/, vor Murmansk und Kamschatka, bei Semipatatinsk/Russland, in Nevada/USA und am Bikini-Atoll (marode Atom-U-Boote, Rückstände aus Kernwaffentests) /67/), bei Sumgayit/Aserbaidschan, in Sukinda und Vapi/ Indien, in Calama/Chile (Chemiebrachen), in Kabwe/Sambia (Schwermetallgifte) /74, 78/, im Jangtse, Ganges, Niger und Nil /68–71/, in den Weltmeeren (sie werden jährlich mit 600.000 t Erdöl verseucht) /58/ und … und … und.

Auch bei uns sind sie durchaus präsent (Abfälle aus Kernkraftwerken, Deponien der Chemie- und Elektronik-Industrie etc.), wenngleich gut beobachtet.

 

US-Wissenschaftler haben Ehescheidungen aus einer völlig neuen Richtung heraus bewertet. Die Trennungen seien dafür verantwortlich, dass jenseits des großen Teichs ein erheblicher, umweltrelevanter Mehrbedarf bestehe: 38 Millionen Zimmer, 73 Milliarden Kilowattstunden und 2,3 Billionen Liter Wasser – pro Jahr /15/.

 

Es wäre falsch, den Raubbau an unserer Umwelt als singuläres Phänomen – regional und ohne Beachtung der Wechselwirkungen zu betrachten. Feststellungen wie die, dass deutsche Sommer partyfreundlicher und die Heizkosten sinken würden /36/, dass man bald südliche Rebsorten anbauen könne, sind da ebenso fehl am Platze wie horrorverbreitende  Kommentare zu Dürre- und Überschwem-

mungskatastrophen /30/. Nein: Solche Botschaften helfen nicht weiter. Im Gegenteil: Sie suggerieren, dass schon in Kürze weniger Öl, Gas und Strom benötigt würden und wir uns nur auf italienische Verhältnisse einrichten müssten – mit einigen Abstrichen (Ostdeutschland). Das aber wäre ein dekadentes Spiel – mit nationalem Egoismus, vorverlegter Zukunft, und falscher Sorglosigkeit.

 

Die Ausbeutung von Rohstoffen ist vor allem in unterentwickelten Ländern mit gravierenden Umweltschäden verbunden. Vielfach sind es ökologisch wertvolle Landschaften, die durch riesige Tagebaue (Kupfer, Kohle etc.) in wahre Wüsten verwandelt werden. Die an der Ausbeutung beteiligten Konzerne weigern sich in der Regel, nach Ausschöpfen der Quellen für die Renaturierung zu sorgen bzw. das dafür notwendige Geld im Land zu lassen.

Bezeichnend ist die von der Atomlobby losgetretene These zu Uranminen, die angeblich sehr viel weniger Natur zerstören als Kohleminen. Angezogen wird der pro Kubikmeter Abraum erzielbare Energiegewinn. Obwohl die Argumentation formal richtig ist, wird mit ihr Dummenpulver gestreut. Denn relevant ist sie nur dort, wo Kohle für Uran im Boden bleibt – oder Alternativen überhaupt gegeben sind. Und sie laviert an der Tatsache vorbei, dass natürlich auch für Uran gigantisches Erdreich bewegt werden muss. Denn der Erzgehalt vieler Minen bewegt sich bei 0,1 % – ganz zu schweigen von der Verstrahlung der Minieros, vor allem in Zonen der Anreicherung.

Ebenso hanebüchen sind Argumentationen, die die Uranabschöpfung beispielsweise in Kupferminen (Olympic Dam/ Australien) als Akt des Umweltschutzes hochloben – weil dieses Uran, würde es nicht entnommen, die Abfallströme belastete /256/. Hier scheint, als seien Heilsbringer am Werk. Zweifellos wird anders herum ein Schuh daraus: Die Abschöpfung des »strahlenden Gutes« lohnt sich.

 

Geschönte Argumente im Wechsel mit kickgeschwängerten Unheilsbotschaften mögen medientauglich sein. Für eine globale Sicht auf unseren Planeten hingegen sind sie untauglich. Dass Luft und Wasser länderübergreifend kontaminiert werden, auch wenn das nicht vor unseren Toren geschieht – ist eine Binsenweisheit. Irgendwann sind auch wir betroffen.

 

Umweltschäden können sich durchaus auch gegenseitig fördern und dann mehr Unheil anrichten, als die Summe der Einzeleffekte erwarten lässt. Gletscher, einmal abgeschmolzen, geben dunkle Flächen preis, die sich stärker erwärmen und die Schmelze beschleunigen. Die Rodung der Urwälder, vor allem die Brandrodung, schlägt ebenfalls komplex zu. Durch sie wird nicht nur die wichtige Bin-dung von CO2 in pflanzlichen Speichern reduziert. Sie steht auch für den schonungslosen Umgang, ja für die Aufgabe ehemals genutzter Flächen. Werden die Wälder dann auch verheizt, verschwinden Ressourcen, explodieren Temperaturen und jagen Schadstoffe in die Atmosphäre. Selbst fahrlässig angebohrte Methanblasen im Meer (Mobilöl 1991 /46/) verstärken den Treibhauseffekt. Erhöhte Durchschnittstemperaturen schließlich führen zum Auftauen der Permafrostböden, die ihrerseits Methan abgeben und die Erwärmung weiter antreiben. Hinzu kommen Bergstürze mit akuter Gefährdung von Siedlungsgebieten.

 

Die Globalisierung hat Welthandel und Tourismus immens auf Touren gebracht – und damit gleichzeitig eine weltweite Wanderung von Pflanzen und Tieren ausgelöst. An Schiffsrümpfen festgesetzte Muscheln und Algen ankern heute entfernt von den ursprünglichen Siedlungsgebieten. Und mitgeschleppter Samen streut sich auf fremde Äcker. Oft mit der Folge, dass die Ökosysteme am Zielort kontaminiert oder zerstört werden. Ausgesetzte Papageien, Barracudas, Schlangen treiben in den Städten der Industrieländer ihr Unwesen, und manches in die Abwässerkanäle entsorgte Krokodil frisst heute Ratten statt Gnus.

 

Das Abschmelzen des Eises – vor allem an den Polen und in Grönland – führt zu einem steigenden Süßwasserzufluss in die Weltmeere. Mit der Folge, dass die thermohaline Zirkulation (globales Förderband der Meeresströmungen), die fast ausschließlich von Temperatur und Salzgehalt des Wassers bestimmt wird, nachhaltig gestört wird. Ein Beispiel sind die Vorgänge in der Arktis, wo die Temperatur im zurückliegenden Jahrzehnt besonders stark zulegte (+ 3°) /24/ und zur negativen Beeinflussung des Golfstroms führte /27/. Ähnliches – so maßgebliche Forscher – löse die Erwärmung in der Antarktis (+ 2˚C seit 1987/27/) aus.

 

Allein Grönland verliert jährlich das Volumen des gesamten Alpeneises.

 

Ozeane binden – vor allem über Algen – Unmengen an CO2. Doch wenn sie zunehmend stärkeren Stürmen ausgesetzt seien, gelange CO2-reiches Wasser an die Oberflächen. Dieses gebe eher Kohlendioxyd ab als dass es welches aufnehme – so jedenfalls die Forscher vom Max Planck-Institut Jena. Sie waren es auch, die im südlichen Ozean eine um fünf bis 30 % geringere CO2-Absorption ausgemacht haben /40/. Die allgemeine Gefährdung des Gleichgewichts dürfte nicht nur neue Wetterbedingungen – vor allem Stürme /27/ – sondern auch weitere  Dürrezonen hervorbringen. Wenn die Statistik heute achtmal mehr

 

Ohne den Einsatz engagierter Verbände, Naturschutzorganisationen und NGO sähe es mit Umwelt und Welternährung weit schlimmer aus. Während Greenpeace, Cap Anamur und die Welthungerhilfe fast wöchentlich für Schlagzeilen sorgen, arbeiten andere eher unauffällig. Bemerkenswert ist das von Benjamin Adrion (ehemaliger Fußballspieler des FC Sankt Pauli) ins Leben gerufene Charityprojekt VIVA CON AGUA de Sankt Pauli. Es finanziert aus selbst initiierten Veranstaltungen (Fußballspiele, Konzerte, Events etc.) Trinkwasserprojekte in Afrika – www. vivaconagua.org/ /120/.

 

Naturkatastrophen, davon achtmal mehr Flutkatastrophen und zehnmal mehr unkontrollierte Feuersbrünste, ausweist als vor 40 Jahren /2/ – dann passt dies genau ins Gesamtbild. Auch die Münchener Rückversicherung kann davon ein Lied singen /27/.

Dass Flora und Fauna durch die Umweltzerstörung ebenfalls Schaden nehmen, liegt auf der Hand. 40 % aller untersuchten Tier- und Pflanzenarten sind derzeit vom Aussterben bedroht /2/. Eisbären und Gorillas verlieren ihre Jagdgründe, Urwaldtiere verenden, ganze Arten – manche von ihnen noch gar nicht entdeckt – werden ausgelöscht.

 

Wer das nötige Kleingeld parat hat, sollte sich bemühen, in Südamerika oder Afrika ein paar Hektar Urwald zu kaufen, um dadurch dem Klimaschutz und dem Erhalt von Pflanzen und Tieren zu nützen. Der Esprit-Gründer Douglas Tompkins, jetzt Millionär, Aussteiger und Umweltaktivist, macht es vor. Er kaufte gemeinsam mit seiner Frau in Chile und Argentinien 12.000 km2 Land, die er zu einem länderübergreifenden Naturpark ausbauen will. Im Juni 2008 wurde beiden in Frankfurt/Main der höchst dotierte deutsche Umweltpreis verliehen /131/.

Tragen Sie dazu bei, dass der Intag/Equador zur bergbaufreien Zone wird, helfen Sie, einen Tropenwald-Ranger zum Schutz des Urwalds anzustellen, verschenken Sie Regenwald für Orang-Utans oder unterstützen Sie das Dorf Karang Mendapo/Indonesien gegen die Machenschaften der Palmölkonzerne – mit einer Spende! Der Kontakt ist schnell hergestellt: www.regenwald.org/spenden.php?id=18.

 

Auch die Meere sind weiträumig betroffen. Sie werden wärmer und mit höherem CO2-Gehalt der Atmosphäre/des Wassers gleichzeitig saurer. Ihre Düngung durch Wüstenstäube (Mineralien) wird unstetig. All das führt nicht nur zur Störung der Algenpopulation und zwangsweiser Wanderung von Tieren und Pflanzen in nördlichere/südlichere Gewässer bzw. zu neu auszumachenden, wechselnden Nahrungsquellen. Es generiert in vielen Meeren auch ein verhängnisvolles Quallenwachstum, die Unfähigkeit kalkhaltige Skelette zu bilden und führt zum allmählichen Absterben von Korallen /35/. Viele Fische – vom Menschen ohnehin gnadenlos dezimiert /2, 57–59/ – werden dadurch verdrängt oder verlieren ihre Nahrungsgrundlage.

 

Vision 2015: Eine UN-Satzung reformiert den weltweiten Fischfang. Neben einer radikalen Reduzierung der Fangquoten kommt es zur Festschreibung von Schutzgebieten in internationalen Gewässern. Der Abkauf von Fischereirechten in Entwicklungsländern /95, 96/ wird verboten.

 

 

Hinzu kommen verschleppte Pflanzen und Tiere (Schiffsverkehr), die in völlig neuen Ökosystemen ankern und massive Schäden anrichten. Hier mag man einwenden, dass diese Vorgänge langsam verlaufen. Das stimmt. Aber massive, oft vom Wildwuchs geprägte Veränderungen gibt es bereits heute /27/.

Apropros Meere: Neuerdings gibt es Versuche, sie künstlich zu düngen, um das Algenwachstum gezielt zu fördern /27/. Zwar schlucken Algen etwa 50 % des weltweiten CO2 – und weitere von ihnen könnten mehr davon aufzunehmen /34/. Doch ob sie auch planvoll sterben und den Klimakiller an den Meeresböden ablagern, ist zweifelhaft.

 

Tamás Marghescu, Umweltmanager einer internationalen Umweltorganisation:  »Es gibt in unserer Gesellschaft einen stillen Konsens, was die Zerstörung der Natur angeht« /112/.

 

Die Versuche, der Überfischung der Weltmeere mit künstlichen Fischfarmen zu begegnen, werden von Umweltschützern mehrheitlich abgelehnt. Weil sich sowohl in den riesigen Becken als auch in abgezäunten Meeres- und Seenbereichen sehr schnell Krankheiten ausbreiten – die man dann mit Antibiotika bekämpft. Im Gegensatz dazu könnten Experimente mit schwimmenden Aufzugkäfigen durchaus Erfolg bringen. Diese Behälter werden heute zunächst versuchsweise im Meer ausgesetzt und mit kleinen Antrieben in Strömungen lanciert. So befördert, ließen sich Fische um den gesamten Erdball tragen. Von Vorteil ist das sehr viel sauberere Wasser.

Interessant sind auch Versuche, die Fischzucht in Städte zu verlegen (»City-Fisch«), um aufwendige Transporte zum Verbraucher zu vermeiden. Leer stehende Hallen und Fabrikgebäude wären sinnvolle Anlaufpunkte. Wichtig bei dieser Zuchtvariante sind geschlossene, gut belüftete Kreislaufsysteme mit Selbstreinigung (z.B. durch Heilpflanzen) /51/.

 

Zur Herstellung eines Liters Biotreibstoff sollen eintausend, zur Fertigung eines Baumwoll-T-Shirts zweitausendsiebenhundert, zum Anbau von einem Kilo Weizen viertausend und zur Produktion von einem Kilo Rindfleisch sechzehntausend Liter Wasser benötigt werden /107/.

 

Überhaupt steht das Wasser, nicht nur weil es 71 % der Erdoberfläche bedeckt, im Blickpunkt menschlichen Interesses. Es ist wichtiger als Erdöl, schon weil es das unverzichtbarste Lebensmittel des Menschen darstellt. Umso naheliegender ist, dass wir es erhalten, aufbereiten und sinnvoll verwenden. Heute wird knapp 20 % der Erdbevölkerung der Zugang zu sauberem Trinkwasser vorenthalten /107, 108/. Andererseits schöpft man an anderen Orten aus fossilen Quellen (unterirdische Reservoire, Gletscher), die nicht wiederbefüllt werden oder dauerhaft abschmelzen. In Peking beispielsweise führt die rigorose Entnahme des wichtigen Nass dazu, dass der Wasserspiegel täglich um einen halben Meter fällt. Saudi Arabien hat in den 80er Jahren eine große »Wasserblase« unter der Wüste angezapft, um Weizen anzubauen und Kühe zu halten. Heute ist das Wasser aufgebraucht, und Weizen und Kühe sind verschwunden /47/. Ähnlich übel hat es Farmer in Australien, Gemüsebauern in Spanien und Menschen in afrikanischen Dürregebieten erwischt. Fehlender Regen und die Übernutzung der Böden haben natürliche Seen/Sümpfe und Millionen von einstmals angelegten Brunnen »trockengelegt« /54/.

 

Ein Hoffnungsschimmer für die Dritte Welt: In PET-Flaschen enthaltenes Wasser soll durch Sonneneinstrahlung desinfiziert werden, weil das ultraviolette Licht die Hülle von Krankheitserregern zerstört und wichtige Proteine vernetzt. Das haben Mikrobiologen der Eidgenössischen Hochschule Zürich herausgefunden /108/. Ein vergleichbarer Effekt ist durch den Einsatz von Fotozelle und Leuchtdiode (Preis: 1-2 Euro) erreichbar.

 

Die Bodenerosion – so eine UN-Expertise – bedrohe heute mehr als eine Milliarde Menschen in über 100 Ländern /81/. Und ein weiteres wichtiges Moment kommt hinzu: die Verstädterung – vor allem in Drittwelt- und Schwellenländern. Sie nämlich bewirkt die Erhöhung des Wasserverbrauchs um bis zu 40 % /58/. Hinzu kommt, dass die Versiegelung der Flächen (durch Landwirtschaft und Verstädterung) den natürlichen Wasserkreislauf verändert und störende Mikroklimata – mit Unwettern und Stürmen – erzeugt /86, 128/.

 

2030 – so die Prognose verschiedener Wissenschaftler – könnten zwei Drittel aller Menschen in Städten leben. Vielfach wären dann riesenhafte Slums vorprogrammiert. Bereits heute leben mehr als 500 Millionen Asiaten unter solchen Bedingungen. Da muten Utopien von autofreien Städten nahezu grotesk an. Aber unsere Welt ist zweigeteilt, und das dürfte sich vorerst nicht ändern. So bleibt durchaus Raum für kontrastreiches Nebeneinander.

London hat bereits 2003 den ersten Schritt in die »verkehrsberuhigte Zukunft« präsentiert: mit einer extrem teuren Maut fürs Befahren der Innenstadt – die den meisten nicht weh tut. Denn die britische Hauptstadt verfügt über das größte U-Bahn-Netz der Welt (3 Millionen Passagiere/ Tag) und 700 Buslinien (6 Millionen Passagiere/Tag) /129/.

In Japan – man mag es nicht glauben – wird das Auto zum Auslaufmodell. So jedenfalls die Vermutung von Buchautor Yoshihiro Kimura, der die Verkehrsverhältnisse in Japans Großstädten schon jetzt für katastrophal hält. Der Staat tue alles, um die Situation weiter zu verschärfen – und die Bürger vom Autofahren abzubringen. Eine kilometerunabhängige schmerzhafte Maut, hohe Parkplatzgebühren, Parkzonenüberwachungsgeräte und staufördernde Verkehrsführungen, aber auch Navigationsgeräte, die nur im Stillstand funktionieren, und Handys ohne Bluetooth-Funktion führen bei vielen Bürgern zur völligen Entnervung. Doch auch die öffentlichen Verkehrsmittel sind hoffnugslos überfüllt. Höchste Zeit, sich um völlig neue Lösungen zu kümmern. Das Segway – ein großrädriger Roller mit Elektroantrieb – könnte eine solche sein. Es ist in der Lage, jeweils eine Person bei niedriger Geschwindigkeit zu bewegen. Jetzt wird auch in anderen Ländern um die Zulassungsbedingungen für dieses Gefährt gestritten. Darf es auf Fußwegen bewegt werden, und wenn ja, mit welcher Geschwindigkeit? Welche Gefährdungen gibt es, und welches Zulassungsverfahren ist erforderlich? /144/.

 

Trinkwasser könnte schneller als Öl aufgebraucht sein. Auch deshalb ist die Begeisterung für Biokraftstoffe und billige Steaks ökologischer Wahnsinn, denn beides säuft Wasser ohne Ende. Der größte Verschwender ist die Landwirtschaft. Sie verschlingt ca. 90 % des Süßwassers … und zahlt kaum etwas dafür. Kaum irgendwo in der Welt sind Wasserbedarf und Zuteilung optimal aufeinander abgestimmt. Kostenträchtige Brauchwassersysteme scheut man.

 

Experten warnen: Auch unser Trinkwasser sei bedroht – durch eingeschleuste Medikamente-Cocktails. Viele der entsorgten Beta-Blocker, Schmerz- und Röntgenkontrastmittel, Hormone und Antibiotika können bei der Aufbereitung nicht restlos entfernt werden. Dabei laufen wir Gefahr, auf diese Stoffe zu reagieren – u. a. mit Resistenzen. Gleiche Medikamente könnten – bei medizinischen Behandlungen eingesetzt – wirkungslos werden /117/.

Die Grundrechts-Charta der UN sieht für jeden Menschen eine Mindestversorgung von 25 Litern pro Tag vor. Der tatsächliche Verbrauch liegt in den Industrieländern zwischen 5.000 und 8.000 Litern pro Tag. Ein großer Teil davon wird in Form von Fleisch konsumiert /47/. Höchste Zeit also, diesen Raubbau zu beenden.

In vielen Teilen der Welt dürfte es mittelfristig strenge Vorschriften für den rationellen Umgang mit Wasser geben. Sie werden die strikte Anpassung der Wasserqualität an die Nutzungsanforderungen, den Einsatz der Tröpfchenbewässerung, die Installation von Wasserspareinrichtungen, das Abdichten von Lecks, eine umfassendere Wiederaufbereitung von Wasser, progressive Wassertarife und das Auffangen von Wasser in Stadtgebieten vorschreiben /59/. Das sieht nach strenger Regulierung aus – ist aber unvermeidbar. Auch uns Deutsche betrifft das. Schon in absehbarer Zeit dürfte die Elbe nie gekannte Niedrigwasserstände erreichen, und wenn es hart kommt, gänzlich austrocknen. Ost-, aber auch Norddeutschland stehen langfristig auf der Dürre-Agenda /39, 48/.

 

Vision 2015: Die Mitgliedstaaten der UNO verabschieden eine Konvention, nach der die länderübergreifende Nutzung von Flüssen und großen Gewässern geregelt wird. Das betrifft Staudammvorhaben ebenso wie Fischereirechte – und schließt Sanktionen ein.

 

Die Meerwasserentsalzung – eine Technologie zur zusätzlichen Wasserbereitstellung – ist teuer. Sie bleibt vorerst den reichen Industriestaaten oder Emiraten im Nahen Osten vorbehalten /58/. Erst die erfolgreiche Installation hocheffektiver Solartechnik wird sie im Rahmen von Entwicklungshilfe auch für arme Länder im Süden zugänglich machen.

 

Der biologische Landbau verhindert das Auslaugen der Böden. Durch Zwischenbegrünen der Flächen und anschließendes Umpflügen (Boden-Ruhejahr) wird Humus geschaffen. Der bindet auch CO2.

 

Über den weltweiten Landverbrauch ist  bereits berichtet worden. Auch er stellt – insbesondere was die Übernutzung von Böden anbelangt – eine Bedrohung für die Umwelt dar. Weil ganze Ökosysteme im verhängnisvollen Dreieck Nahrungsgüterbedarf/Rodung/Versalzung vernichtet, zumindest aber in Frage gestellt werden.

 

Vision 2015: Auf der Klimakonferenz in Kuala Lumpur verständigen sich 214 Nationen auf die Ächtung der Brandrodung. Gleichzeitig wird ein neuer Umweltfond gegründet, der Kompensationszahlungen für die Länder vorsieht, die ihre Nahrungsgüter auf Basis von Urwaldraubbau sichern mussten. Die auszureichenden Gelder müssen für die Renaturierung degradierter Flächen, biologischen Anbau und nachhaltige Bewässerung verwendet werden.

 

Die Landnahme wird durch die Vergrößerung menschlicher Siedlungsfläche, rigorose Ausbeutung von Bodenschätzen /60/, Überweidung der Wiesen und Ausdehnung von Trockengebieten weiter forciert – und zeitigt dabei noch weitere Übel: die Vergiftung von Boden, Flüssen, Seen und Meeren durch zahllose Chemikalien. So gibt es in den großen Gewässern der Erde 61 große tote Zonen, in denen das gesamte Wasserleben zerstört ist. Nur zögernd wird dieser Misere in Drittwelt- und Schwellenländern entgegengewirkt – durch Anlegen von Terrassen, Konturpflügen, Kompostierung, Fruchtwechsel, Zwischenfruchtanbau und kombiniertes Beieinander von Feldfrüchten und langfristig nutzbaren Bäumen (in Hitzegebieten) /59/.

 

Das Vordringen der Wüsten stellt eine ernsthafte Bedrohung für viele Menschen dar. Zwei Milliarden Hektar Ackerland werden dadurch heute mehr oder weniger stark bedroht. Jedes Jahr kommen fünf bis sieben Millionen Hektar hinzu /115/. Dieses Areal entspricht in etwa der doppelten Fläche von Nordrhein-Westfalen.

Zehn Staaten in Afrika sind dabei, eine 5 Kilometer breite und 7.000 Kilometer lange »grüne Mauer« aus anspruchslosen Senegalakazien zu pflanzen, um der Verwüstung Einhalt zu gebieten. Sie soll vom Senegal bis zum Horn von Afrika reichen /116/. Ein ähnliches Projekt gibt es in China. Die dort im Aufbau befindliche »grüne chinesische Mauer« soll eine Linie von der Inneren Mongolei bis Peking beschreiben (4.500 km) /135/.

 

Eine Folge von Raubbau und Klimawandel ist die Flucht von Menschen, die, ihrer Existenz beraubt, in wirtlichere Gebiete auswandern. Bereits jetzt – so der Klimabericht des IPCC – gehe es um 25 Millionen Migranten. Diese Zahl könne sich bis 2012 durchaus auf 50 Millionen, bis 2050 auf 200 Millionen erhöhen. Liefen die Dinge so weiter, dann werde diese Bewegung »biblische Ausmaße« annehmen und ganze Völkerwanderungen auslösen – mit dem Ergebnis, dass die Betroffenen in bereits überfüllten Städten siedeln, in Lagern vegetieren, an Ländergrenzen erschossen und von Aufnahmeländern diskriminiert werden /91–93/. Ihre Not auszumachen, ist nicht immer einfach, weil Wirtschaftsflüchtlinge den Fluss infiltrieren. Dabei sind die Grenzen oft fließend, weil der Drang nach wirtschaftlicher Besserstellung nicht immer von fundamentaler Not und Umweltkatastrophen ausgeht. Die Situation in Südeuropa – hier treffen ganze Heerscharen von Afrikanern z.B. auf Italien – wirft ein erstes, bezeichnendes Bild darauf, dass auch unser Kontinent maßgeblich von der »Bevölkerungsverschiebung« betroffen ist. Aber auch am Fuße des Himalaya (Nepal, China), in Bangladesch, auf den Malediven und auf anderen pazifischen Inseln müssen die Bewohner vor den Unbilden der entfesselten Natur weichen.

 

Die Verbrennung von Toten trägt zur Klimaerwärmung bei. Man solle die Toten – so ein australischer Wissenschaftler – besser in Pappsärgen unter Bäumen beerdigen /61/. Fragt sich, wie es dann dem Grundwasser ergeht.

 

Sinnvoller Umweltschutz, eine hohe Ressourcenproduktivität und nachhaltiger Konsum sollten heute im Fokus jedes staatlichen und privaten Handelns stehen. Sie sind ökologisch sinnvoll und können in den reichen Ländern der Erde auch ökonomisch/politisch verkraftet werden. Ob die Besinnung auf die gegebenen Ziele stattfindet, hängt von der weltweiten Wirtschaft, vor allem aber von uns Bürgern ab. Pekuniäre Anreize, verbunden mit einer strikten Gesetzgebung, müssen hier der Schlüssel für weitere Nachhaltigkeit sein.

 

Vision 2012: Auf Deutschlands Autobahnen gilt ein Tempolimit von zunächst 140 km/h. Das entsprechende Gesetz sieht eine weitere Absenkung im 5-Jahres-Rhythmus vor … auf letztendlich 120 km/h.

 

Bereits 2005 waren Umwelttechnologien zu 4 % (60 Milliarden Euro) am deutschen Gesamtumsatz beteiligt. Dieser Anteil soll sich – glaubt man einer Studie von Roland Berger – bis 2030 auf 16 % vervierfachen. Aber nicht nur diese wirtschaftliche Leistung ist bemerkenswert – auch der sie begleitende Beschäftigungseffekt. Beobachter schätzen, dass in der EU derzeit bis zu 2 Millionen Menschen im Umweltbereich (einschließlich Energieberatung usw.) tätig sind – davon allein 1,5 Millionen in Deutschland. Diese Zahl dürfte in Zukunft weiter wachsen – ebenso wie der Umsatz mit relevanten Techniken. Er wird  für 2030 weltweit auf 1 Billion Euro geschätzt /71/. Auch die Rahmenbedingungen für Investitionen werden zunehmend klarer gefasst – z. B. mit den 14 neuen Klimaschutzgesetzen (Energieeffizienz von Gebäuden) /79/, die Deutschland im Vorfeld von Bali verabschiedet hat. Diese Welle wird sich künftig weltweit ausbreiten. Auch die USA, China und Indien dürften über kurz oder lang auf diesen Zug aufspringen.

 

Vision 2050: China, die USA, Europa, Japan, Russland und Indien forcieren teils eigenständige, teils gemeinsame Projekte zur Beeinflussung des Wetters. Gegen den Widerstand der Restwelt. Weltweite Massendemonstrationen bewegen die UN-Vollversammlung, Sanktionen zu verhängen. Sie setzt sich damit gegen maßgebliche Vertreter des UN-Sicherheitsrates durch.

 

Umweltschutz bedarf der Anreize, aber auch der staatlichen Rahmenbedingungen. Vor allem aber müssen die Menschen mittun. Noch wird ihnen viel abverlangt, noch ist ihr Denken auf die alte Welt gerichtet. Doch schon bald werden sie begreifen, dass auch Natur kostet. Künftig werden Land, Wasser und Luft nur zu dem Preis zu haben sein, der ihre Reproduktion ermöglicht. Reale Kosten, die ganzheitlich bewerten, was der Mensch in Anspruch nimmt, werden das Bild bestimmen. Unsinnige Transporte wird es nur noch selten geben. Das Instrumentarium für den Umstieg ist die ökologische Steuerreform /60/. Mit ihr wird zwar zunächst  manches Produkt teurer – doch mit fortschreitender Wissenschaft und Technik sowie Nutzung der Skaleneffekte wieder preiswerter. Grundsätzlich muss es so sein, dass die Erträge aus anstehenden Gesetzespaketen ausschließlich der Umwelt zugute kommen. Was dreierlei heißt: mehr Haushaltsdisziplin, weitere Subventionierung der öffentlich organisierten Forschung, aber auch Stützung privater Initiativen.

Auch die Ökosteuer wird weit stärker als heute »zuschlagen«. Das mag viele frustrieren. Doch irgendwann werden wir begreifen, dass sie, richtig angewendet, der Preis für unser (gedeihliches) Fortleben ist.

 

Der Ölwechsel, der den Autofahrer in regelmäßigen Zyklen beschäftigt, trägt maßgeblich zur Umweltbelastung bei. Gute Motorenöle – so versichern Experten – halten heute bis zu zehn Jahren. Der maßlos betriebene Austausch mag für die Werkstätten wichtig sein. Doch er beschert allein in Deutschland 200 Millionen Liter Altöl – das keineswegs alt ist /82/.

 

Große, spritschluckende Fahrzeuge wird es auch in Zukunft geben. Doch ihre Nutzung dürfte sich enorm verteuern – um das Fünf- bis Zehnfache. Das Fliegen – bereits heute als extrem umweltschädlich erkannt /60, 75, 76/ – wird sich anders rechnen und den ausufernden Tourismus auf das Maß zurechtstutzen, das ihm zukommt. Die Besteuerung des Kerosins sowie die Einbindung des Luftverkehrs in den CO2-Handel stehen bereits vor der Tür. Ab 2012 müssen Luftfahrtunternehmen mindestens 15 % der Rechte für den Ausstoß von Kohlendioxid kaufen. Gleichzeitig soll der Treibhausgasausstoß auf zunächst 97 %, ab 2013 auf 95 % der Emissionen des jeweiligen Basisjahres (2004-2006) begrenzt werden – so zumindest schreibt es ein Kompromiss vor, der im Juni 2008 zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und dem Europaparlament getroffen wurde /110/.

 

In der EU beträgt der Anteil des Luftverkehrs am gesamten CO2-Ausstoß ca. 3 %. Die Emissionen sind im Vergleich zu anderen Branchen wesentlich stärker gestiegen: von 1990 bis 2003 allein um 73 % /110/.

Auch im Güterverkehr sieht es düster aus. Der ist in Deutschland zwischen 1990 und 2005 um 40 % gewachsen, was 33 % mehr Emissionen nach sich zog /64/.

Offenbar ist der Umweltschutz – besonders in diesen beiden Bereichen – weitgehend auf der Strecke geblieben.

 

Auch Wirtschaft und Industrie werden ihren Anteil leisten müssen – nicht nur auf übliche Weise – sondern mit Hilfe von Technologien, die subtituieren, sparen und schützen. In welchem Maße dies geschieht, wird davon abhängen, ob die Akteure rechtzeitig oder erst auf Druck hin bereit sind, ihr heutiges, renditeorientiertes Kurzfristdenken aufzugeben  und durch neue Modelle einer langfristigen Existenzsicherung zu ersetzen. Geschieht das, dann dürften Nanotechnik, Biotechnologie und Gentechnik ihr positives Entwicklungspotential voll ausspielen. Ihr Zusammenwirken wird, gekoppelt mit neuen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Technik (Quantenphysik etc.) Technologien hervorbringen, die alles Bisherige in den Schatten stellen. So dürfte es möglich werden, sowohl schädliche Abfälle als auch Treibhausgase klimaneutral zu neuen Wirk- und Wertstoffen zu verarbeiten. Hierbei werden genetisch manipulierte Mikroben und Bioroboter, aber auch neue chemische Prozesse zum Tragen kommen. Letztere werden nicht, wie heute vermutet, gigantische Mengen an Energie schlucken, sondern eher »sparend« ablaufen. Dank einer Katalyseforschung, die ab 2015 in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Unternehmungen rückt.

 

 

Auch der erdnahe Raum wird zum Müllplatz unserer Spezies. Zurzeit befinden sich etwa 6.000 Satelliten und Raumsonden im All, doch nur etwa 800 sind noch aktiv. Dazwischen schweben Trümmer, ausrangiertes Werkzeug, verlorene Bolzen etc. Insgesamt 12.000 fünf bis zehn Zentimeter große Schrottteile können von der Erde direkt ausgemacht werden. Hinzu kommen 400.000 (andere Quellen nennen sogar 500.000) Teile mit einem Durchmesser von mindestens einem Zentimeter. Obwohl die Fragmente mehrheitlich verglühen, drohen gefährliche Abstürze. Auch Kollisionen auf Umlaufbahnen hat es mehrfach gegeben. Von der Erde gesteuerte Ausweichmanöver sind extrem teuer /118, 143/.

 

Wer heute über das Web 2.0/3.0, nanogestützte Computer oder über die »bakteriengestützte« Begrünung der Wüsten nachdenkt /74/, wer Lösungen der Natur in die Technik transferiert, wer Nanoröhrchen für extrem beanspruchte Bauelemente tauglich macht, die letzten Hemmschwellen für die Wasserstoffwirtschaft angeht, an neuartigen Solarzellen laboriert und über neue Formen der nachhaltigen Landwirtschaft nachdenkt, ist auf genau dem richtigen Weg.

 

Vision 2040: Nano- und Biotechnikern gelingt es, mit Hilfe von Solarenergie und spezieller Katalysatoren den in CO2 befindlichen Kohlenstoff für unterschiedliche Verwendungen aufzubereiten und gleichzeitig Sauerstoff zu erzeugen. Sie lösen damit eine Revolution aus.

 

Vorerst aber geht es um die Verdrängung bestehender umweltschädigender Strukturen durch neue, nachhaltige. Kohlekraftwerke dürfte es in Deutschland ab 2020 nur noch in dem Maße geben, wie es effizienteste Verbrennungstechniken (Wirkungsgrade über 60%) und Separations- sowie  Einlagerungsmöglichkeiten bei CO2 vorgeben. Neubauten für konventionelle Kernkraftwerke werden – zumindest in Deutschland – am Widerstand der Bevölkerung scheitern. Im Ausland wird es sie weiterhin geben. Doch diese Zwischenlösung dürfte 2040 auslaufen und ab 2060 im weltweiten Energiemix jede Bedeutung verlieren.

Ganz im Gegenteil dazu werden die alternativen Energien ab 2015 – befördert durch ein massiv aufgestocktes Forschungsprogramm – ihren weltweiten Durchbruch erleben. Auch die Automobilindustrie wird einen revolutionären Wandel durchmachen. Selbst schwere Fahrzeuge, mit denen Deutschland derzeit vor allem im Export punktet, werden wenig Kraftstoffverbrauch verbrauchen (Ausschöpfung der chemisch/ physikalischen Grenzen ) – so dass sie EU-Plänen, den CO2-Ausstoß auf maximal 130 Gramm pro Kilometer zu begrenzen /127/, problemlos entsprechen können. Eine solche Vorhersage ist bereits aus heutiger Sicht realistisch –

 

Vision 2015: Das Bundeskabinett verabschiedet ein Gesetz, das umweltfreundlichen Grundstücksbesitzern steuerliche Vorteile verschafft, »Landversiegelungs-Fetischisten (Zubetonierer)« hingegen mit zusätzlichen Abgaben belegt. Maßstab ist u. a. der Pflanzenbestand.

 

wie Studien von der RWTH Aachen belegen (Golf GTI mit 5,0 Litern Spritverbrauch). Der Hybridantrieb wird keinesfalls auf Klein- und Mittelklassewagen beschränkt bleiben – sondern auch die Segmente Lieferfahrzeuge und Luxuskarossen erreichen. Denn es sind nicht die Techniker, die angesichts solcher Herausforderungen die Schultern zucken, sondern interessengesteuerte Allianzen – die bei steigenden Ölpreisen schon 2008 auseinanderzufallen begannen.

Wenn EU und Bundesregierung heute straffe Abgaswerte für die Zukunft formulieren, dann wird das auch neue Schöpferkraft freisetzen – im weltweiten Konsens – ohne nennenswerte Wettbewerbsverzerrung.

Auch im privaten Bereich werden Energie- und Wasserverschwendung schon bald der Vergangenheit angehören. Allein deshalb, weil die Preise für diese Güter stark ansteigen.

 

Die Wärmeversorgung eines gasbeheizten, 1970 errichteten durchschnittlichen Einfamilienhauses mit 150 m2 Wohnfläche verursachte einen CO2-Ausstoß von 10,7 Tonnen pro Jahr. Die Sanierung nach heutigem Neubau-Standard brächte eine Reduzierung der Emissionen auf 4,3 Tonnen, der Umbau auf ein Niedrigenergiehaus sogar auf 2,1 Tonnen pro Jahr (19,6 %) /124/.

 

Zunächst wird es schwer sein, die Energiesparmaßnahmen für bestehende Altbauten umzusetzen, weil die Anreize dafür nicht ausreichen. Hier muss künftig kräftig nachgebessert werden – bei der Subventionierung, der Darlehensvergabe und Besteuerung. Das Potential ist zu riesig, als dass man es aus falschem Geiz heraus brach liegen lassen könnte.

 

Minus: Die USA verbrauchen ca. 60 % des weltweit hergestellten Schnittholzes – das sind etwa 150 Millionen Kubikmeter im Jahr /73/. Plus: Hollywoodstar Brad Pitt baut 150 Ökohäuser in New Orleans /130/.

Für künftige Neubauten werden die gesetzlichen Vorschriften, Dämmung sowie Strom- und Wärmegewinnung betreffend, massiv verschärft. Andererseits sichern Zuschüsse, dass modernes Bauen nicht teurer wird als herkömmliches.

 

Die wirklich brisanten Wasserkonflikte entwickeln sich dort, wo aufgrund der Privatisierung der Wasserversorgung eine verzweifelte Gegenwehr der Betroffenen zu erwarten ist. Wird Grundwasser – wie z.B. in Afrika und Indien – gnadenlos abgepumpt und teuer verkauft, entstehen zwei Notstände: Arme können das Wasser nicht in der erforderlichen Menge beziehen; das für die Feldwirtschaft erforderliche Grundwasser entweicht den Nutzern (Pegel sinken). Nicht zwischenstaatliche »Wasserkriege« oder die Wasserknappheit an sich werden zum Problem der Zukunft, sondern die Missstände bei der Erschließung, Sauberhaltung,  beim Management, bei der Verteilung und preislichen Bewertung der Ressourcen. Folgt man der kapitalistischen Verwertungslogik, dann sind an dieser Stelle Widersprüche und Konflikte unvermeidlich. Beides muss man nicht hinnehmen. Es gilt vielmehr, die aus diesem Denken resultierende strukturelle Gewalt zu durchbrechen /109/.

 

Trinkwasser wird sehr bald zu einem kostbaren Gut werden. Es weiterhin für die Bewässerung von Freiland zu nutzen, dürfte mittelfristig verfehmt/verboten sein. Hier allerdings ist der Staat aufgerufen, kräftige Mithilfe zu leisten. Wir brauchen nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Teilen der Welt die Tröpfchenberieselung von Kulturen und den Einsatz von Brauchwassersystemen für Bewässerungszwecke. Die hierfür erforderliche Anschubfinanzierung sollte ähnlich auf den Weg gebracht werden wie die zu Energiesparmaßnahmen.

 

Vision 2030: Mit Hilfe gigantischer Pipelines wird das Wasser abschmelzender Grönlandgletscher nach Südeuropa geleitet. Das Projekt refinanziert sich aus den steigenden Wasserpreisen. Was Alpengletscher nicht mehr leisten können, schafft das Grönlandeis. Auch wenn es nicht verhindern kann, dass der Rhein allmählich zum Flüsschen verkommt.

 

Die angesagten Wassersparmaßnahmen dürften sich ab 2015 überall auf der Welt, vor allem aber in Trockengebieten, gut rechnen – und Industrie/Gewerbe sagenhafte Einnahmen bescheren. Neben einer durchgreifenden Gesundheitspolitik wird es zu den wichtigsten Aufgaben der Entwicklungshilfe gehören, den Know-how-Transfer für den rationellen Wassereinsatz zu befördern. Ähnliches gilt für Energieeinsparung und -verwendung.

Wir werden dem Klimawandel mit abstrusen Schutzschilden im All und mit Schwefel in der Atmosphäre /73/ ganz sicher nicht beikommen können. Diese Technologien würden Billiarden von Dollar auffressen und das Klima auf andere, unvorhersehbare Art beeinträchtigen. Und nur ein Irrer kann sich vorstellen, permanent unter Schwefel zu leben – einfach, weil Menschen das bei Vulkanausbrüchen auch aushalten müssten.

Nein: Es gilt, das Übel an der Wurzel zu packen, die Schadstoffemissionen weltweit zu mindern, statt an ihren Auswirkungen herumzukurieren. Dazu freilich bedarf es eines weltweiten Konsenses – den es aus der Not heraus geben wird.

 

Vision 2020: Chinesische Unternehmen bringen sowohl ein europataugliches 3-Liter-Auto als auch ein 1-Liter-Auto auf den Markt. Das führt zu weltweiten Verwerfungen in der gesamten Branche.

 

Gelänge es, alle maßgeblichen Akteure auf ein nachhaltiges Wirtschaften einzuschwören, könnte unserem Planeten ein Desaster erspart bleiben. Die Chancen dafür sind durchaus gegeben, wenngleich heutiges Denken und Handeln vielfach dagegen sprechen. Nur wenn die Industrieländer bereit sind, einen ökologischen Beitrag zu leisten, der die Kostenvorteile der Vergangenheit übersteigt, wird es möglich sein, den »ökologischen Fußabdruck« auf unserem Planeten wirklich zu reduzieren. Hierzu gehört nicht nur die Entwicklung neuer Umwelttechnologien, sondern auch deren kostengünstiger Transfer in alle schadstoffbelasteten Regionen. Beim bloßen Verweis auf radikale Umweltverschmutzungen und der damit verbundenen Stigmatisierung von Drittwelt- und Schwellenländern jedenfalls darf es nicht bleiben.

Die Aufgaben, die uns Deutsche erwarten, sind schnell benannt. Und wir könnten sie – ausgehend vom erreichten wissenschaftlich-technischen Vorlauf – nicht nur glänzend meistern, sondern auch gutes Geld verdienen. Das setzt voraus, dass Markt und Gesetzgebung gut aufeinander abgestimmt werden. Nicht nur die industrielle Produktion und der Handel benötigen einen sorgfältig abgestimmten Mix zwischen Anreiz und Limitierung. Auch der Bürger muss ihn verstehen und akzeptieren. Wenn er morgen gezwungen ist, mehr Geld für lebensnotwendige

 

Wir müssen begreifen, dass es Geld kostet, wenn wir den Bestand unseres Planeten und damit Wohlstand und Frieden für kommende Generationen sichern wollen. Dieses Geld muss heute auf den Tisch gelegt werden. Von uns allen.

 

Produkte zu investieren, muss er sicher sein, nicht abgezockt zu werden. Und wenn Aldi sukzessive Billigprodukte aus Ländern, die den Umweltverbrauch nicht einrechnen, aus den Regalen nimmt, muss klar sein, warum dies geschieht. Andererseits müssen Wirtschaft und Staat dafür Sorge tragen, dass Rationalisierungs- und Skaleneffekte auch Entlastung für öffentliche und private Kassen bringen.

 

Wofür Skandale doch gut sind. Siemens-Chef Peter Löscher zeigt zunehmend Präsenz – in fast allen überregionalen Zeitungen. Er muss weißwaschen und tut dies in durchaus überzeugender Weise – indem er für interessante Klimaschutz-Lösungen seines Unternehmens wirbt. Bis 2050 – so seine Ansage – könnte durch Siemens-Know-how der Kohlendioxidausstoß auf der Erde um mindestens 10 Milliarden Tonnen reduziert werden – wenn dieses Angebot weltweit akzeptiert würde /133/. Von Bezahlbarkeiten und kostengünstigem Technologietransfer war nicht die Rede.

Falls es Ihnen entfallen ist: Der globale Ausstoß von CO2 lag 2007 bei 28 Milliarden Tonnen.

 

Für den Erhalt der Umwelt müssen alle zahlen – vor allem aber diejenigen, die aus zurückliegendem/heutigem Raubbau an der Natur märchenhafte Gewinne zogen/ziehen. Eine solche Schlussfolgerung sprengt nationale Rahmen, ja, sie setzt gemeinsames Handeln auf internationaler Ebene voraus.

Für die Menschen in den reichen Industrieländern – so auch für uns Deutsche – heißt das beispielsweise, Transport und Verkehr auf ein notwendiges, nachhaltiges Maß zu beschränken. Das kann sowohl über Steuern (auf Kraftstoffe) als auch über Importbeschränkungen erfolgen. Vertreter des Freihandels wird das grämen, weil sie auch künftig darauf aus sein werden, die Vorteile aus unterschiedlichen Kostenniveaus für ihr Business zu nutzen. Doch es kann keine Maxime sein, weiterhin alle Dinge um die Welt zu schippern – vor allem dann nicht, wenn sie unter menschenunwürdigen Bedingungen oder bei »unbezahlter« Umweltbelastung erzeugt werden. Auch der heimischen Produktion, vor allem im Mittelstand, käme diese Entlastung entgegen. Denn langfristig können viele Kleinunternehmer dem Kostendruck der Billigproduzenten nicht standhalten.

 

Deutschland 2006: Mit Lastkraftwagen wurden mehr als 1 Milliarde Tonnen, mit der Bahn 350 Millionen Tonnen und mit Binnenschiffen gut 250 Millionen Tonnen Güter bewegt. Der Flussverkehr gilt dabei als besonders umweltfreundlich. Er soll vor allem mit Hilfe von Riesen-Schubverbänden ausgebaut werden /139/. Fragt sich, ob das wirklich Sinn macht. Noch zählen die Kohletransporte zur Schwerpunktaufgabe. Doch das könnte sich – zumindest mittelfristig – stark ändern. Unklar scheinen die Nutzung von Elbe und Oder. Heute liegen sie fast im Tiefschlaf. Hat man sie angesichts künftiger Dürre bereits aufgegeben?

 

Verkehrsteilnehmer hierzulande müssten sich künftig an den Kosten für den Neubau und Erhalt der Straßen, Flugplätzen, Bahntrassen und Häfen entweder über eine durchgängige Maut, besser aber an Zapfsäulen oder Ticketschaltern direkt beteiligen /60/. Würden dann zusätzlich die Umverlagerung von Transporten (Straße € Schiene), ein von der öffentlichen Hand gesteuertes modernes Verkehrsmanagement sowie Maßnahmen zum Aufweiten punkuell existierender »Flaschenhälse« greifen, gehörten »umweltverpestende« Staus auf den Straßen der Vergangenheit an. Derartige Maßnahmen müssten nicht nur in der

 

Der volkswirtschaftliche Schaden, den Staus auf deutschen Straßen verursachen, wird von Experten mit täglich 50 Millionen Euro beziffert. Er beinhaltet allerdings nur die Verschwendung von 30 Millionen Litern Kraftstoff – nicht aber die umweltrelevanten Auswirkungen. Zur Behebung des Mangels schlägt der BDI eine Erhöhung der Investitionen in die Verkehrswege vor: von bisher 2 auf 12 Milliarden Euro/Jahr. Man verlange eine verbesserte Unterhaltung und maßvollen Ausbau /76, 111/. Genau das – meine ich – wäre der falsche, rückwärtsgewandte Weg. Was wir brauchen, ist weniger und »intelligenterer« Straßenverkehr.

 

gesamten EU, sondern langfristig auch weltweit durchgesetzt und bei Besiedlungsplanungen berücksichtigt werden.

Auch der Schiffverkehr auf den Weltmeeren müsste den Bedingungen des Umweltschutzes weit mehr genügen als heute. Zwar dürfen bereits heute neu in Dienst gestellte Tanker nur mit Doppelhülle auslaufen. Doch was sie auf ihren Fahrten illegal verklappen und – zumindest teilweise – in ihren Dieselantrieben verbrennen, spottet jeder Beschreibung. Viele der Riesen sind als Restmüllverbrenner (kontaminierte Altöle) unterwegs und bestreiten einen Teil ihrer Transportkosten aus abfallrelevanten Bonuszahlungen. Mit diesen Praktiken muss in Kürze Schluss sein – eine Forderung, die internationale Vereinbarungen erfordert. Umgekehrt sind Bestrebungen zu unterstützen, den Kraftstoffverbrauch von Schiffen durch Anbringung von »intelligenten« Segeln zu senken /142/. Hier sollte man den Eignern mehr Anreize schaffen, als dies die reine Öleinsparung verspricht.

 

Forscher am Hamburger Max-Planck-Institut haben per Super-Computer die künftige Klimaentwicklung in Deutschland simuliert. Die »Wirtschaftswoche« kommentierte die ersten Ergebnisse – die von einem für 2100 möglichen Endstatus ausgehen. Folgende Entwicklungen sind zu erwarten:

  • Anwachsen der Sturmgefahr mit ebenfalls zunehmenden Schäden in

Wäldern und an Gebäuden; Energieausfall infolge abzuschaltender

Windanlagen

  • Zunahme der Sturmflutgefahr an Nord- und Ostsee (Erhöhung der

Deiche erforderlich)

  • Überschwemmungsgefahr (Niederschläge werden immer weniger als

Schnee gepuffert

  • Trinkwassermangel (infolge ausbleibender Wasserspeicherung durch

Alpengletscher)

  • Niedrigwasser am Rhein; Elbe und Oder sind möglicherweise nicht

mehr schiffbar

  • Rückgang der Niederschläge im Sommer (-5 bis -40 %); dafür stärkere

Regengüsse mit Überschwemmungen

  • Einwanderung tropischer Krankheiten (z.B. Malaria)
  • Probleme mit der Stromversorgung aus Kohlekraftwerken (da Fluss-

transporte behindert sind)

  • Verstärkte Migration aus Afrika
  • Sinkende Arbeitsproduktivität in den Büros (-5 % pro Grad Tempe-

raturerhöhung)

  • Höheres Hautkrebsrisiko
  • Verlängerung der Badesaison an Nord- und Ostsee
  • Bessere Bedingungen für die Erzeugung von Solarstrom
  • Strukturwandel in der Landwirtschaft zugunsten wärmeliebender Pflan-

zen (Mais und Soja) /125/.

 

Die Wärme- und Wasserversorgung in südlichen Trockengebieten muss mittelfristig über Solarenergie bzw. eine Kombination aus Solarenergie und Meerwasserentsalzung (küstennahe Regionen) sichergestellt werden. Hierauf müssen Teile der Entwicklungshilfe stringent umprogrammiert werden – nicht nur, was die Belieferung mit entsprechender Technik, sondern auch die »Rekrutierung« und Ausbildung heimischer Bedienkräfte betrifft. Im Kontext könnten dann Ausrüstungslieferanten aus den hochentwickelten Ländern ebenso profitieren wie Menschen in unterentwickelten Regionen.

 

Zahlte der Staat einem deutschen Waldbesitzer für das Pflanzen zusätzlicher Bäume 60 Cent pro Quadratmeter, dann wäre das für den Steuerzahler billiger als das Errichten sonst notwendiger Lärmschutzwände. Könnte er Bauern mit einem Bonus von nur 1 Cent pro Quadratmeter bewegen, seinen Dünger sinnvoller und damit sparsamer einzusetzen, entfiele der sehr viel höhere Aufwand für die Nitratbeseitigung aus dem Grundwasser (30 Cent pro Quadratmeter) /112/.

 

Noch sind viele der progressiv erscheinenden Bilder Spots aus Science-Fiction-Streifen. Doch sehr viel von dem, was heutige Umweltaktivisten »aufreißen«, dürfte Wirklichkeit werden, auf diese oder jene Weise – unter der Bedingung freilich, dass unsere Welt friedlich bleibt, die Forschung mit mehr Mitteln ausgestattet wird und alles, was dem Umweltschutz nützt, mit hohem Tempo und Engagement umgesetzt wird. Letztlich wird uns auch ein besseres Gesundheitsbewusstsein helfen, Umweltschutz zu praktizieren. Niemand von uns braucht

 

Die Aussicht, dass das arktische Eis schwindet, führt im kommenden Jahrzehnt zur Forcierung der Polarforschung. Nicht auf Basis von unabgestimmten Teams aus hundert Instituten, wie das heute geschieht /88/, sondern in konzertierten Aktionen. Die »Missionare« der Zukunft werden Packeis- und Eisbergverfolgungssysteme installieren und Schiffsrouten in Echtzeit bestimmen. Ab 2070 könnten Nordwest- und Nordostpassage – zumindest im Sommer – durchgängig befahrbar sein /94, 135/. Auch der Nordpol dürfte sich gezielt befahren lassen – ab 2025 /88/. Vor allem die stabil werdenden Routen bringen auf Kosten der Eismeerfauna verkürzte Fahrzeiten, den Zugang zu neuen Rohstoffen /89, 90/ … und neue Konflikte. Denn mit der Schmelze und mit dem Ansteigen der Meeresspiegel müssen zahllose Landkarten neu gezeichnet werden. Dabei spielen Land- und Existenzrechte, aber auch handfeste wirtschaftliche Interessen eine maßgebliche Rolle. Hier sind sehr bald internationale Konventionen vonnöten.

täglich ein Steak oder Schnitzel auf dem Teller (Beseitigung der dekadenten Massentierhaltung), kaum jemand muss kurze Wege mit dem Auto zurücklegen (Fitness ist Trumpf!) und die wichtigen Fernreisen … nun ja: Man wird viele von ihnen künftig virtuell durchleben können (3-D, Hologramme) – und viel Geld sparen.

 

Die Erfordernisse des Umweltschutzes werden sich auch auf den Tourismus auswirken. Das »Breitlatschen« der Natur in Drittwelt- und Schwellenländern – heute vielfach ein Spielchen interessierter »Gucker« aus dem Westen – wird ein Ende haben. Auch Länder, die zwingend auf entsprechende Einnahmen angewiesen sind, dürften hier mitmachen – wenn sie Kompensationszahlungen erhalten. Bereits heute gibt es Modelle, nach denen das Bewahren von Natur durch private Stiftungen und staatliche Zahlungen gesichert wird.

Vision 2030: In vielen Ländern unseres Planeten werden ökologisch sensible Bereiche nur noch über abgeschottete »Zugangstrassen« und »versiegelte« Camps in nachwachsender Natur erreichbar sein. Breit angelegte Safaris und Jagd-/Abschlachte-Abenteuer betuchter Hobbyjäger gehörender Vergangenheit an.

 

Soweit die Hinweise zur möglichen, auch positiven Entwicklung von Umwelt und Klima. Die Aufführung der Fakten allein allerdings dürfte kaum ausreichen, um unser Überleben in einer verträglichen Welt zu sichern, denn Not,  Trägheit, Ignoranz, Gier und Bequemlichkeit des Menschen stehen den Wegweisungen entgegen. So dürfte Umweltschutz nur dort zur Institution werden,

 

Wenn Heidi Klum für den Umweltkiller VW Tiguan TSI (150 PS, 11,4 Liter, 199 Gramm CO2/km) wirbt und damit der Spaßgesellschaft zu neuem Ausflippen rät /140/, läuten bei mir die Alarmglocken. Niemand will den Menschen ihren Spaß nehmen – doch irgendwann sollte Schluss sein … mit lustig.

 

wo Gesetze ihn bedingungslos einfordern. In den Regionen dieser Erde aber, die wachsendes Elend erwartet, werden nicht nur Staatlichkeit und Regeln, sondern auch sämtliche Vorstellungen vom sanften Umgang mit der Natur verloren gehen. Erst wachsender Wohlstand könnte dazu führen, dass dieser Teufelskreis durchbrochen wird. Damit aber ist nicht zu rechnen.

Das Streben nach mehr Nachhaltigkeit wird auch neue Strafregister erfordern – für die, die Umweltgesetze missachten oder zu umgehen trachten. Sie werden

 

Sollte die Menschheit eines Tages zur Öko-Diktatur verdammt sein, wäre das das AUS für Freiheit und Selbstbestimmtheit. Subtile Ideen geistern schon heute: Firmen müssten ihr Nutzwasser im Bereich ihrer Abwasserentsorgung entnehmen; Parkplatzgenehmigungen werden nur für diejenigen erteilt, die ein Abo für den öffentlichen Verkehr vorweisen können; Mitarbeiter eines Chemiebetriebes werden dort angesiedelt, wo dessen Abgase mehrheitlich auftreffen; die Trennung von Arbeiten und Wohnen würde aufgehoben, um kurze Fahrwege zu gewährleisten usw. /60/.

 

vermutlich zuerst im EU-Recht /83/, sehr viel später auch in internationalen Gesetzeswerken verankert werden – und Frust auslösen. Doch ohne Restriktionen – das lehrt die Geschichte – wird der »Verbrauch von Umwelt« nicht zu steuern sein.

 

Im Frühjahr 2008 begannen die Arbeiten zum Bau von Masdar-City, der ersten CO2-freien Stadt der Welt. Bauherr ist eine staatliche Firma aus Abu Dabi, die das 22-Milliarden-US-Dollar-Vorhaben bis 2015 realisieren will. 1.500 internationale Firmen, aber auch Stararchitekt Sir Norman Foster, werden das Projekt als »technologisches Spielfeld« nutzen. Autos soll es in der 50.000 Einwohner zählenden Öko-Stadt nicht geben – dafür aber Straßenbahnen und flexible, fahrerlose Transportmittel. Nahrungsmittel sollen in der Gegend Bio-mäßig angebaut, der Müll recycelt und das Abwasser wiederverwendet werden. Den erforderlichen Strom werden vor allem Solaranlagen liefern /141/.

 

Meine Prognose für die kommenden Jahrzehnte ist pessimistisch und hoffnungsvoll zugleich. Hier folge ich fast uneingeschränkt den Aussagen von Donella Meadows, Jørgen Randers und Dennis Meadows, die von einem nur winzigen »Erfolgsfenster« ausgehen /59/ – einem Fenster, das wir nur erreichen, wenn wir vieles von dem aufgeben, was unser jetziges Tun dominiert (vgl. S. 587ff). An eine solche Wende zu glauben, mag ehrenhaft sein. Der Natur des Menschen und den gegenwärtigen Realitäten entspricht es nicht. Folglich werden wir den Treibhauseffekt und den Raubbau an der Natur noch viele Jahre – möglicherweise sogar Jahrzehnte – ertragen müssen. Erst aus der Katastrophe heraus wird die Weltgemeinschaft zusammenfinden und die Bedingungen für künftiges Leben neu definieren – auf einem sehr viel niedrigeren, dann aber durch Nachhaltigkeit bestimmten Niveau. Bis dahin werden vor allem die leiden, die es heute bereits tun – die schon jetzt den Folgen von Ressourcenraubbau und Klimastress vornehmlich ausgesetzt sind. Aber auch die Menschen in den reichen Ländern wird es packen, weil niemand Lufträume, Meere und Transporte regional abschotten kann und die vergewaltigte Natur verzögert auf jeden zurückschlägt. Die Tatsache, dass wir in EINER WELT leben, dürfte uns dann auf eine zweite, eher brutale Weise bewusst werden.

 

Jeder Einzelne kann etwas für die Umwelt tun. Der Maßnahmekatalog ist viel-, aber auch deutschsprachig. Schauen Sie einfach nach: www.utopia.de

 

* Labonde Verlag Grevenbroich, 2008