Wer sind wir, und wer ist China?

Was ist in China los?

Die Frage treibt mich seit langem um, und ich finde nur wenig Überzeugendes, um hier Klarheit zu schaffen. In der Boulevardpresse, ja selbst in den sogenannten seriösen Medien finde ich diese Klarheit leider nicht. Hier dominiert seit Jahren ein politisch motiviertes Bashing, das oft unglaubwürdig daherkommt, zumeist auch von der linken und linksliberalen Presse in Frage gestellt wird. Orientierung ist da kaum möglich.

Dennoch ist eines unverkennbar: Die USA sind seit Monaten nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen China zu einem gnadenlosen Kräftemessen angetreten. Im Namen von Freiheit und Demokratie versucht die Supermacht künftige Ansprüche der Konkurrenten zeitnah so zu deckeln, dass ihre politische und wirtschaftliche Vorherrschaft unanfechtbar bleibt. Ein Unterfangen, das angesichts der Gegnerschaft aussichtslos erscheint, offenbar aber von den herrschenden Hardlinern strikt durchgezogen wird. Da mag der bevorstehende Wahlkampf eine Rolle spielen (die Demokraten müssen sich dfür hardlinerhafter geben als die Republikaner)- er erklärt aber nicht alles. Vor allem nicht die Heuchelei, mit der sich eine Weltmacht, die unserem Planeten unzählige Kriege und Zerstörungen beschert hat, an die Spitze von Demokratie- und Freiheitsgesängen durchdrängelt.

Die Amerikaner setzen auf all dies nur scheinbar, vielmehr aber auf Vorherrschaft, auf die überragende militärische Kraft, darauf, dass sie Kontrahenten aller Couleur schwächen und – wie schon im Kalten Krieg geschehen – totrüsten können. In der Ukraine scheint ersteres bereits zu gelingen. China allerdings dürfte ein weit größerer Brocken sein.

Zurück zur konkreten Gegenwart. Xi Jinping ist an der Macht und ist gerade dabei, diese Macht im bevorstehenden Kongress der kommunistischen Partei Chinas weiter auszubauen https://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/politik/ausland/china-parteitag-soll-xis-macht-staerken_aid-78376907 und https://www.nzz.ch/international/xi-jinping-eroeffnet-kongress-der-kommunistischen-partei-chinas-ld.1707597. Freilich mit zwei bitteren Beigeschmäckern, die mit dem zunehmenden Druck auf China unmittelbar zusammenhängen: China igelt sich ein, besinnt sich mehr und mehr auf die eigene Sicherheit, auf eigenes Know-how und die Fähigkeit, ohne westliche Güter klarzukommen. Das steht zwar im Widerspruch zum bisherigen Verhalten – zum regem Handel, der sagenhafte Steigerungsraten des BIP bescherte. Trägt aber der bestehenden Konfliktsituation unmittelbar Rechnung. Der Weltwirtschaft droht unmittelbare Gefahr, die TaiwanFrage schwebt als Damoklesschwert, und Corona bereitet zusätzliche Probleme.

Letzteres ist für uns Westeuropäer nahezu unverständlich. Vor allem der Null-Covid-Ansatz, der Millionen Menschen in Geiselhaft und die Wirtschaft in erhebliche Bredouillen bringt. Wie kann eine Strategie, die dem weltweiten Bemühen um Herdenimmunität, genauer gesagt: dem Leben mit Corona total entgegensteht, erfolgreich sein? Die Frage stellt sich mehrfach. So auch im Zusammenhang mit dem Impfgeschehen. Ist es so, dass chinesische Impfstoffe nach wie vor nichts taugen, sprich: in ihrer Wirksamkeit BionTech & Co. immens nachstehen? Man erfährt in unseren Medien nichts davon. Das ist zweifellos Programm (von Russen und Kubanern hört man ja auch nichts, obwohl deren Medikamente nicht nur in Entwicklungsländern weit verbreitet sind), sollte aber irgendwie aufgeklärt werden.

Meine Recherche ergab Fakten, die schwer zu verifizieren sind. Zur Kenntnis nehmen sollte man sie dennoch. Zum einen wird dem heute vorhandenen chinesischen Impfstoff eine ebenso hohe Wirksamkeit attestiert wie beispielsweise dem BionTech-Impfstoff (der auch kein Allheilmittel sei, sprich: mehrfach verabreicht werden müsse). Zum anderen sei die Reaktion der Chinesen auf Corona offenbar eine etwas andere als hier zu Lande. Vor allem ältere Menschen sollen sich vor Impfnebenwirkungen mehr fürchten als vor der Krankheit selbst. Das verkompliziere die Lage im Lande immens. Keine Ahnung. Aber im vorliegenden Papier wird vermutet, dass die jetzt bestehenden Restriktionen (Ausgangsbeschränkungen, Maskierungen etc.) vorerst beibehalten und durchgängige Impfungen nicht vor 2024 durchsetzbar würden https://www.schroders.com/de/at/privatanleger/insights/maerkte/wann-kann-china-seine-null-covid-strategie-lockern/.

Aus der Entfernung ist nicht abschätzbar, ob China für sich genommen, sprich: aus seinen eigenen Erkenntnissen heraus, den richtigen Weg beschreitet. Uns Westeuropäern ist es suspekt, wenn Bürger fundamentaler Freiheiten beraubt werden – und das auf lange Zeit. Wir sollten indes in Rechnung stellen, dass unser Denken auf unseren Verhältnissen beruht und weder übertragen noch oktroyiert werden darf. Solange ein Volk das ihm Angetane erträgt, hinnimmt oder sogar lobt, sollte man demokratiegemäß Ruhe geben. Unsere Neigung zum Nichtgenauwissen-und-dennoch- Oberlehrerhaften ist da wenig hilfreich, ja lächerlich. Außerdem: Wer sind wir, und wer ist China?