Katastrophales Management

Deutschland – das wird immer deutlicher – ist mit seinem übervorsichtigen, schwerfälligen und bürokratischen Verfahren im 21. Jahrhundert nicht angekommen. Wir erleben föderalismusbedingte endlose Diskussionen zu Problemen, deren Lösung sofort angegangen werden müsste, dann aber ausgebremst wird oder (weil inzwischen „alles vorbei“ ist) gänzlich ausfällt.

Ganz gleich, ob es um Reaktionen auf Corona, um das Verbot von Querdenker-Demos, um die Katastrophenhilfe für andere Länder (Brände, Seuchen, humanitäre Katastrophen anderer Art etc.), um Asylverfahren, ob es um kriminelle oder NSU-Machenschaften hier zu Lande geht – alles läuft angstvoll in Zeitlupe. Gerade schreibt die RP, dass es in Kürze mehr JustizPersonal gebe, dass die Bearbeitungsprozesse aber trotzdem 40% mehr Zeit in Anspruch nehmen würden als 2010 https://rp-online.de/nrw/landespolitik/justiz-in-nrw-trotz-mehr-richtern-gibt-es-einen-personalmangel_aid-57619373. Was ist das denn?

Seit Mitte März stehen 4000 Luftfilteranlagen, die in Düsseldorfer Schulen dringend benötigt werden, sinnlos herum. Weil im VergabeVerfahren Fehler gemacht wurden, weil die Lieferfirma auf unzulässige weise bevorzugt wurde.

Sch … drauf!  Nur ein Idiot begreift nicht, dass diese Anlagen sofort hätten eingebaut werden müssen. Und das völlig unabhängig vom  Ausgang anstehender Untersuchungen und Prozesse. Im Nachhinein hätte immer noch mittels Kündigung/Entlassung von Mitarbeitern, Strafzahlungen, Haft etc. entschieden werden können. Die Gesundheit von Schulkindern hatte und hat (!) angesichts der katastrophalen Lage in unseren Bildungseinrichtungen alleroberste Priorität https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/umstrittene-luftfiltervergabe-stadt-duesseldorf-mitarbeiter-schuld-100.html

Geradezu verlogen läuft derzeit die IntensivImpfung in prekären Lebensbereichen. Plötzlich – nach mehr als einem Jahr  – fällt es den Regierenden auf, dass es in deutschen Problembezirken besonders viele Infektionen gibt. Die es jetzt – da die Inzidenzen hoch bleiben – rigoros zu bekämpfen gilt. Gemeint sind enge, heftig bewohnte Unterkünfte, in denen schlechter verdienende Deutsche, aber auch Migranten wohnen. Erst jetzt wird bekannt, dass man es vielerorts versäumt, gar nicht erst versucht oder bewusst unterlassen hatte, mehrsprachig und intensiv zu Corona aufzuklären. Und das, obwohl seit vielen Monaten bekannt ist, dass es die Unterprivilegierten in unserer Gesellschaft zuerst erwischt. Die Vorgänge bei Tönnies und in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften stehen dafür beispielhaft.

Auf diese Weise ignoriert, konnte sich das Virus – welcher Bauart auch immer – ungehindert ausbreiten. Bis offensichtlich an Krankenbetten und auf Intensivstationen klar wurde, wer da vor allem vor sich hinvegetierte.

Auch wir hier in Ratingen stehen blind im Feld. Außer ein paar Zahlen (die in der Regel wenig aussagen) dreht sich hier nichts. Weder taucht der Bürgermeister in der Öffentlichkeit auf, noch gibt es Verlautbarungen oder ausführliche Infos über die Presse. Wählt man das Gesundheitsamt des Kreises an, findet man auch nicht mehr. Allenfalls  Beschwichtigungsversuche, Versuche zur Schadensbegrenzung. Dass der Kreis Mettmann in Sachen Info und Inzidenz besonders schlecht dasteht, ist seit mehr als drei Wochen kein Geheimnis mehr. Nur ist niemand befugt oder in der Lage, die Lage sachdienlich zu beschreiben. Ausgefallene Mitarbeiter im Gesundheitsamt würden für die Versäumnisse stehen, erfährt man. Ich kann mir nicht vorstellen, dass BüroMitarbeiter so behäbig und vor allem so geballt daherkommen oder ausfallen können. Dass Urlaub von dringend benötigtem Personal nicht warten kann, bis die heftigste Periode von Corona bewältigt ist. Ich nehme mal die Leute aus, die mit der Seuche unmittelbar zu tun haben und dringend der Ruhe bedürfen. Aber die sitzen, laufen und brechen doch eher vor Ort, sprich: in den Krankenhäusern zusammen. Oder?

Nein, ich kann das alles nicht glauben. Die Entscheidungsträger wissen um die CoronaSchwerpunkte und haben dann nicht den Schneid, sie auch zu benennen. Weil das, JA: Weil das wieder Schatten  auf schon Benachteiligte in unserer Gesellschaft werfen könnte. Stattdessen spricht man von diffusem Auftreten der Seuche und glaubt so, diffus davonzukommen. Dass sich Bürger, die sich in der Nähe von unbekannten Hotspot bewegen, schnell anstecken könnten, interessiert niemand.

Verdammt noch mal: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Aufklären, informieren und sofort handeln! Dann würde es sehr schnell nur sehr wenige Infizierte unter den Armen geben und die ständen dann nicht unter Generalverdacht. Es ist eine Schande, dass unsere Großkopfeten diese Sachverhalte immer verkehrt herum kommunizieren und (nicht) bewegen. Ich hasse das!