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Der Fall „Tellkamp“ bringt das Fass zum Überlaufen

Man  kann und darf Uwe Tellkamp nicht zustimmen, wenn er meint, dass 95% aller Flüchtlinge  nach Deutschland kommen, um ihren Lebensstandart zu heben und die Sozialsysteme auszubeuten.  Und man  sollte auch nicht auf seiner Seite sein, wenn er meint, dass Gewalt in Deutschland ausschließlich  von der linken Antifa ausgehe. Das nicht. Aber  man  muss ihn vehement unterstützen, wenn er  das Aushebeln der Meinungsfreiheit  , die quasi Gleichschaltung  von Informationen einklagt http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/suhrkamp-distanziert-sich-von-seinem-autor-uwe-tellkamp-15487159.html.   Nie wurde so heftig die falsche Moralkeule geschwungen, nie wurde so dreist mit Totschlagargumenten operiert  wie heute . Wer die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin substanziell kritisiert, wird   – ganz gleich, wo er sonst politisch beheimatet ist –   blitzschnell der AfD zugeschlagen. Das ist GesinnungsTerror. Auch die FAZ, die Tellkamp einen AfD -Sympatisanten nennt, ist an der Treibjagd beteiligt. Ekelhaft!

Jetzt behauptet man sogar, Tellkamp hätte PEGIDA-Losungen nachgeplappert. Ist das so oder benutzt man die Pegida-Klatsche einmal mehr, um berechtigte Proteste von Ex-DDR-Bürgern auszu-ixen?

Ich hoffe, dass es unter uns Menschen gibt, die trotz des allgemeinen Überdrusses etwas mehr  (und zwar auch das üblicherweise unter den Teppich Gekehrte)  zum Thema „Flüchtlinge“ erfahren wollen. Ich habe in meinem Essay-Band  „Zukunft … oder keine“  sehr ausführlich  zur Problematik Stellung bezogen.  Aus der GesamtAnalyse hier  das einleitende Kapitel:

Jawohl, Deutschland ist ein reiches Land, und es ist dazu verpflichtet, Menschen, die in akuter Not sind, zu helfen. Umso mehr, als Deutschland für einige Fluchtursachen mit verantwortlich ist.

 Zeit für eine vorläufige Bilanz

Die Sache könnte als Treppenwitz der Geschichte durchgehen, wäre sie nicht so ernst und ein Beispiel dafür, dass Politiker nicht dazulernen wollen. Barbara Tuchmann hat das, was ich meine, treffend gebrandmarkt: Die Mächtigen machen gravierende Fehler. Doch statt sie zu korrigieren, setzen sie einen weiteren oben drauf. Offenbar, weil sie ihr Unvermögen nicht eingestehen können und ihr Image gefährdet sehen https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Torheit_der_Regierenden.* Eben das hat sich anlässlich des PolitikerDuells Merkel-Schulz im Vorfeld der Bundestagswahl unheilvoll wiederholt: Angela Merkel erklärte lächelnd, dass sie die Flüchtlingsfrage – sollte sich diese erneut stellen – genauso handhaben würde wie im September 2015. Dabei war längst klar, dass die Kanzlerin in mindestens zwei Fragen völlig falsch gehandelt hat. Sie unterließ es nicht nur, die Staatschefs der übrigen EU-Staaten um Einwilligung für ihr Tun zu bitten, sie tat auch nichts, um den plötzlichen Zustrom genauso abrupt abzustellen. Das nämlich wäre im Sinne eines von EU-Gesetzen gedeckten Ausnahmefalls durchaus möglich und mit Blick auf mögliche Gefahren dringend geboten gewesen. Dass der Europäische Gerichtshof Merkels Handlungen im Nachgang als legal bezeichnet, wirkt da nicht nur enttäuschend, sondern auch bestellt und … abgeholt.

 Die Gewöhnung. Zweieinhalb Jahre nach der Grenzöffnung vermelden BAMF und Medien, dass Deutschland das Flüchtlingsproblem fest im Griff habe. Die Zahl der vorliegenden Asylanträge sei von knapp 480.000 (2015) über 745.000 (2016) auf rd. 222.700 (2017) zurückgegangen www.bamf.de. Notunterkünfte, überfüllte Flüchtlingsheime und endlose Schlangen vor hilflosen Beamten – sie habe es lange gegeben, jetzt aber sei das alles ver- schwunden. Dass es dennoch zwischen 500 und 600 Menschen sind, die täglich in Deutschland Schutz suchen, wird kaum mehr wahrgenommen. Weil die „Rosskur“, die chaotische Abfertigung der Zuwanderung, bewältigt scheint und die jetzt laufende Prozedur von Aufnahme und Abarbeitung eine quasi uhrwerkähnliche Routine erreicht hat. Doch die Tatsache, dass alles zu funktionieren beginnt, dass BAMF und kommunale Ausländerbehörden den riesigen Berg an Genehmigungs-, Unterbringungs-, Versorgungs- und Bil- dungsaufgaben allmählich abbauen, darf über eines nicht hin wegtäuschen:

* Legende: Punkt und Komma am Ende einer URL gehören nie zur Webadresse

Der Zulauf hält an – Tag für Tag. Und dieses ImmerMehr betrifft hauptsäch- lich Deutschland. Nach wie vor ist die Dublin-Vereinbarung ausgesetzt, und erst seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom September 2017 ist – was die Verteilung von Flüchtlingen in Europa betrifft – eine Änderung in Sicht. Die natürlich nicht automatisch greift, denn nicht nur die Osteuropäer mauern, auch EU-Ratspräsident Donald Tusk will nicht mitziehen http://www.rp-online.de/politik/merkel-kritisiert-fluechtlingsverteilung-aid-1.7267720 Hinzu kommen ein fragiles EU-Türkei-Abkommen und die Unfähigkeit, Fluchtursachen auch nur annähernd einzudämmen.

 

Kriege mit neuen Gesichtern: Die Aussichten, Frieden im Nahen und Mittleren Osten zu erreichen, sind mehr als vage. Zwar ist es Russen, Amerikanern, Türken, Syrern und Iranern Mitte 2017 gelungen, kleine, regional begrenzte Waffenstillstände herbeizuführen https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/57376-idlib-syrien-astana-russland-iran-tuerkei-alkaida-rebellen/ . Doch dass die in einen großen, von allen Akteuren akzeptierten Gesamt- frieden münden, ist kaum anzunehmen. Denn selbst nach Überwindung des IS sind die Fronten offen. Zugegeben, es sind z. T. andere, aber keineswegs schmerzlosere. Zum einen dürften die IS-Kämpfer in andere, weniger be- drängte Gebiete ausweichen, zum anderen sind neue Konflikte – vor allem was die Kurden anbelangt – programmiert. Die Türkei, ohne die im Mittleren Osten kaum etwas läuft, ist auf ihre totale Entmachtung aus. Ganz gleich, ob es um die verhassten Anhänger der PKK, die YPG in Syrien oder die um Eigenständigkeit bemühten Kurden im Norden des Irak geht. Erdo- gan wird keine autonome kurdische Staatlichkeit, schon gar nicht an seiner Grenze, dulden http://www.rp-online.de/politik/die-gefaehrliche-zeit-nach-dem-is-aid-1.7060588. Und das bedeutet, dass der Krieg – nun auf andere Weise – fortdauern wird. Gut möglich, dass sich Schlachtfelder und Allianzen verändern, gut möglich, dass die USA, die die YPG als gut regierbare Bodentruppe gegen den IS benutzten, den bisherigen Bündnispartner fallen lassen, weil sich in Richtung Türkei neue Interessenlagen auftun. Eine Minderung des Konfliktpotenzials ergäbe das nicht, eher das Gegenteil. Denn Erdogan würde in seinen Großmachtplänen bestärkt.

Vielfach wird vergessen, dass sich der IS teilweise aus diskriminierten irakischen und syrischen Sunniten rekrutiert und dass in befreiten Gebieten nicht nur „IS-Verdächtige“, sondern auch unbescholtene Sunniten eine neue blutige Unterdrückung/“Ausrottung“ sowohl durch die siegreiche irakische Armee als auch durch die mit ihnen kämpfenden schiitischen Milizen erfahren. Das Unrecht ist folglich mit dem Niederringen des Isla- mischen Staates keineswegs aus der Welt. Im Gegenteil: Die überlebenden Kämpfer sind untergetaucht, sind geparkt oder nach Libyen unterwegs, wo schnell ein neuer Großbrand entstehen könnte. Andere – vor allem diejenigen, die vom IS loswollen – stehen in den Startlöchern Richtung Europa. Dort warten massive Abwehr oder fragwürdige DeradikalisierungsProgramme auf sie, wobei beides schnell nach hinten losgehen und die Terrorgefahr weiter steigern könnte https://www.mdr.de/investigativ/video-161022_zc-f80c8d3a_zs-0fdb427d.html . Andererseits muss befürchtet werden, dass die von den Zentralmächten Iran und Saudi-Arabien geschürten Kontroversen in abermals neuem Gewand ausbrechen.

Schon hat sich neben dem UN-Gesprächsprozess zu Syrien, an dem auch die USA teilhaben, eine zweite Allianz – bestehend aus dem Iran, der Türkei und Russland – gebildet, die einem sogenannten „Syrischen Nationalen Dialog-Kongress“ Leben einhauchen und damit auch das (zumindest zeitweilige) Weiterherrschen Assads sichern möchte http://www.rp-online.de/politik/ringen-um-syrische-kriegsbeute-aid-1.7218892. Ein Kompromiss, den die Türkei nur eingeht, weil ihr in Sachen „Kurden“ freie Hand eingeräumt wird.

Hinzu kommen die alten Konfliktursachen, die unverändert wirken. Als da sind: die brutalen, aus der nachosmanischen Zeit herrührenden Grenzziehungen der Briten und Franzosen als auch der unbedingte Anspruch des Westens, insbesondere der USA, auf das im arabischen Raum lagernde Erd- öl. Besagte Grenzziehungen haben 1920 an den Interessen, Ethnien und Religionen der einheimischen Bevölkerungen vorbei stattgefunden, was Jahr- zehnte lang Konfliktstoffe bot und so auch den gemeinsamen Widerstand gegen das „preiswerte“ Absaugen der fossilen Brennstoffe schwächte. Der Ölanspruch wurde über Korruption, Erpressung und Ausnutzung der reli- giösen Differenzen durchgesetzt. Die Parteinahme der USA für die sunni- tischen Ölscheichs, die im Hofieren von tausend saudi-arabischen Prinzen und der parallel dazu vereinbarten Stationierung des US-Militärs in Katar gipfelte, repräsentiert zweifellos die verkommendste Liason, die in Nahost denkbar ist. Wo das Gros der Muslime die Amerikaner als Erzfeinde be- trachtet – ganz gleich, ob es sich um die in diesem Terrain dominierenden Sunniten oder die Schiiten (im Iran, in Teilen des Irak, des Jemen und Sy- riens, des Libanon etc.) handelt.

Aktuell häuft sich auch in Syrien neuer Sprengstoff an. Denn die Amerikaner benutzen ihre kurdischen Verbündeten (YPG) auch dazu, Öl- und Gas- felder, drei Staudämme entlang des Euphrats sowie die strategisch wichtige Weizenproduktion in den Provinzen Rakka und Hasaka zu vereinnahmen. „Die Aneignung nationaler syrischer Ressourcen“, so schreibt Karin Leukefeld in der Jungen Welt, „dürfte mit dem Aufbau einer ‚Förderation‘ wenig zu tun haben, sondern dem von Brzezinski entwickelten Ziel entsprechen, die Weltmarktansprüche der USA zu sichern […]. Assad, aber auch der Türkei sind diese Bestrebungen ein Dorn im Auge. Gegenüber den Kurden machen „beide Parteien“ bereits Front. Gut möglich, dass die YPG und ihre Anhänger – ähnlich wie im Irak – mit Waffengewalt von Bodenschätzen und Äckern vertrieben werden. Kurdische „Sonderstaatsgebiete“ dürfte es jedenfalls in absehbarer Zeit kaum geben.

Im Übrigen bleibt es bei der bekannten Doktrin: Ethnische und religiöse Minderheiten werden vom Westen, insbesondere von den USA, gegenein- ander ausgespielt, um die Region zu destabilisieren, nationale Regierungen zu schwächen und den Einfluss anderer Mächte wie Russland, Iran und China zurückzudrängen.“ https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/321672.great-game.html. Trumps Parteinahme für Israels JerusalemHaltung passt auch in dieses Kalkül. Denn sie dürfte die kaum angebahnte Liason zwischen der radikalen Hamas und der gemäßigteren Fatah schnell zerreißen.

Ähnlich fies handelte der Westen in Afghanistan. Hier ging es nur in zwei- ter Linie um Rache für den 11. September 2001. Weit wichtiger waren auch hier die Ölinteressen http://www.stoerfall-zukunft.de/?p=1884 und http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Terrorismus/martin.html. Denn die gewalti- gen Rohstoffvorkommen am Kaspischen Meer sollten über mächtige, von US-Konzernen kontrollierte Rohrleitungen ans arabische Meer/an den in- dischen Ozean geleitet werden. Diese Pläne hatten mit den Attacken gegen das World Trade Center nichts zu tun – es gab sie schon vorher. In jedem Fall setzte Amerika auf ein steuerbares MarionettenRegime, das mit dem Beginn des ISAF-Einsatzes noch viel einfacher und devoter zur Verfügung stand. Dass in diese Scharade auch die UNO und eine verblendete Schar von Willigen eingebunden werden konnte, gilt selbst heute – nachdem   der Krieg praktisch verloren ist – als gleichermaßen perfider wie genialer Schachzug. Dennoch ist das Ergebnis für den Westen ernüchternd, denn außer noch mehr Mohn gelang nichts in Talibanland. Was nicht heißt, dass die Versuche, erneut zu punkten, ein Ende finden.

Der bösartig provozierte Irakkrieg schließt den eklen Kreis. Auch hier ging es um Öl, aber auch um die Perfektionierung des Wirtschaftsmodells „Krieg“ – mit Halliburton, Blackwater und der Leerung von Granaten- und Rüstungsarsenalen. Die schändlichen Ergebnisse: Vermutlich bis zu einer Million Tote und Millionen Barrel abgepresstes Öl zu BilligPreisen.

Wenn heute von bis zu 4 Millionen Opfern aus dem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ gesprochen wird http://www.neopresse.com/politik/krieg-gegen-den-terrorvier-millionen-tote-moslems-seit-1990/, ist schnell klar, wie die HassFron- ten verlaufen.

Und schon türmt sich Neues auf. Den Kurden wird einmal mehr ein unabhängiges Terrain missgönnt. Nicht nur, dass sie in der Türkei, im Iran und in Syrien diskriminiert sind, auch PeschmergaLand ist in Gefahr. Denn auch hier gibt es Öl, Öl, das die IrakKurden dem IS abgejagt haben, nun aber  an den eigentlichen Eigentümer, den irakischen Staat abtreten müssen. Die Wut darüber, aber auch die ausufernden Übergriffe der irakischen Armee sowie die jüngsten türkischen Angriffe auf Nordsyrien (Afrin) haben einen neuen Krieg entfesselt und die Autonomie für Kurden gänzlich in Frage gestellt. Und wieder gibt es Tausende von Flüchtlingen http://www.fr.de/politik/nordirak-irakische-armee-draengt-kurden-zurueck-a-1369945.

Wer in dieser Situation an die Beseitigung von Fluchtursachen glaubt, ist mehr als auf dem Holzweg. Fest steht: Die Migrantenströme werden keineswegs „austrocknen“. Wir dürften nur neuen Gesichtern begegnen. Und neuem Hass, der sich letztlich auch auf Europas Straßen manifestiert.

Nach Trumps letztem Besuch ist es wohl so, dass Saudi-Arabien, Amerikas wichtigster Unterstützer im Mittleren Osten, massive, vor allem: militärische Unterstützung erhält und der Iran trotz des erfolgreich vereinbarten Atomwaffenabkommens in neue Bedrängnis gerät. Zumal dessen Kampf- kraft mit zunehmender Schwächung des IS immer weniger gebraucht wird.

Problemfeld Türkei: Die Balkanroute ist faktisch geschlossen und die Ägäis ist heute weitgehend frei von Flüchtlingen. Folgt man den Recherchen der ZEIT, dann kommen seit Abschluss des EU/Türkei-Abkommens deutlich weniger Migranten in Griechenland an. Während es im Januar 2016 laut UNHCR noch 67.000 waren, ging ihre Zahl bis Anfang 2017 auf etwa 1.200 zurück. Heute sind es vermutlich noch weniger. Offenbar schützt Er- dogan seine Grenzen jetzt wirksamer und geht effektiver gegen Schleuser vor http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-02/fluechtlingsabkommen-tuerkei-eu-inhalt. Wie es heißt, seien von der EU im Rahmen der für 2016 und 2017 zugesagten Flüchtlingshilfe (3 Milliarden Euro) bis Januar 2017 2,2 Milliarden Euro gezahlt worden. Auch der Migrantenaustausch scheint derzeit zumin- dest in einer Richtung zu funktionieren. Bis Mitte April 2017 seien knapp 4.900 Menschen aus türkischen Lagern in die EU überführt worden, wobei 1.770 auf Deutschland, 1.030 auf die Niederlande, 690 auf Frankreich und 384 auf Finnland verteilt wurden. Auch in Schweden, Belgien, Italien und Spanien wurden einige von ihnen aufgenommen http://www.rp-online.de/politik/deutschland/eu-tuerkei-abkommen-deutschland-nimmt-die-meisten-fluechtlinge-auf-aid-1.6771424 . Umgekehrt habe die Türkei bis Januar 2017 nur 865 Personen übernommen. Neuere Zahlen sind nicht bekannt. Nach wie vor hält die türkische Regierung das Abkommen für gefährdet, da wichtige politische Zusagen der europäischen Seite nicht erfüllt wurden. So gebe es noch immer keine Visafreiheit für türkische Bürger.

Brüssel wiederum erklärt, dass es Erdogan sei, der die Vereinbarung gefährde. So bestehe er weiter auf seinen Antiterrorgesetzen und setze alles daran, politische Gegner zu verfolgen und einzusperren. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 agiere Erdogan zunehmend autoritär, die Einhaltung rechts- staatlicher und demokratischer Prinzipien sei nicht mehr gewährleistet. Genau die aber wären Voraussetzung sowohl für weitere Türkei/EU-Bei- trittsverhandlungen als auch für die geforderte Visafreigabe http://www.zeit.de/%20politik/ausland/2017-02/fluechtlingsabkommen-tuerkei-eu-inhalt . Bis September 2017 hat sich diese Situation weiter verschärft. Die Ereignisse nach dem Votum für ein Präsidialsystem – vor allem die Verhaftung von mittlerweile 55 deutschen Staatsbürgern https://www.merkur.de/politik/tuerkei-laesst-zwei-weitere-deutsche-aus-politischen-gruenden-inhaftieren-zr-8646194.html und der  Hickhack um Besuche in Incirlik – belegen das eindrucksvoll https://www.tagesspiegel.de/politik/bundeswehr-in-incirlik-deutschlands-politische-glaubwuerdigkeit-steht-auf-dem-spiel/19822998.html.

Im bundesdeutschen Wahlkampf war des öfteren vom Abbruch der Bei- trittsverhandlungen, zumindest aber vom Einfrieren der im Rahmen der Beitrittsvorbereitung fließenden Gelder die Rede. Eine EU-weite Unter- stützung dafür steht jedoch aus.

Besagte Konflikte, vor allem aber die politischen Verhältnisse am Bosporus haben auch viele Türken zu Flüchtlingen gemacht. Tausende von ihnen bitten in Deutschland um Asyl, aber nur einem Teil von ihnen wird es auch gewährt http://www.rp-online.de/politik/zahl-tuerkischer-asylbewerber-auf-hoechststand-aid-1.7080797 .

Anfang 2018 gelang es Außenminister Gabriel, die Lage etwas zu entspannen. Fragt sich, für wie lange?

Fluchtquelle Afrika: Auch wenn Afrika ständig der große Aufbruch pro- phezeit wird, noch herrschen in weiten Teilen des Kontinents bittere Not, Terror und Tod. Korrupte Eliten verspielen die letzten Bodenschätze, Potentaten knechten ihre Völker, religiöse Fanatiker hetzten zum Völkermord und der Klimawandel tut ein Übriges. Die Beweggründe, Boden und Heimat zu verlassen, sind also vielfältig und schnell nachzuvollziehen. Oft spielen wirtschaftliche Gesichtspunkte die Hauptrolle. Meist aber überlagern sich die Motive. In vielen Ländern toben ethnische Konflikte und Bürgerkriege, in anderen grassiert die Dürre. Verknüpft mit dem rasanten Bevölkerungswachstum, gebären vor allem Nordost-Afrika und die Sahelzone Hunger, Durst und Verzweiflung – denen allzu oft Flucht und Versklavung folgen. Heute fliehen die Menschen vor allem aus dem Senegal, aus Eritrea, Somalia und dem Süd-Sudan, wobei viele der Migrationsrouten über den Niger und den Tschad führen. Irgendwie gebündelt landet dann alles tot in der Téné- ré-Wüste https://www.tagesschau.de/ausland/niger-fluechtlingsroute-101.html  oder nach qualvollen Gewaltmärschen in libyschen Flüchtlingslagern. Ob und wie es dann weitergeht, hängt von den Schleusern ab, die die Überfahrt nach Europa oder den Tod organisieren.

Diesen Strom aufzuhalten, den Fluchtursachen beizukommen, ist nicht einfacher als Kriege im Nahen/Mittleren Osten abzustellen. Die deutsche Kanzlerin aber scheint der Öffentlichkeit seit Monaten das Gegenteil aufschwatzen zu wollen – weil noch mehr Flucht schwer zu vermitteln ist. Vor der Bundestagswahl stellte sie umfangreiche Hilfen für Afrika in Aussicht. Schaut man genauer hin, dann schwärzt sich das Bild https://magazin.spiegel.de/SP/2017/9/149766095/index.html . Frau Merkel streut Peanuts aus, wo Milliar- den gebraucht würden. Ihre Reisen nach Kenia, Angola und Nigeria sind ein treffendes Beispiel dafür. Hier wurde vor allem Heißluft geblasen und die Ertüchtigung des Militärs angemahnt http://www.spiegel.de/politik/ausland/merkel-auf-reisen-rastlos-in-afrika-a-774556.html . Peinlicher konnten diese Auftrit- te nicht ausfallen. Merkel mahnte mehr Sicherheit an, ohne die Probleme der Menschen auch nur anzukratzen. Merkel riet zum Kauf von Waffen. Und Teufel noch mal: Sie hatte sicher auch Einflüsterer dabei.

Thomas Kirchner, Moritz Matzner und Isabel Pfaff hatten bereits Ende 2016 festgestellt, dass die Kooperation mit den Afrikanern – sowohl, was die Zu- sammenarbeit in der internationalen Organisation für Migration (IOM) als auch die Arbeit im sogenannten Khartum-Prozess anbelangt – gründlich misslingt (Süddeutsche Zeitung vom 30. Dezember 2016). Weil – so ein O-Ton aus dem Team – zum einen mit Diktatoren verhandelt werden müsse (Süd-Sudan, Tschad, Eritrea), zum anderen zu wenig Geld, respektive das richtige Geld für den falschen Zweck verausgabt werde. Denn den Euro- päern gehe es vor allem darum, vor Ort „migrationsbehindernde“ Gesetze zum Laufen zu bringen, relevante politische Programme umzusetzen und Grenzbeamten bei Training und Ausrüstung zu unterstützen. Nirgendwo sei dagegen etwas vorgesehen, was die Lebensbedingungen der Bevölke- rungen nachhaltig verbessern könnte. Dabei seien Grund und Ausmaß der Migration gerade durch politische Missstände und materielle Not bedingt. DER SPIEGEL schlägt in eine ähnliche Kerbe. Dabei erfährt man, dass af- rikanische Machthaber wenig Interesse am Stopp der Migration haben. Sie seien froh, wenn sie arbeitslose, aufmüpfige Jugendliche loswürden oder aber top-erfreut, wenn ihnen für die Rücknahme von Flüchtlingen Prämien offeriert würden.

Absprachen mit Diktatoren führten oft zu negativen Ergebnissen, nämlich zu deren Stärkung, gefolgt von zunehmender Repression gegen die eigene Bevölkerung und wachsender Abwanderung. Deutschland und Europa – so das Blatt weiter – müssten einen Paradigmenwechsel in der Afrikapolitik ansteuern. Die in den zurückliegenden 60 Jahren investierte Entwicklungs- hilfe (2 Billionen US-Dollar) habe nichts gebracht. Jetzt käme es darauf an, die Steuerbetrügereien der multinationalen Rohstoffkonzerne auszuhebeln (jährlicher Verlust der afrikanischen Staaten: 100 Milliarden US-Dollar), die Schwarzgeldkonten von Kleptokraten aufzudecken, das Bevölkerungswachstum einzudämmen und Entwicklungshilfe als das zu betrachten, was sie sein muss: Hilfe zur Selbsthilfe. Die wirkliche Kraft für einen Umbruch könne aber nicht von außen, sie müsse von innen kommen. Das setze voraus, dass die junge Generation in den Ländern gehalten und für den Reformpro- zess eingesetzt werde. Die meisten Regierungen Afrikas zerstörten jedoch die Zukunftschancen und leisteten damit der Migration Vorschub. Unter diesen Voraussetzungen könne man getrost davon ausgehen, dass die Lage bald eskaliere. Immerhin werde sich die afrikanische Bevölkerung bis 2050 nicht nur auf etwa 2,4 Milliarden Menschen verdoppeln, sie wird auch viele ihrer Wissensträger verlieren http://www.spiegel.de/spiegel/wie-fluchtursachen-in-afrikanischen-herkunftslaendern-bekaempft-werden-koennen-a-1128361.html.

Leider wird weder in der Süddeutschen noch im SPIEGEL tiefer gegraben. Kleptokraten und Potentaten – es gibt sie nicht von ungefähr. Sie sind fast ausschließlich das Ergebnis einer verhängnisvollen Geopolitik des Westens – vor allem der USA, Frankreichs, aber auch Israels. Was Rohstoffkonzerne in Afrika anrichteten/anrichten und welche Folgen das hat, ist ausreichend dokumentiert: http://www.deutschlandfunk.de/ausbeutung-in-afrika-tom-burgis-analysiert-die.1310.de.html?dram:article_id=378241 und  https://www.welt.de/politik/ausland/article106139906/Sklaverei-im-Kongo-Arbeiten-wo-der-Teufel-wohnt.html und https://www.freitag.de/autoren/justrecently/wie-ein-kontinent-ausgepluendert-wird

Seit dem Flüchtlingsgipfel in Paris geht es auch um sogenannte Migrations- partnerschaften. Sprich: Die Europäer beabsichtigen, eine zweite, im afrikanischen Hinterland angedachte „Frontlinie“ aufzumachen. Dabei wollen sie sich mit heimischen Partnern zusammentun. Deren Aufgabe würde es sein, bereits dort – also hunderte Kilometer vom Mittelmeer entfernt – die Flüchtlingsströme zu unterbrechen. Angesagt sind vor allem die Regieren- den im Niger und im Tschad, weil deren Herrschaftsgebiete als Dreh- und Angelpunkt für die nach Norden gerichteten Flüchtlingsströme gelten http://www.fr.de/politik/flucht-zuwanderung/flucht-und-migration-in-der-fluechtlingspolitik-sucht-sich-europa-neue-partner-a-1341155 . Dass Europa keine Wahl zu haben glaubt und sich deshalb auch Despoten als Handlanger aussucht, ist bezeichnend für die derzeitige Denke. Und gleichzeitig der Angriffspunkt für harsche Proteste von politischen Gegnern.

Einige Monate zuvor, im Februar 2017, hatte Brüssel mit einem sogenann- ten Zehn-Punkte-Plan auf sich aufmerksam gemacht. Das in Malta verabschiedete Papier sah vor allem eine stärkere Zusammenarbeit mit Libyen vor. In den kommenden Monaten – so hieß es – müssten die Zustände in den zahlreichen Flüchtlingslagern signifikant verbessert werden. Es gelte vor allem, die libysche Küstenwache zu reformieren, sprich: zu einem tauglichen Werkzeug für die Abwehr von Schleusern und Flüchtlingen zu ma- chen. Die Wirklichkeit aber sieht anders aus.

Wie Andrej Hunko in einem Kommentar vermerkt, befinde sich das Schleu- sergeschäft fest in der Hand von Angehörigen des Militärs und der Polizei. Die libysche Küstenwache sei eine kriminelle Vereinigung, die mehrfach auf Seenotretter geschossen habe. Mit diesen Kräften nun kooperiere Europa. Sinn und Zweck sei es, die Ergebnisse der Aufklärung und Seeüberwa- chung (hier agieren die EU-Agenturen Frontex, EFCA und EMSA) an ein libysches, durch EU-Gelder finanziertes Lagezentrum zu übermitteln, um Fluchtmöglichkeiten von Grund auf zu minimieren https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/311273.t%C3%BCrsteher-der-festung-europa.html. Insider sprechen von ers- ten Erfolgen, und auch KanzleramtsChef Altmaier ist optimistisch, was die künftigen Flüchtlingszahlen betrifft http://www.rp-online.de/politik/deutschland/interview-mit-peter-altmaier-zustrom-der-fluechtlinge-laesst-nach-aid-1.6840934. Woher man allerdings die gespielte Zuversicht nimmt, ist unbekannt.

Derzeit glaubt nämlich niemand, dass besagte Maßnahmen in einem Land ohne stabile Staatlichkeit überhaupt fruchten können. Bis es zu dieser Ord- nung komme – so die Meinungen der Kritiker – würden noch Monate, wenn nicht Jahre, vergehen.

Außerdem wird vergessen, dass diejenigen, die keine Chance auf Asyl ha- ben (die Lager also gar nicht erst anlaufen), nach wie vor auf „herkömmliche Weise auswandern“ werden. Selbst wenn sich die Fluchtbedingun- gen seit Juli 2017 sukzessive verschlechtern. Man bedenke, dass es seit September neue Flucht-Routen gibt: über das Schwarze Meer nach Ru- mänien oder Bulgarien https://www.n-tv.de/politik/150-Menschen-vor-Rumaeniens-Kueste-gerettet-article20031845.html. Klar: Wenn man den jährlichen Zulauf von Hunderttausenden nach Europa stoppen will, kann man diese Menschen nicht weiterhin retten und auf italienischem Boden absetzen. Denn dann würden sie – vermutlich weitgehend unkontrolliert nach Norden, genauer gesagt: nach Westeuropa und hier vor allem nach Deutschland und in die Niederlande verschoben. Folglich glauben die Regierenden – vor allem die in Frankreich und Deutschland – dass man die Flüchtlinge zurückführen, die Schleuser dingfest machen und besagte Lager zu attraktiven Aufent- haltsorten umgestalten müsse https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-aggressiv-und-ruecksichtlos-das-brutale-vorgehen-der-libyschen-kuestenwache-100.html . Aber wie viel Zynismus liegt in dieser Formulierung? Und was erfährt man aus den schon bestehenden gefängnisartigen Unterkünften? Doch wohl das Allerschlechteste http://www.zeit.de/2017/18/zwangsarbeit-libyen-fluechtlinge-sklaven.

Dennoch werden die Auffanglager – kombiniert mit vorgelagerten Flucht- wegsperren – als brauchbare Lösung favorisiert. Sie sollen der Unterbrin- gung, gleichzeitig aber auch als Hotspots dienen, als Anlaufstellen, in de- nen über Asyl oder Zurückweisung entschieden wird. Kurz gefasst heißt das: Illegale Zuwanderung wird mit allen, auch militärischen Mitteln, ver- hindert – die legale übers Schlangestehen am BrainDrain-Check-Point extrem ausgedünnt. Blind oder bewusst gestreute Mutmaßungen, dass 60-90 % der Migranten Wirtschaftsflüchtlinge seien, passen in dieses Bild. Nicht die Not treibe die Menschen – versucht man klarzustellen – es sei schon der Drang, sich ökonomisch besser zu stellen. Tatsächlich will man die Filter engziehen. Kann man die Betroffenen als Wohlstandsuchende diffamieren, ist die Abweisung ein einfaches Spiel.

Andererseits muss sich Europa – zumindest nach außen hin – ethisch kos- tümieren, muss nachweisen, dass es die akute Not lindern will. Dass sei- ne Eliten insgeheim nach brauchbaren „Kadern“ dürsten, wird im Kontext schnell mal verschwiegen http://www.spiegel.de/thema/fachkraeftemangel/.

Auch eine Studie der EU-eigenen Denkfabrik Bruegel scheint bestens in die auf „Abwehr und Filter“ fixierte Politik zu passen. Hiernach würden die Fluchtursachen und damit auch die Migration erst dann beseitigt/gegen- standslos, wenn das durchschnittliche Mindesteinkommen der Afrikaner 9.000 US-Dollar pro Jahr erreiche. Dies treffe derzeit nur auf sieben der insgesamt 47 Staaten des großen Kontinents zu. Anders herum betrachtet, löse ein vorsichtig angesetztes durchschnittliches Wachstum von 2% kei- nerlei Probleme https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/heute-journal-vom-14-august-2017-100.html, Minute 14:03. Keine Ahnung, ob diese Ergebnisse fair ermittelt oder bewusst gestreut wurden, um die jetzt avisierten Lösungen hoffähig zu halten.

All diese Überlegungen wurden seit Mai 2017 von harschen Protesten begleitet. Sowohl Grüne als auch Linke lehnen die auf dem Pariser Flüchtlingsgipfel angedachte „Verlegung der EU-Südgrenze“ vehement ab http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-08/fluechtlingsgipfel-paris-europa-migration-krise . Mit solchen Maßnahmen – so hieß es – würden allenfalls Symptome bekämpft. Und wenn man Diktatoren südlich von Libyen in die Lage versetze, Flücht- lingsströme zu drosseln, dann wäre dies ein Grund für neue massenhaf-   te Fluchten http://www.rp-online.de/politik/kritik-an-verlagerung-der-asylpruefung-nach-afrika-aid-1.7047917. Ähnlich äußerte sich auch ARD-Journalist Georg Restle in einem viel beachteten Kommentar https://www.morgenpost.de/politik/article211742981/So-geisselt-Tagesthemen-Kommentar-Merkels-Fluechtlingskurs.html .

Wenn wir über Fluchtursachen diskutieren, sollte auch über die Verantwortung der Weltgemeinschaft insgesamt nachgedacht werden. Und zwar sofort. Denn die jüngsten Mitteilungen des UNHCR sind mehr als alarmierend. Hiernach sind die weltweiten Zuwendungen für Afrika-HilfsProjekte zu zwei Dritteln(!!!) ausgeblieben https://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/fluechtlnge-uganda-unhcr-lebensmittel-rationen-100.html. Was das mit Blick auf die Migration bedeutet, kann sich jeder ausrechnen. Bereits jetzt sind 1,5 Millionen Menschen wegen Versor- gungsmängeln aus dem SüdSudan nach Uganda geflohen.

Beseitigung von Fluchtursachen – ein Fazit: Ob der Nahe und Mittlere Osten, ob Afrika – die Voraussetzungen für ein Ende der Fluchtbewegung sind nach wie vor denkbar schlecht. Ob Migration künftig „kanalisiert“ werden kann oder aber ausufert, bleibt offen. Noch hält das Abkommen mit Erdogan. Noch ist der Zulauf aus Libyen und Ägypten überschaubar. Doch was geschieht morgen?

Auch wenn es von der Politik ständig beschworen wird: Es ist unmöglich, die Außengrenzen der EU gegen ungeregelte Einwanderung zu sichern. Die grünen Grenzen sind schier endlos und die Meere nicht abzuschotten. Nie- mand kann beides im Auge behalten – es sei denn, er verlegt die Südgrenzen nach Afrika und errichtet Grenzzäune, die Ausmaß und Länge der Chinesi- schen Mauer um ein Mehrfaches übertreffen. So gesehen, ist zumindest die mittelfristige Prognose einfach: Europa kann die massenhafte Einwande- rung zeitweise drosseln, verhindern kann es sie kaum.

 

Neuer Zulauf, nasser Tod oder KZs: Seit die Wege über den Balkan und über die Ägäis versperrt sind, kommen die Flüchtlinge übers Mittelmeer. 2016 sind über 180.000 Menschen über diese Route nach Europa gelangt. Allein in Libyen sollen weitere 700.000 bis 1.000.000 Migranten auf die Möglichkeit warten, in den Norden zu ziehen. Europa will hingegen nur etwa 250.000 von ihnen aufnehmen. Obwohl aus anderen Quellen verlautet, dass man mit bis zu 400.000 Flüchtlingen rechne https://www.welt.de/politik/ausland/article163268722/Regierung-rechnet-2017-mit-bis-zu-400-000-Fluechtlingen-aus-Afrika.html.

Bis Mai 2017 sind bereits etwa 50.000, bis Mitte Juli fast 95.000 Flüchtlin- ge in Italien eingetroffen. Noch immer werden sie von Marine- und privaten Bergungsschiffen an Bord genommen – auch wenn die Aktionen zunehmend restriktiver ablaufen. Diese Rettungen – so hieß es vor Monaten auch regierungsamtlich – manifestierten Menschlichkeit. Man helfe den in Not Befindlichen, tue aber nichts, um Fluchtwillige zu animieren http://www.zeit. de/2017/15/fluechtlinge-mittelmeer-frontex-hilfsboote-seenotrettung. Man muss es nicht glauben – beförderter Sog oder eben keiner: Täglich ertrinken Menschen, die von Schleusern in überfüllte Boote verbracht wurden, in Boote, die vor Erreichen der Ziele ihrer Motoren beraubt werden und zu Hauf kentern. Es ist nicht lange her, da übernahmen private Retter 2000 Flüchtlinge und gerieten selbst in Gefahr http://www.tagesschau.de/ausland/flucht-mittelmeer-103.html. Allein 2016 sind im Mittelmeer 5.000 (2015: 3777) Menschen ertrun ken. Bis Mitte Mai 2017 ist diese Zahl um weitere 1.300 gewachsen. Zu diesem Zeitpunkt sei im Schnitt einer von siebenunddreißig Geflohenen dem nassen Tod zum Opfer gefallen – so die nüchterne Statistik http://www.rp-online.de/politik/bereits-mehr-als-1300-fluechtlinge-2017-ertrunken-aid-1.6809339 .

Nachdem Libyen die Hoheitsgewässer auf 70 Meilen ausgedehnt hat, nachdem Italien massiv gegen private Retter vorgeht, haben Flüchtlinge noch schlechtere Karten. Die libysche Küstenwache kooperiert mit der italieni- schen Marine und engagiert Killerbanden, die Schleuser stellen oder gegen Beteiligung laufen lassen. Auf See befindliche Flüchtlinge werden gewaltsam an die libysche Küste zurückgeführt, an konkurrierende Schlepper ver- kauft oder in besagte Lager gepfercht. Im Nebel der Korruption versucht jeder jeden zu übertölpeln – immer mit dem Ziel, an der Schleusung oder Abwehr von Flüchtlingen Geld zu verdienen. Klare BündnisKonturen sind in diesem Chaos längst verloren gegangen. Denn eine Ordnungsmacht ist vor Ort nicht in Sicht. All diese Vorgänge werden von den zuständigen EU-Institutionen still- schweigend hingenommen, sicher auch mit Geld unterstützt.

Unsolidarisches Europa: Auch im Innern des Kontinents ist die Situati- on angespannt. Fast alle europäischen Staaten weigerten sich monatelang, Flüchtlinge in nennenswerter Anzahl aufzunehmen. Italien und Griechen- land sind als AnlandeOrte überfordert und weitgehend auf sich gestellt. RestEuropa scheint davon nichts wissen zu wollen. Großbritannien macht doppelt dicht, die Osteuropäer und einige skandinavische Länder blocken, Belgien, Frankreich, Österreich etc. ducken sich murrend, und nur Deutsch- land und die Niederlande „lassen in Größenordnungen einfließen“. So die Situation bis September 2017.

Dass diese Lage durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes grundlegend verändert wird, wäre denkbar. Doch bis eine faire Flüchtlingsverteilung wirklich erkämpft ist, dürften noch Monate vergehen. Vorerst könnten auch Einzelinitiativen, wie die von Gesine Schwan, helfen. Sie hofft, dass sich einzelne Kommunen in der EU zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklären und diese auch ansiedeln dürfen. Allerdings gibt es auch hier erhebliche Hürden. Noch nämlich liegt die Entscheidungshoheit bei den Nationalstaaten http://www.forumzfd.de/Interview_GesineSchwan.

Vor allem das gebeutelte Griechenland kann Flüchtlingen wenig bieten. Dabei kampieren noch zig Tausende, die vor dem EU-Türkei-Abkommen in Grie- chenland strandeten, in Lagern. Ohne Chance, jemals in ein Land ihrer Wahl zu gelangen.

Italien dürfte es noch härter treffen. Denn nach Schließen der Balkanroute und nach Abschluss des EU-Türkei-Vertrags läuft fast alles über die Afri- ka-Lampedusa-Schiene. Ein Umstand, den die Tagespresse häufig ausblendet und der nur aufleuchtet, wenn es wieder Hunderte Tote gibt.

Dass die Lager in Italien überfüllt sind, wird zwar registriert, dann aber wird schnell nach Deutschland „durchgeschoben“ – neuerdings auch über die Schweiz. In welchem Umfang das geschieht, ist kaum festzustellen. Insider sprechen von 280.000 bis 300.000 Flüchtlingen, die bis Ende 2016 in Deutschland eintrafen. Hinzu kämen weitere 105.000 Personen, deren Einreise im Zuge der Familienzusammenführung genehmigt wurde http://www.rp-online.de/politik/deutschland/balkanroute-kehrt-die-fluechtlingskrise-zurueck-aid-1.6546461. Für 2017 wurden die Prognosen zunächst kräftig nach unten gerechnet. Und dieser Optimismus offenbar damit begründet, dass vielen Migranten der Weg über Libyen abgeschnitten und der Familiennachzug eher rückläufig gesehen werde. Eine Fehleinschätzung, wie sich jetzt her- ausstellte.

Denn die Zahl der Asylanträge, die für 2017 mit gut 220.000 registriert wurde, ist nach wie vor hoch. Im Klartext heißt das: Migranten sickern nach wie vor in beträchtlichem Umfang nach Deutschland ein, obwohl der Wille und die Möglichkeiten für ihre Aufnahme vielfach ausgereizt sind. Oft hat es den Anschein, dass die Übersicht über einkommende, vagabundierende, einfach und mehrfach registrierte, ausreisepflichtige und klagende Mig- ranten verloren ging und geht. Selbst das Innenministerium muss einräu- men, dass etliche Zahlen „überarbeitungswürdig“ sind http://www.rp-online.de/politik/deutschland/analyse-was-hinter-den-asylzahlen-steckt-aid-1.7193767.

Für 2018 könnte sich die Situation weiter verschlechtern. Vor allem dann, wenn die Nachzugssperre für Familienangehörige von subsidär geschützten Migranten teilweise oder gänzlich entfällt. Derzeit wird im Rahmen von Koalitionsverhandlungen um entsprechende Zahlen gefeilscht – ganz so als ginge es um Waren mit Verfallsdatum. Internen Unterlagen zufolge soll selbst die Kanzlerin mit wachsendem Zustrom rechnen. Sie gehe bis 2020 – so heißt es – von ca. 2 Millionen neuen Flüchtlingen aus https://www.focus.de/politik/videos/internes-papier-geheimbericht-zeigt-mit-so-vielen-fluechtlingen-rechnet-merkel-wirklich-bis-2020_id_5313837.html .

 

BehördenChaos und Staus bei Asylanträgen: Von Januar bis November 2016 gingen hier zu Lande 723.000 Asylanträge ein, wobei viele auf die Fluchtbewegung in 2015 zurückgehen. 450.000 Asylbegehren – so schätzen Experten – waren Ende 2016 noch unerledigt http://www.rp-online.de/politik/deutschland/bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-berg-der-nicht-entschiedenen-asylantraege-gewachsen-aid-1.6494266 . Viele Anträge konnten zunächst gar nicht gestellt werden, weil Papiere fehlten oder die Betreffenden unregistriert, mehr- fach registriert oder einfach nur irgendwo gesehen oder festgenommen wurden. Inzwischen hat sich die Situation auf höchst „unsolidarische Weise“ weiterentwickelt.

So sind im ersten Halbjahr 2017 in Deutschland weit mehr Asylentschei- dungen getroffen worden als in den übrigen 27 EU-Staaten. Laut EURO- STAT waren das hier zu Lande 357.625, im Rest der EU hingegen nur 215.185 Entscheidungen, die jeweils Erstanträge von Asylbewerbern betrafen. Deutschland – so hieß es – sei weiter das mit Abstand wichtigste Zielland für Flüchtlinge und Migranten in Europa http://www.rp-online.de/politik/deutschland-bei-entscheidungen-zu-asyl-an-eu-spitze-aid-1.7246193.

Dass jedes der Bundesländer einen eigenen und z. T. sehr unterschiedlichen Umgang mit den Migranten pflegte, dass das BAMF erst ein Jahr nach dem massenhaften Zulauf richtig in Fahrt kam – beides ist unerträglich. Seit 2016 versuchte man, das Ruder herumzureißen. Mit dem Ziel, den „Durchsatz an Flüchtlingen“ rasant zu beschleunigen. McKinsey hatte der Behörde ein Effizienzprogramm verpasst, etwas, das schnellere Abläufe verhieß, an- dererseits aber auch Schaden anrichtete. Denn seit der Neuregelung haben diejenigen, die Migranten anhören, mit denen, die über Asyl entscheiden, nichts mehr zu tun. Das rief bei Experten heftigen Protest hervor. Wer nicht nachfragen könne, so wandten sie ein, sei auch nicht entscheidungsfähig. Gleichwie: Die Argumente wurden ignoriert, es ging um Größeres.

Tatsächlich konnte das BAMF 2016 über mehr als 700.000 Asylanträge entscheiden. Es ist aber gleichzeitig zu einer kalten, gesichtslosen und knallharten Erledigungsfabrik verkommen – in der nicht nur Arbeitsteilung herrscht, sondern auch Zeitdruck und Angst regieren https://blendle.com/i/die-zeit/behorde-auf-speed/bnl-zeit-20170330-eb006b4c2a1?sharer=eyJ2ZXJzaW9uIjoiMSIsInVpZCI6InVscmljaHNjaGFyZmVub3J0aCIsIml0ZW1faWQiOiJibmwtemVpdC0yMDE3MDMzMC1lYjAwNmI0YzJhMSJ9.

Im Februar 2017 hat das BAMF über die Anträge von 71.500 Personen entschieden und die Zahl der anhängigen Verfahren weiter verringert – von 384.500 (Ende Januar 2017) auf 333.800 (Ende Februar 2017)https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2017/03/asylantraege-februar-2017.html . Ende Mai war diese Zahl auf ca.165.000, im August 2017 auf knapp129.500 weiter gesunken https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/flucht/218788/zahlen-zu-asyl-in-deutschland#Verfahren .

Was überdies nicht bedacht wurde: Der ursprünglich vor den BAMF-Filia- len registrierte Stau hat sich in die Gerichte verlagert. Dort nämlich klagen jetzt sehr viel mehr Menschen, die sich aus bloßer Duldung und Abschiebestress befreien wollen. Die Justiz aber ist total unterbesetzt. Bundesweit fehlen nicht nur 20.000 Polizisten, sondern auch 2.000 Richter http://www.rp-online.de/politik/richter-personalmangel-laehmt-justiz-aid-1.6988121

Obwohl jetzt alles einfacher scheint, gibt es bei der Umsetzung der vom Bund verfügten Richtlinien immense Probleme. Es fehlen finanzielle Mittel und Kapazitäten. Viele Handlungsoptionen enden mit Kompetenz- streitigkeiten. Es gibt zu wenig Lehrer, zu wenig Ärzte und – wie oben bereits festgestellt – auch zu wenige Polizisten und Juristen http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-02/bundesanwaltschaft-peter-frank-generalbundesanwalt-brief-unterstuetzung-terrorverfahren . Vor allem bei der Ausbildung von Flücht- lingskindern, aber auch bei der Arbeitsbeschaffung für Flüchtlinge ohne Asylbescheid (Programm: 100.000 Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge) häufen sich die Querelen, die auf fehlende Kapazitäten oder bürokratische Hürden zurückgehen https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-16-03-2017/schulpolitik-fuer-fluechtlingskinder.html  Die Bedingungen, die Flüchtlinge – je nach Status – erfüllen müssen, sind inzwischen fixiert. Dass die Betroffenen sich darin auskennen, ist unwahr- scheinlich. Wo sie sich aufhalten müssen, ob sie arbeiten können oder nicht: das alles muss der deutschen Bürokratie geradezu entrissen Ohne deutsche Helfer, ohne Vertrautheit mit dem Netz … ein Ding der Unmöglichkeit http://www.bamf.de/DE/Infothek/FragenAntworten/ZugangArbeitFluechtlinge/zugang-arbeit-fluechtlinge-node.html. Hinzu kommt, dass ein Teil der Migranten nicht bereit ist, bestimmte Grundvoraussetzungen für Integration zu erfüllen. Deutschkurse – so heißt es vielfach – seien schlecht besucht. Oft fehle der Wille, konsequent aufzuschließen http://www.mdr.de/fakt/fakt-deutschkurse-fuer-fluechtlinge-102.html.

Ganz klar: Der aus den Unzulänglichkeiten entstandene Druck ist immens, weil Flüchtlinge, die monatelang zum Warten verdammt sind, weil Flücht- linge, denen die Familienzusammenführung verwehrt wird, weil Flüchtlinge, die eine Wohnsitzauflage, die bloße Duldung oder – schlimmer noch: den Abschiebebescheid vorfinden, eine latente Gefahr für sich selbst und die umgebende Gesellschaft darstellen. Aus dem Willen zum Aufbruch wurde und wird der Wille zum Widerstand.

Falsche Entscheidungen – mit fatalen Folgen: Wer die Dinge aus ihren Ursprüngen heraus verstehen möchte, muss weit zurückblättern – in den September 2015. Damals kippte Frau Merkel die Dublin-Vereinbarung und riss das Tor auf. Mit der Folge, dass der Migrationsdruck auf ein bisher unbekanntes Maß anschwoll – so stark, dass niemand die notwendigen Registrierungs-, Versorgungs- und Unterbringungsvorgänge pro Zeiteinheit schultern konnte. Große Teile der deutschen Bevölkerung erstarrten gerade- zu. Kein Wunder, dass aus dieser Unvorbereitung Angst, Unzufriedenheit, Pegida und AfD aufwuchsen.

Viele Monate lang stand gravierendsten Problemen eine unverantwortliche Verharmlosungskampagne gegenüber. Ein Gespann aus Politikern, verbündeten Hofschranzen, bezahlten Entertainern und vereinnahmten Medien- vertretern stieß in das Horn des „Wir schaffen das!“. Die Betroffenheits- kultur blühte, und Multi-Kulti wurde in neuen Schläuchen verkauft. Ja,   es triefte geradezu von abgesegneten Halbwahrheiten, offenbar weil man glaubte, der Bevölkerung die ganze Wahrheit nicht zumuten zu können.

Strategie hin, Taktik her. Natürlich ist es richtig, wenn man einer Gefahr beherzt entgegentritt, wenn man vorbehaltlos zupackt und Panik ver- meidet. Doch hier hat der Staat monatelang versagt. Heute muss er mit dem Geschehen klarkommen. Mühte er sich ernsthafter darum, wäre das Schlimmste ausgestanden. Doch es wird gejubelt und gut gefunden, von Erfolgen gesprochen, wo selbige ausbleiben. Die Auseinandersetzung mit dem, was verquer läuft, die Vermarktung ignorierter Spannungen zwischen Flüchtlingen und einheimischer Bevölkerung werden der AfD überlassen.

Wie falsch der überstürzte Einlass von Flüchtlingen war, lässt sich auch daran ermessen, dass 18 Monate nach dem „Massen-Wellcome“ 100.000 Asylbescheide neu aufgerollt, sprich: auf Fehler/Unregelmäßigkeiten hin untersucht werden müssen https://www.tagesspiegel.de/politik/bundeswehroffizier-gab-sich-als-fluechtling-aus-2000-asylverfahren-werden-ueberprueft/19762706.html . Gar nicht auszudenken, was irrtümlich akzeptierte Gefährder in der Zwischenzeit anrichten konnten. Im Juni 2017 wurden 350 aus dieser „Sparte“ mit Haftbefehl gesucht – vergeblich http://www.rp-online.de/politik/noch-350-haftbefehle-gegen-islamisten-offen-aid-1.6873131 . Im Dezember sprach der Verfassungsschutz von 10.300 Personen, die der salafistischen Sze-  ne zugeordnet werden müssen – Tendenz steigend http://www.rp-online.de/politik/10800-salafisten-2017-in-deutschland-aid-1.7258386 . Keine Ahnung, wer da im großen Strom mit hereingeschwommen und täglich weiter mit dabei ist. In Kauf genommen wurden auch 6.500 Flüchtlingskinder, die Mitte 2017 als vermisst galten. Kinder, von denen man nicht weiß, ob sie inzwischen bei Verwandten untergekommen sind, ob sie weiter in Deutschland umherirren, entführt oder misshandelt werden.

Inmitten dieser Gemengelage waren es vor allem die Helfer aus der Bevölkerung, die die Flüchtlinge würdig aufnahmen. Sie handelten instinktiv und nach moralischen Grundsätzen. Diejenigen, die sich aus Kriegs- oder Hungergebieten nach Deutschland durchgeschlagen hatten, erfuhren vorbehaltlose Hilfe. Die Bemühungen der Institutionen waren dagegen oft hilflos: Vor den staatlichen Einrichtungen in Berlin standen die Migranten wochenlang in Regen und Kälte.

Ganz rechts wird vieles anders gesehen. AfD und Konsorten pochen auf Stopp und völlige Grenzschließung, fordern die Rückführung fast aller Flüchtlinge und zeigen auf Resteuropa, wo Abschottung en vogue ist. Tat- sächlich hat sich mit AfD und Pegida ein bedeutendes Sammelbecken nicht nur für Ausländerfeindlichkeit und Rassismus, sondern auch für einfache Wutbürger aufgestaut. Mit einem Wählerpotenzial um 10 % hat es die Bun- destagswahlen erheblich beeinflusst. Deutschland könnte – was den Trend „nach rechts“ angeht – schnell zu Ländern wie Frankreich und den Nieder- landen aufschließen.

Vorschnelle Urteile sind dennoch unangebracht. Viele der Rechtsau- ßen-Sympathisanten sind tatsächlich manipuliert, sind voller Angst, aber auch zu Recht erzürnt. Denn überall dort, wo Deutsche (vor allem arme Deutsche) zugunsten von Migranten auf Zuwendung warten oder darauf gänzlich verzichten müssen, bricht Wut aus. Ganz gleich, ob es um die Zuweisung von Wohnraum oder um Fragen der allgemeinen Versorgung geht. Germans first müsste es heißen, doch niemand schert sich um Prioritäten. Im Gegenteil: Man betreibt eine ungeregelte Mischwirtschaft und schaut zu, wie sich neuer Unwille aufbaut. Letztlich staunt man darüber, dass sich die Bürger amerika-like bewaffnen https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/waffen-102.html .

Und noch etwas fällt auf: So wie der Staat immer mal aufgerufen wird, Hartz IVer arbeiten zu schicken, so tun sich heute ähnliche, auf Flüchtlinge bezogene Forderungen auf. Beides zeugt von Unwissenheit, fehlendem Diffe- renzierungsvermögen, ja, Böswilligkeit. Hartz IVer sind nicht mehrheitlich Schmarotzer und Flüchtlinge, nicht a priori arbeitsunwillig. Letztere werden ja vom Staat vielfach gehindert, zu arbeiten. Sie warten zu Hunderttausen- den auf die Durchführung ihres Asylverfahrens und dürfen nur punktuell irgendwelche niederen Tätigkeiten ausüben. Da geht gar nichts, da müssen Anträge gestellt werden, da entscheidet jede Kommune nach Wissen und Unwissen – immer in der Erwartung, gelobt, unterstützt oder beschimpft zu werden. Denn Ausbildung und reguläre Arbeit setzen einen Status voraus. Doch kaum jemand weiß, welcher das ist.

Eines sollten wir stets vor Augen haben: Die meisten der bisher registrierten Flüchtlinge stammen aus dem Mittelstand – wo auch immer sie vorher zu Hause waren. Es handelt sich also um risikobereite, gestandene Bürger. So gesehen, sollten wir doppelt würdig mit ihnen umgehen und unbillige Forderungen stecken lassen.

Die Deutschen erleben das Ganze sehr unterschiedlich. Sie spüren die Anwesenheit von Flüchtlingen in der Nachbarwohnung, bei Spazier- oder Behördengängen, als Helfer in Flüchtlingsheim und Schule, auf dem Wochenmarkt oder eben gar nicht. Das läuft von Null bis Hundert und erzeugt unterschiedliche Reaktionen. Dort, wo mit großem Schub und Erfolg die deutsche Sprache vermittelt und praktiziert wird, entspannt sich vieles. Wo die Begegnung auf Enttäuschung (über deutsches Versagen), undifferenzierte Bedrohung, Anfeindung, ja Verbrechen hinausläuft, eskaliert die Spannung.

Ich möchte rekapitulieren: Frau Merkel und Co. haben in den zurücklie genden zwei Jahren gravierende Fehler gemacht und Deutschland in eine gefährliche Lage manövriert. Vor der großen Fluchtwelle haben sich die Entscheider (Merkel, Schäuble, de Maizière etc.) dumm/taub gestellt und Italiener wie Griechen allein ge- lassen. Es gab Dublin mit der Pflicht, sich dort registrieren zu lassen, wo man die EU zum ersten Mal betrat.

Deutschland konnte gut tönen, die Flüchtlinge willkommen heißen und nett finden – es musste ja nicht fürchten, „überschwemmt“ zu werden. Wer sich im Süden eintragen ließ, war noch lange nicht in hiesigen Gefilden. Trotz dieser Schieflage fiel die politisch-moralische, ja selbst die finanzielle Un- terstützung der EU für die „Lastenträger“ katastrophal aus. Wobei Deutschland, das am Dubliner Abkommen meisterhaft (nämlich „sich selbst schüt- zend“) mitgewirkt hatte, erhebliche Schuld trägt.

In der Nacht vom 4. zum 5. September 2015 dann die unkontrollierte Grenzöffnung, die weder mit den EU-Ländern, geschweige denn mit Bundestag und Bevölkerung abgestimmt wurde. Angela Merkel löste so etwas wie „Flut“ aus, einen täglich anschwellenden Strom von Zuwanderern, der auch andere Länder – vor allem die auf der Balkanroute – in größte Probleme stürzte https://www.zdf.de/dokumentation/europa-und-die-fluechtlinge-122.html. Die Möglichkeit, eine Woche nach Grenzöffnung wieder „dicht zu machen“, ließ Merkel ungenutzt – ein Umstand, der bis heute heftige Vorwürfe generiert http://www.rp-online.de/politik/grenzstreit-naechster-akt-aid-1.7253273.

Als die Fluchtroute dann im Laufe von Monaten „zugemacht“ wurde,     als von Land zu Land gigantische Zäune wuchsen, kam Kritik auf – eine heuchlerische, die auch von grün und links flankiert wurde: Welch eine Zurückweisung, welch brutale Ab- und Einsperrung!

Als ob genau das der Kanzlerin, die sich inzwischen heftiger Kritik ausgesetzt sah, nicht zupassgekommen wäre. Als ob die Schließung der Balkanroute nicht plötzlich als Segen empfunden wurde, als etwas, das man lauthals auch abweisen konnte: Ja, Pech! Wenn die niemand mehr durchlassen Parallel dazu eine endlos währende Bagatellisierungswelle – ein pauschales „Wir schaffen das“ – ohne Hinweis auf realistische Lösungen und Zeiträume.

Im Beipack schließlich die gigantische Medienkampagne, ein künstlich aufgeblähter Willkommensbahnhof, etwas, das die schamlose Ausbeutung der Hilfswilligen nach sich zog. Viele der Helfer wurden durch die Wucht der Ereignisse überfordert, viele wegen der Unfähigkeit des Staates desillusioniert. Dennoch verstand es die Regierung, große Teile der konservativen, aber auch der grünen und linken Bürger und Medien für sich einzuspannen.

Ab in sichere Drittstaaten! Erst als im Winter 2015/2016 klar wurde, dass das Verhältnis von Flüchtlingen pro Zeiteinheit zu Lösungen pro Zeiteinheit nirgendwo passte, wurde ein- und umgelenkt. Auf einen see- hoferfeindlichen Seehoferkurs, der, je länger er währte, in immer krasseren Widerspruch zu dem geriet, was früher postuliert wurde. Die Kehrt- wendung geht inzwischen soweit, dass Dublin-III erneut eingefordert  wird – vor allem von deutschen Politikern. Wir könnten davon ausgehen – so heißt es in einem Report aus Brüssel – dass Flüchtlinge, die bei ihrer Einreise in Griechenland registriert wurden, sich dann aber nach Deutschland absetzten, zurück müssten https://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-griechenland-177.html . Griechenland, das die Dinge zunehmend besser  in den Griff bekomme, sei das jetzt zuzumuten. Ein Witz, aber er wird hochgehalten http://www.tagesschau.de/ausland/unhcr-griechenland-101.html.

Dennoch: Dublin liegt in der Luft, die Rückführung der Migranten könnte schon morgen veranlasst werden. Vorher aber gilt: abschieben, was geht. Das, worüber im September 2015 kaum oder gar nicht gesprochen wurde, steht plötzlich wie ein Fels im Raum. Und in krassem Widerspruch zur Unfähigkeit, das Gewollte auch umzusetzen.

Aber die Konservativen schieben. Sie wollen vor allem die Flüchtlinge los- werden, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten stammten. Deren Rück- führung scheint schnell plausibel. Gut verkaufbar ist sie auch. Wirtschaftsflüchtlinge – und um die geht es dann auch – sollten einfach hinter den Migranten aus Kriegs-, Terror- und Hungergebieten zurückstehen.

Welches aber sind die sogenannten sicheren Drittstaaten? Nun zunächst einmal Länder, in denen die Rückkehrer weder Gefängnis, noch Folter oder Tod erwarten müssen. Nach Vereinbarungen mit den betreffenden Staaten traf das im September/Oktober 2015 auf Albanien, den Kosovo, Monte- negro, Bosnien und Herzegowina, Ghana und Mazedonien zu (der Senegal und Serbien galten schon vorher als sicher). Für Algerien, Marokko und Tunesien sollte es sehr schnell eine ähnliche Festlegung geben. Doch dieser Versuch scheiterte bislang. Was der Bundestag am 13. Mai 2016 noch durchgewinkt hatte, wies der Bundesrat mit Mehrheit zurück. Hier hatten sich die von den Grünen mitregierten Bundesländer gesperrt (Ausnahme: Kretschmann in Baden-Württemberg).

In der Folge gelang es der Regierung lediglich, Afghanistan zu „überreden“, obwohl es gerade dort für Abgeschobene äußerst gefährlich war und ist https://www.proasyl.de/thema/unsicheres-afghanistan/ . Seitdem wird im Wechsel mal geschoben, mal ausgesetzt.

Grüne und Linke, seit Mitte 2015 zumindest flüchtlingspolitisch fest an der Seite von Schwarz-Rot, reagierten auf die schroffe Wende in der Flüchtlingspolitik entsetzt. Sie lehnten nahezu alle von der Regierung eingebrachten Gesetzesvorlagen ab.

Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) wurde besonders deutlich. In einem Interview mit dem Stern ging sie gegenüber Merkel deutlich auf Distanz. Wörtlich hieß es: „Es gibt eine Mitverantwortung, aber sie ist vielschichtig. Neben der unkontrollierten Grenzöffnung ist da die kaputt gesparte Polizei, die weder personell noch technisch so ausgestattet ist, wie es der Gefahrenlage angemessen ist.“ Wagenknecht gab Merkel auch die Schuld daran, dass die AfD so erstarken konnte. Merkel habe bei ihrer Flüchtlingspolitik keinen Plan und kein Konzept gehabt. „Das war letztlich schlimmer als nur leichtfertig; ihre Politik hat viel Unsicherheit und Ängste erzeugt und die AfD großgemacht.“http://www.rp-online.de/politik/wagenknecht-fuer-anschlag-hat-merkel-mitverantwortung-aid-1.6504271 .

Ich teile diese Auffassung. Die in der Folge aufgerufene Chronik der Ereig- nisse beweist die Richtigkeit dieser Thesen. Nur muss jeder, der gegen die allgemeine Verdummung auftritt, immer auch mit Verunglimpfung rechnen. Dass sich die Wagenknecht – sogar aus den eigenen Reihen – vorwer- fen lassen muss, AfD-Parolen zu befördern, ist ebenso unerhört wie typisch http://www.stoerfall-zukunft.de/?p=1317.

Das Boot ist voll, oder? Die Diskussion darüber, wieviel Flüchtlinge ein Land mit FaschismusVergangenheit aushalten kann und muss, ab wann Flüchtlinge als in Not befindlich gelten, ob man Flüchtlinge in die Länder abschieben sollte, in denen sie einen Asylantrag stellten, oder ob es möglich sei, sie einfach in libysche Lager zurückzujagen, ist in vollem Gange. Aber auch das Umgekehrte: Viele Grüne und Linke wollen grundsätzlich jeden aufnehmen, der hier zu Lande ankommt. Offenbar, weil es sich das reiche, immer mal ausbeuteri- sche Deutschland leisten kann, weil man Not zwar sehen, aber nicht einfach maßstaben müsse. Heißt dann wohl: Deutschland sollte in der Lage sein, die gesamte, auf der Flucht befindliche Welt zu retten – 65 Millionen Men- schen, zumindest aber einen großen Teil davon.

Gottlob ist nicht jeder so – nach oben offen. Auch Sahra Wagenknecht – soeben schon zitiert – hat sich von den falschen Samaritern in unserer Gesellschaft abgesetzt. Als promovierte Volkswirtin ist sie prädestiniert für genauere Aussagen. Wenn sie eine Beschränkung der Zuwanderung fordert, hat das Gründe. Die Ökonomie – so sagt sie – gebe Belastungsgrenzen einfach vor. Dass sie nach krachendem Protest jetzt schweigt, hat mit Parteidisziplin zu tun. Und DIE LINKE steht nach wie vor für unbegrenzten Zulauf. Dabei ist ziemlich logisch, dass ein großflächig wegbrechendes Lebensniveau für einheimische Deutsche – und das wäre irgendwannn zu erwarten – zu inneren Unruhen führen muss. Immerhin boomt deutsche Wirtschaft nicht endlos.

Sicher: Wer die angesprochene Obergrenze vertritt, muss die Bitterkeit der Flüchtlingsrückführung voll im Auge haben. Wer spezielle Härtefälle persönlich erlebt, wer sich mit Flüchtlingen angefreundet hat oder konsterniert feststellt, dass ein in Ausbildung befindlicher engagierter und freundlicher Mensch plötzlich ausreisen muss, wird all das nicht begreifen wollen. Völ- lig verständlich, dass da Widerstand aufkommt. Ich sage es deutlich und ganz offen: Wer bereits integriert ist, soll, ja, muss in Deutschland bleiben können!

Dennoch müssen die Grenzen – ob wir es nun wollen oder nicht – scharf gezogen werden, damit das Flüchtlingsproblem für die wirklich Bedürft gen oder besser gesagt: für die am schlimmsten Betroffenen fair, effizient und menschenwürdig gelöst werden kann.

Keine Frage: Selbst wenn man die Dinge moralisch vertretbar regeln möch- te – schmutzige Hände sind programmiert. Man muss sie aushalten können, diese Hände – selbst dann, wenn sich Teile der Bevölkerung abwenden oder übliche Verdächtige stimmungsvoll applaudieren. Wir wissen ja, wer schlau schwätzt oder verunglimpft. Es sind die, die nie zur Lösung von Konflikten beitragen.

Ich bin dafür, die Rückführung von Ausreisepflichtigen weiter zu fördern. Nicht über Lunch-Pakete, sondern über spürbare materielle Hilfe. Auch die von Özdemir vorgeschlagenen Maßnahmen – Handels- und Visaerleichterungen sowie Stipendien – scheinen geeignet http://www.rp-online.de/politik/deutschland/gruene-cem-oezdemir-schlaegt-visa-erleichterung-fuer-maghreb-staaten-vor-aid-1.6511677.

Auf keinen Fall dürfen wir Staaten, die Flüchtlinge zurücknehmen sollen, nötigen. Scharfmachern, die das bereits anregten (so auch McKinsey), muss schnell begegnet werden. Politische Erpressung oder die Kürzung von Entwicklungshilfe sind denkbar ungeeignete Mittel, um zügig ans Ziel zu kommen. Vor allem Ländern, die wirtschaftlich am Boden liegen, wird es schwer fallen, Leute zurückzunehmen. Geht es um politisch Missliebige oder Straftäter, dann sieht es noch finsterer aus. Für Letztere müsste in Haftanstalten investiert und gleichzeitig eine zumutbare Perspektive garan- tiert werden.

Die „Sortierung“ ohne Rückführungsgesetz: Die Deutschen äußern mehrheitlich, dass Deutschland nur diejenigen aufnehmen sollte und kann, die in akuter Not sind. Wer dieses Kriterium nicht erfülle – so die ebenso klare Position – müsse zur Rückreise in sein Herkunftsland bewegt werden. Die Situation der ersten Gruppe ist relativ klar: Man wird ihren Mitgliedern Asyl gewähren – ohne zunächst abzuklären, ob ein dauerhafter Aufenthalt in Deutschland oder aber die Rückkehr in eine inzwischen „bewohnbare Heimat“ geboten sind. Hierbei ist zu bedenken, dass es derzeit kein Gesetz gibt, das die planmäßige Rückführung der Flüchtlinge nach Ausräumen der Fluchtursachen vorsieht. Den Mächtigen im Lande kann das nur recht sein, denn es gibt ihnen Zeit, unter den Migranten diejenigen herauszufiltern, die ihnen „tauglich“ erscheinen. O-Ton aus der Wirtschaft: Es mag sein, dass der beabsichtigte BrainDrain den Herkunftsländern schade – Deutschland würde er nutzen. Immerhin könne der bestehende Fachkräftemangel – zumindest teilweise und dann auch kostengünstig – beseitigt werden. Jetzt müsse der Staat zügig in Förderprogramme investieren http://www.rp-online.de/wirtschaft/auslaender-verdienen-weniger-als-deutsche-aid-1.6470748 .

Fragt sich, was mit den Flüchtlingen wird, die „verschmäht“ werden. Auch da dürfte es eine – wenn auch unausgesprochene – Lösung geben. Sie würden der staatlichen Wohlfahrt (sprich: dem Steuerzahler) überlassen – in ein soziales Netz geleitet, das jetzt schon prall ist.

Anders herum gedacht: Niemand kommt derzeit auf den Gedanken, die Flüchtlinge generell auszubilden – ohne Ansehen der Person und Pers- pektive. Eine Befragung der Dax-Unternehmen hatte dieses Bild bereits 2016 bestätigt. Ganz sicher wartet man seitdem auf den Staat, von dem man meint, dass er die entsprechende Vorbildung finanzieren müsse.

Wäre es da nicht eine zwingende Aufgabe der Bundesregierung, tief in die Tasche zu greifen? Und sehr viel mehr Menschen zu qualifizieren als die hiesige Wirtschaft fordert? Könnte Entwicklungshilfe für Syrien, den Irak, Äthiopien, Nigeria etc. nicht auch so aussehen? Stünde es uns nicht gut zu Gesicht, diese Hilfe mal nicht als Blankoüberweisung an korrupte Potenta- ten, sondern effizient und direkt zu vergeben?

Flüchtlinge der Gruppe I – das sind vor allem syrische Kriegsflüchtlinge, denen in der Regel Asyl gewährt wird – können den Nachzug von Ange- hörigen aus ihrem Heimatland beantragen. Viele dieser Anträge wurden in den zurückliegenden zwei Jahren positiv entschieden – 2016 sind in dieser Sache ca. 100.000, bis Ende Juni 2017 weitere 60.000 Visa erteilt worden http://www.rp-online.de/politik/deutschland/familiennachzug-fluechtlinge-holen-mehr-verwandte-nach-deutschland-aid-1.7087963.

Für Migranten, die nur subsidären Schutz lt. Asylpaket II genießen, gilt  ab März 2016 eine zweijährige Wartezeit https://www.tagesspiegel.de/politik/bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-179-000-menschen-von-aussetzung-des-familiennachzugs-betroffen/19546694.html . Diese Regelung nun birgt viel Spreng- stoff. Zum einen bremst sie nicht wirklich den Zustrom, zum anderen schafft sie Leid und Trauer für diejenigen, die wenig Aussicht haben, ihre Familien in Deutschland wieder zu treffen. Man muss sich nur die Einzel- schicksale vorstellen!

Auf der anderen Seite ergibt sich die Frage, wieso syrische Familien ihre Kinder sämtlichen Flucht-Gefahren aussetzten und z. T. unbegleitet nach Europa ziehen ließen. Riskiert man schon mal das Leben eines Kindes, wenn weitere sieben da sind?  Niemand sollte hier von kulturellen Besonderheiten faseln, die es zu dul- den gelte. Brutal bleibt brutal – ganz gleich, in welchem Kulturkreis oder -quadrat!

Es ist nicht lange her: Da plädierte die rheinland-pfälzische Regierungschefin Dreyer dafür, dass die Familien von 2.000 in Deutschland allein le- benden syrischen Flüchtlingskindern ins deutsche Asyl folgen sollten http://www.rp-online.de/politik/dreyer-fordert-lockerung-beim-familiennachzug-aid-1.6857180. Als müsste man verantwortungslose Eltern, die Kinder als Platzhalter vor- schicken, noch belohnen. Keine Frage: Die Minderjährigen sind die Leid- tragenden. Aber auf Erpressung kann nur mit Rückführung reagiert werden. Es sei denn, Syrien versinkt in neuem KriegsChaos. Bis zum Juni 2016 ging man davon aus, dass je ein Syrer ein Familienmit- glied nachziehen könnte, was grobgerechnet mehr als fünfhunderttausend „Nachkömmlinge“ allein aus dieser Richtung ergäbe http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-06/fluechtlinge-familiennachzug-syrer-bundesamt-fuer-fluechtlinge .

Inzwischen wurde fast allen Migranten, die einen positiven Asylbescheid er- hielten, der Nachzug ermöglicht. Offen ist, was ab April 2018 für die Flücht- linge geschieht, die subsidären Schutz genießen. Das dürfte bei rd. 94.600 Personen im November (RP vom 29.12.2017) mehr als 100.000 Menschen betreffen, wobei der Nachzugsfaktor von den Regierenden politisch herun- tergerechnet, von der AFD übertrieben hoch angesetzt werden dürfte.

Für die zweite Gruppe – die der Abgewiesenen – sieht es weit schlechter aus. Diese Menschen spüren, dass ihnen nicht nur aus den Reihen der AfD, sondern auch von Seiten des Staates, und ganz sicher auch aus der Bevölkerung, Ablehnung, zuweilen sogar Hass, entgegenschlagen.

Im August 2017 gab es neben mehr abgelehnten Asylbewerbern sehr viel weniger Menschen, die Deutschland freiwillig verlassen wollten oder unter Zwang verlassen mussten. Laut BAMF hat sich die Zahl abgelehnter Asyl- anträge im ersten Halbjahr 2017 von rd. 70.000 auf fast 160.000 mehr als verdoppelt. Dagegen sank die Zahl der Abschiebungen um fast ein Zehntel von etwa 13.700 auf ca. 12.550. Auf fast die Hälfte ging die Zahl der mit Zuschüssen geförderten freiwilligen Rückkehrer zurück – von ca. 30.500 auf ca. 16.500. Obwohl diese Zahl bis Ende November auf 27.900 Personen anstieg, dürfte die Summe der abgelehnten Asylbewerber, die zwangsweise oder freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, 2017 weit niedriger liegen als im Vorjahr, http://www.rp-online.de/politik/erste-syrer-nehmen-rueckkehrhilfe-in-anspruch-aid-1.7142975 und  http://www.rp-online.de/politik/deutschland/analyse-was-hinter-den-asylzahlen-steckt-aid-1.7193767 und http://www.rp-online.de/politik/weniger-freiwillige-rueckkehrer-und-abschiebungen-2017-aid-1.7282326 . Ob die im Dezember 2017 beschlossene Aufstockung der Rückkehrprämien auf bis zu 3.000 Euro pro Familie  http://www.rp-online.de/politik/bund-bietet-asylbewerbern-3000-euro-rueckkehrpraemie-aid-1.7243690 diesen Trend signifikant verändert, bleibt abzuwarten.

Von den im August 2017 registrierten ca. 226.000 ausreisepflichtigen Migranten waren ca. 160.000 offiziell geduldet http://www.rp-online.de/politik/mehr-abgelehnte-asylantraege-weniger-abschiebungen-aid-1.6985918 . Nur auf die Differenz konnte und kann der deutsche Staat zugreifen. Was nicht heißt, dass alle der betroffenen Menschen Deutschland in absehbarer Zeit verlassen werden.

Die von McKinsey avisierten theoretischen Ziele von 195.000 Abschiebungen bzw. 300.000 Ausreisen pro Jahr haben sich damit als völlig illusorisch erwiesen.

In der Ausreisepraxis – so ist von offizieller Seite zu hören – störe nicht nur das Thema „Afghanistan“. Es gäbe auch zahlreiche weitere Unstimmigkei- ten. Oft würden gut ausgebildete, gesetzestreue und integrierte Flüchtlinge nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland des Landes verwiesen, während Trickser über gefälschte Papiere (Pässe, Aufenthaltsgenehmigungen, Arztatteste etc.), illegales Wiedereinreisen und simulierte Notstände ihren Aufenthalt durchsetzten https://magazin.spiegel.de/SP/2017/10/149882743/index.html.

Noch heftig in Erinnerung: das Herausreißen der Schülerin Bivsi R. aus dem Unterricht mit unmittelbar darauf folgender Abschiebung http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duisburg/abschiebung-von-bivsi-r-die-schueler-sind-unglaublich-wuetend-aid-1.6857638. Fälle wie diese schmerzen jeden mitfühlenden Men- schen. Merkel hat diese Umstände zu vertreten, weil sie mit Auslösung der Einwanderungswelle die zeitgerechte Bearbeitung der Asylfälle unmöglich gemacht hat. Wenn schon Abschiebung, meine ich, dann ein bis zwei Wo- chen nach der Registrierung. Wer das in Zukunft nicht schafft, macht sich menschenrechtlich strafbar! Nun, inzwischen ist der Einzelfall Bivsi revidiert: Sie durfte aus Nepal zurückkehren https://www.welt.de/politik/deutschland/article167298211/Als-Bivsi-die-Ankunftshalle-betritt-fliessen-Freudentraenen.html . Doch wie sieht es mit anderen ähnlichen Fällen aus, mit Schicksalen, die nicht im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen?

Tatsächlich fehlt bis heute die Kraft, kurzfristig Asyl zu gewähren oder abzuschieben. Man brauche – so tönt es aus dem BAMF – die humane Einzel- fallentscheidung, werde aber von der Vielzahl der Fälle nahezu erschlagen. Dass die Abschiebungen alles andere als reibungslos verlaufen, zeigt die Klagewelle von „Widerspenstigen“. Deren Ausmaß könnte sich 2017 im Vergleich zu 2013 verdrei- bis vervierfachen. 2016 stöhnte allein NRW über 47.300 anstehende Verfahren http://www.rp-online.de/politik/deutschland/asyl-klagen-bringen-justiz-an-grenzen-aid-1.6502106. Gravierend dabei ist, dass Asylklagen zunehmend Erfolg haben. Immerhin sind im ersten Halbjahr 2017 von knapp 51.000 Einsprüchen gut 14.000 zu Gunsten der Kläger entschie- den worden http://www.rp-online.de/politik/asylklagen-haben-oft-erfolg-aid-1.7187353. Was zweifellos bedeutet, dass sich der Rückstrom noch viel schwieriger ge- staltet als bisher angenommen.

Viele der von Abschiebung bedrohten Migranten begingen zudem Straf- taten oder bezichtigten sich dieser. Andere – so heißt es – verletzten sich. Beides geschehe, um der Ausweisung zu entgehen http://www.ardmediathek.de/tv/report-M%C3%9CNCHEN/Sendung-vom-18-Juli-2017/Das-Erste/Video?bcastId=431936&documentId=44526656 .

Völlig unberücksichtigt ist dabei die Tatsache, dass Deutschland auch von unzähligen Obdachlosen aus Osteuropa heimgesucht wird. Allein Nord- rhein-Westfalen registriert derzeit 25.000 Menschen, die wohnungslos um- herirren http://www.rp-online.de/nrw/panorama/obdachlose-aus-osteuropa-konflikte-in-nrw-staedten-haeufen-sich-aid-1.7206889 . Man mag nicht darüber nachdenken, wie viele es in ganz Deutschland sind.

Kriminalität, Terror und Sicherheitspolitik: Wenn man die bürger- lich-konservativen Zeitungen verfolgt, entsteht schnell der Eindruck, dass Straftaten in Deutschland fast nur noch von Flüchtlingen verübt werden. Dieser Eindruck ist falsch. Weil – wie immer – differenziert werden muss. Zwar hat die Migration von mehr als 1,2 Millionen Menschen zu erhöhter Kriminalität geführt. Man muss aber unterscheiden: Tunesier, Marokkaner und Algerier sind sehr viel häufiger in Straftaten verwickelt als z. B. Syrer und Afghanen.

Lt. Kriminalstatistik gab es 2016 in Deutschland rd. 174.500 Zuwanderer, die einer Straftat verdächtigt wurden (+ 50 % gegenüber 2015!), wobei der Anteil Straftaten den Bevölkerungsanteil in fast allen Bereichen mäßig bis stark übertraf. Auffällig war, dass vor allem unter Dreißigjährige kriminel- ler Taten beschuldigt und als Vielfachtäter identifiziert wurden. Auch Gewaltdelikte sind bei Zuwanderern überproportional angezeigt worden. Die weitaus meisten Straftaten richteten sich gegen Mit-Flüchtlinge*. Gleichzeitig konnten deutliche Unterschiede im „Denunziantentum“ festgestellt werden. Ausländer werden hier zu Lande sehr viel schneller an- gezeigt als Deutsche http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/mehr-anzeigen-gegen-zuwanderer-aid-1.6774021 .

Flüchtlinge, die in Deutschland straffällig geworden sind und Haftstrafen zu erwarten haben, sollten meines Erachtens unverzüglich des Landes ver- wiesen werden. Für sie muss Abschiebehaft gelten. So … sie denn vollziehbar ist. Im Grunde sieht es trüb damit aus. Nur fünf Bundesländer waren im April 2017 fachgerecht dafür ausgestattet http://www.rp-online.de/panorama/abschiebehaftplaetze-fehlen-straftaeter-frei-aid-1.6768863 .

Sogenannte Gefährder gehören nicht ins Feld der üblichen Kriminellen. Sie sind gesondert zu bewerten. Im Dezember 2016 gehörten deutschland- weit ca. 550 Personen mit Migrationshintergrund in dieses Raster. Ihnen zur Seite standen 360 sogenannte Unterstützer http://www.ardmediathek.de/tv/%20Brennpunkt/Tod-in-Mailand-Terrorverd%C3%A4chtiger-ersc/Das-Erste/Video?bcastI%20d=1082266&documentId=39660690. Seit Oktober 2017 ist sogar von 700 Ge- fährdern die Rede.

Von diesem muslimisch geprägten Kreis geht eine latente Terrorgefahr aus. Dieser Bedrohung steht eine im Föderalismus erstickte, nahezu handlungs- unfähige Sicherheitsstruktur gegenüber. Wenn es einem Flüchtling bis vor kurzem gelang, vierzehn verschiedene Identitäten anzunehmen (man neh- me den Berlin-Attentäter Anis Amri), wenn so eine Person an verschiede- nen Stellen Flüchtlingshilfe abgreifen konnte oder, was viel schlimmer ist, der Polizei im Vorfeld eines Attentats entwischte, dann wird deutlich, mit welchem Bodensatz wir leben.

Es war die Angst vor dem starken Zentralstaat, die die Besatzungsmächte einst bewog, für das befreite Deutschland den Föderalismus zu verordnen. Genau diese Dezentralisierung schlägt jetzt zurück. Vieles, was in Deutschland ge- bündelt werden müsste, weil es keine landestypische Spezifik gibt, verkommt in kleinlichem Hickhack und Kompetenzgerangel zwischen den Ländern.

 

* Legende: Als Zuwanderer definiert das BKA Menschen, die den Status Asylbewerber, Duldung, Kontingent-/Bürgerkriegsflüchtling oder unerlaubter Aufenthalt haben. Ausländer, die Asyl oder Flüchtlingsschutz (nach der Genfer Konvention) haben, werden in der Untersuchung nicht als Zuwanderer gewertet http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/mehr-anzeigen-gegen-zuwanderer-aid-1.6774021.

Seit 2004 gibt es das Terrorismusabwehrzentrum in Berlin (GTAZ), das mit den Länderpolizeien und den Beamten des Länderverfassungsschutzes kurz geschlossen ist. Doch dass es erfolgreich führt/koordiniert, mag glauben wer will. Denn nach wie vor benutzt jedes Bundesland seine eigene „Krimi-Software“ und handelt nach eigenem Gusto http://www.rp-online.de/politik/deutschland/fluechtlinge-bleiberecht-haengt-stark-vom-bundesland-ab-aid-1.7449216. Kein Wunder, wenn an den Übergabestellen zum GTAZ Chaos herrscht. Und der dringend er- forderliche, allseits vernetzte Zentralcomputer ein Wunschtraum bleibt. Zwar gibt es Fortschritte beim bundesweiten Abgleich von Verbrecher-Gesichtern und -Fingerabdrücken. Das aber ist nur ein Puzzleteil im erforder- lichen Gesamtsystem, das Täterprofile, Observationen, Internetaktivitäten, Tatvorbereitungen, Präventionshandlungen etc. – sogar in Echtzeit – in sich vereinen müsste. Wer das europaweit weiter denkt, bekommt graue Haare. Ob de Maizières Vorschlag, die Sicherheitspolitik völlig zu zentralisieren, dem Chaos abhelfen könnte oder lediglich als politisch motivierter Schnellschuss zu werten ist, bleibt abzuwarten. Klar, dass bei diesem Thema auch politische Gegner zu Wort kommen.  Ja, mehr noch: dass ihr harter Kern KoordinierungsAnsätze abrupt zu Fall bringt. Weil überbordende Videoüberwachung, weil das massenhafte Scan- nen von Gesichtern durchaus verfassungswidrige Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Bürger sind.

Auch das Thema Fußfessel für verdächtige Gefährder bleibt vage http://www.rp-online.de/politik/fussfessel-fuer-gefaehrder-aid-1.6576532 . Fragt sich, wer wem wie oft eine anzulegen vermag und was da fruchtet. Die Fessel hat zwar Gesetzeskraft erlangt, doch mir scheint, dass sie eher als „Beruhigungs- pille fürs Volk“ gedacht ist https://www.welt.de/newsticker/news1/article164076515/Bundestag-beschliesst-elektronische-Fussfessel-fuer-Gefaehrder.html . Denn die Fessel kann jederzeit entfernt werden, bevor ein potenzieller Täter untertaucht. Der neue Aufenthaltsort bleibt dann unbekannt. Und die unmittelbar folgende Straftat ist natürlich nicht aufzuhalten. Jeder Proband kann anderer- seits mit der Fessel am Fuß vorher planen und auch ein Attentat ausführen. Also: Prävention gleich Null!

Machen wir uns nichts vor: Über die Fessel können allenfalls die Wege und Zusammenkünfte potenzieller Gefährder vor einer geplanten Straftat aufgezeichnet werden. Die aber dürften von den keineswegs dummen Verbrechern als Verwirrspiel organisiert werden.

Ich bin prinzipiell für eine grundlegende Reform der Sicherheitsstruktur  in Deutschland, denn obwohl unser Land für die Auslösung der Fluchtbewegung mit verantwortlich ist, müssen die Bürger geschützt werden. Eine andere Option ist nicht vorstellbar.

Allerdings müssten Konzerne und Staaten, die für Kriege im Nahen und Mittleren Osten, die für die Ausplünderung Afrikas verantwortlich sind – ich denke da vor allem an Großbritannien, Frankreich, Belgien, die USA, Israel, aber auch Deutschland – für eine faire Neustrukturierung des schwarzen Kontinents nicht nur einstehen, sondern auch zahlen. Dass bei einem solchen Ansatz auch unbescholtene Steuerbürger getroffen werden, ist unvermeidbar, genauer gesagt: eine durchaus gewollte systembedingte Ungerechtigkeit.

Die Ansage des Leipziger Juristen Thomas Rauscher, wir würden Afrika- nern und Arabern nichts schulden, klingt da fast wie Volksverhetzung. Gut, dass dem nicht nur an dieser Stelle vehement widersprochen wird (der Freitag Nr. 50/2017: „Zehnfach verkehrt“). Ja, wir schulden Afrikanern und Arabern viel, nur eben nicht soviel, dass dadurch Revolutionen in Europa ausgelöst würden.

Fairness ja, Rassismus nein! Obwohl ich dazu aufrufe, dem Terrorismus mit allen nur möglichen Mitteln zu begegnen, obwohl ich die Bürger dazu aufrufe, die wahren Werte unserer Gesellschaft zu verteidigen, möchte ich andererseits um Verständnis für die Flüchtlinge bitten. Die ab September 2015 nach Deutschland geflohenen Menschen sind fast ausschließlich Mus- lime. Sie befinden sich in einem für sie völlig fremden Kulturkreis, wo nicht nur Sprache und Schrift, sondern auch Recht und Ordnung gänzlich anders funktionieren als im Herkunftsland. Hinzu kommt, dass sich viele Migranten in einer für sie schwierigen, wenn nicht aussichtslosen Position befinden. Sie werden beschimpft, ihre Unterkünfte werden attackiert, sie sind monatelang nicht in der Lage, ihre Asylanträge einzureichen, sie geistern als unbegleitete Jugendliche umher, sind von ihrer Familie getrennt, befinden sich im sexuellen Ausnahmezustand, sind von der Abschiebung bedroht, ohne ausreichende finanzielle Mittel, traumatisiert und und und … Diese Argumentation soll keinesfalls der Bagatellisierung von Straftaten/ Verbrechen dienen, eben nur verständlich machen, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Dass viele Medien die Untaten von Ausländern sehr viel beherzter aufgreifen als kriminelle Akte von Deutschen, könnte durchaus gewollt sein. Es geht immer auch um die Manipulation von Meinungen, um Stimmungsmache im Interesse bestimmter Gruppen und indirekt natürlich um die Abschreckung Fluchtwilliger, die man durch Brandanschläge auf Asylbewerberheime weniger elegant befördert sieht als durch allgemeine Stimmungsmache, Verzögerung der Integration, Verweigerung des Fami- liennachzuges, gesetzlich verordnete Abschiebung etc… Aber bitte: Das wird kaum jemand offiziell zugeben…

Ein wichtiger Aspekt der Migration sind die kulturellen Unterschiede zwischen abendländischer und muslimisch geprägter Kultur. Sie im Rahmen der Flüchtlingsbewegung nicht nur auszuhalten, sondern zu respektieren, Brücken zu bauen und das reibungslose Nebeneinander der Kulturen zu sichern, ist Aufgabe der Integration. Die allerdings ist mit vielen Fragezeichen verbunden. Zwar empfindet man zahlreiche, in Deutschland lebende Auslän- der als integriert, auf die große Masse allerdings dürfte das nicht zutreffen. Das Erscheinungsbild der Integrierten ist ein überaus friedvolles. Man nimmt ihnen ab, dass sie das Grundgesetz achten und ebenso wie wir Freundschaften pflegen – auch mit Deutschen. Wir treffen den Obst- und Gemüsehändler, den Friseur, den IT-Spezialisten, den Angestellten in der Hightech-Firma – kurzum jeden nur möglichen Migranten in jeder nur möglichen Funktion. Ob er mit seinem Leben zufrieden ist, ob er sich gleichberechtigt behandelt fühlt, ob er sich für deutsche Kultur interessiert, erfahren wir eher weniger.

Ich wiederhole: Ich halte die meisten Zuwanderer für nicht integriert – und setze hinzu: Sie werden es auch morgen nicht sein. Sie leben in einer Parallelwelt, die von den Deutschen nicht nur beargwöhnt und abgelehnt wird, sondern auch ihrerseits Front gegen alles macht, was als deutsch empfun- den wird. https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-dok5-das-feature/audio-der-koran-ist-das-gesetz-moschee-gemeinden-in-deutschland-100.html.

Doch was soll es? Gettos gibt es überall auf der Welt. Ich wüsste nicht, warum deutsche Politik etwas völlig anderes gebären sollte. Exilanten – das lehrt die Geschichte – wollen immer zu ihren Landsleuten, ganz gleich um welche Situation, um welche Art Mensch es sich handelt http://mediathek.daserste.de/REPORT-MAINZ/REPORT-MAINZ-vom-7-3-2017/Video?bcastId=310120&documentId=41221374, 7:00 Minuten. Wohnsitzauflagen – wie sie heute als Mit- tel gegen eine chaotische Flüchtlingskonzentration in Städten verabreicht werden – dürften folglich wirkungslos sein. Die Menschen werden sich über kurz oder lang doch zusammenfinden und dann auch das friedliche Nebeneinander mit deutschen Nachbarn zustande bringen. Hier und da mag es auch das Miteinander geben. Was keineswegs erste Wahl sein muss. So jedenfalls Insider Dirk Sauerborn, der vor Zweckoptimismus ausdrücklich warnt http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/maghreb-viertel-in-duesseldorf-dieser-polizist-kennt-sie-alle-aid-1.6528593 .

Die Haltung der Deutschen wird – je nach Flüchtlingsnähe oder –ferne,   je nach Anpassungsfähigkeit und -willen – ambivalent bleiben. Während eine Mehrheit hier zu Lande Religion und Riten der „angepassten Muslime“ stillschweigend hinnimmt, bewahrt sie gegenüber denen, die Deutschland als Plattform fürs Missionieren/Hasspredigen nutzen, Misstrauen und wachsende Wut. Daran dürfte sich auch künftig nichts ändern.

 

Noch mehr Religion – nein, danke! Fast alle Muslime werden von ihrem Glauben geführt. Er ist ihrem Sein quasi übergestülpt. Und wer sich be- wusst und öffentlich von ihm abwendet, ist des Todes.In dem vom Koran geprägten Raum ist die Aufklärung nie angekommen. Auch deshalb nicht, weil es unter Muslimen keine einheitliche Führung gibt. Strenggläubige Muslime fühlen sich ausschließlich der Scharia verpflichtet und hadern so auch mit dem deutschen Grundgesetz. Wir Deutschen aber, respektive: der deutsche Staat, können weder die mit der Scharia einher- gehende Diskriminierung der Frau, noch die Kinderehe, Racheakte oder Tötungen zur sogenannten „Wiederherstellung von Familienehre“ etc. akzeptieren und fordern deshalb, dass sich muslimische Zuwanderer nicht nur strikt um die deutsche Sprache bemühen, sondern auch das Grundgesetz voll und ganz achten. Zudem können wir erwarten, dass sich friedliebende, integrationswillige Zuwanderer deutlich von den islamistischen Scharfma- chern distanzieren. Leider sind diesbezügliche Versuche in Köln und Berlin wieder gescheitert http://www.rp-online.de/nrw/nur-500-muslime-bei-friedensdemo-aid-1.6890568 . Auch in anderen Staaten Europas ist solche Abgrenzung, sind solche Proteste unterentwickelt. Man darf das durchaus als ein Zeichen fehlender Emanzipation/latenter Angst verstehen, denn Islamisten verbrei- ten diese Angst. Das allerdings entbindet mündige Bürger nicht, gegen den Terror aufzubegehren. Im Gegenteil: Alle friedlichen Muslime sind aufge- rufen, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Allein schon deshalb, weil der Generalverdacht einer muslimischen Verschwörung schnellstens aus der Welt muss.

Für mich ist völlig klar, dass sich der Konflikt zwischen Scharia/den Glau- bensgrundsätzen der Muslime und dem Grundgesetz mit der massenhaften Zuwanderung 2015 erneut verschärft hat. Und ich glaube, dass in der Illegalität viele Dinge passieren, die Ausdruck dieses Konflikts sind. Damit nicht genug: Es gibt Anzeichen dafür, dass es auch zwischen den in Deutschland lebenden Juden und den Muslimen sowie zwischen Türken, Syrern, Iraker und Kurden zu massiven Attacken kommen kann. Das Juden massiv be- droht sein könnten, haben die Ereignisse in Berlin eindrucksvoll demonstriert https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/12/scharfe-kritik-an-verbrannten-israel-fahnen.html .

Es wird – sofern Integration in großem Stil überhaupt möglich ist – Genera- tionen dauern, bis Ruhe in der deutschen Gesellschaft eintritt. Das wiederum bedeutet, dass wir heute und in naher Zukunft mit anhaltenden, ja zunehmenden Auseinandersetzungen rechnen müssen. Nicht nur von Seiten derer, die Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit praktizieren, sondern auch von der Gegenseite. Libanesische Clans (Duisburg-Marxloh), türkische Gangs und aggressive Maghrebiner in Köln sind schließlich keine FakeNews.

Für mich als Pantheisten, der mystisches Getue – vor allem aber die kra- kenhafte Einflussnahme der Kirchen auf Staat und Gesellschaft – ablehnt bis strikt zurückweist, wirkt die massenhafte Zuwanderung von Frömmlern wie eine zusätzliche Repression, die dann auch noch muslimisch bestimmt ist. Hinzu kommt als weitere Verschärfung: 40% der in Deutschland lebenden Muslime sind strenggläubig – und dabei zumeist intolerant http://www.rp-online.de/politik/studie-muslime-besser-integriert-aid-1.7034450 .

Dass sich zudem Teile der zugewanderten Muslime auffällig, rigide und anmaßend aufführen, stößt mich ab. Wenn die Praktizierenden schon fünfmal gen Mekka auf den Teppich wollen, dann soll das unbeschadet möglich sein. Von den Aktivisten aber ist in aller Schärfe zu fordern, dass sie die Hasspredigten in Moscheen und die Schweinefleischfresser-Beschimpfun- gen sofort einstellen. Unverbesserliche Hardliner sind in Abschiebehaft zu nehmen und auszuweisen. Gleichzeitig muss der Staat die etwa 80 Mo- scheen, die heute als Heimstätte radikaler Muslime gelten, schließen. Ich kann diese Zeichen nicht gebrauchen – in keiner Form und an keiner Stelle! Dass sich Muslime taufen lassen, gehört ebenfalls in die Szene. Man kann das als trickreich oder als Zeichen akuter Not deuten. Menschen, die das riskieren, sind in großer Gefahr. Sie könnten auch in Deutschland von religiösen Eiferern ermordet werden. Eines wundert mich dennoch: Dass diese Leute ihren Wertekanon so schnell aufgeben. Oder … geschieht das gar nicht?

Das Geld ist da – jetzt muss Europa vereint handeln! Die Lösung des Flüchtlingsproblems ist teuer. Deutschland hat 2016 etwa 23 Milliarden Euro für die Aufnahme, Betreuung und Bildung von Migranten ausgegeben. Für 2017 werden die Zahlen vorerst geheim gehalten. Insider schätzen, dass die Mittel völlig aus dem Ruder laufen. Ausgaben um 50 Milliarden Euro (!!!) werden für möglich gehalten https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/die-fluechtlingskosten-sind-ein-deutsches-tabuthema-ld.1316333. Trotzdem herrschen in einigen Massenunterkünften noch immer inakzeptable Zustände. UNICEF hat festgestellt, dass vor allem Frauen und Kinder monatelang unter man- gelhaften hygienischen Bedingungen und ohne Schutz vor Gewalt aus- harren mussten http://www.rp-online.de/politik/un-viele-fluechtlinge-vernachlaessigt-aid-1.6705332 . Darüber hinaus fehlten im März 2017 etwa 1 Milliarde Euro für die schulische Integration von Flüchtlingskindern https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-16-03-2017.html .

Die Lösung der Flüchtlingsfrage in Europa wird maßgeblich davon abhän- gen, ob die im September 2017 gefällte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, die jedes europäische Land zur Aufnahme von Migranten verpflichtet, auch umgesetzt werden kann. Noch sieht es nicht danach aus, und es bleibt zu vermuten, dass künftige Lösungen nur über Strafmaßnah- men, gepaart mit der Ansiedlung in aufnahmewilligen Ländern, zu finden sind.

Wie auch immer. Die am 22. September 2015 von den EU-Gremien beschlossene Verteilung von 160.000 Flüchtlingen, die bislang stockte, könn- te jetzt Fahrt aufnehmen. Die ist auch dringend geboten, denn noch immer müssen Zehntausende von Flüchtlingen in griechischen und italienischen Lagern ausharren. Doch die Osteuropäer sind weiterhin aufmüpfig.

Von ebenso zentraler Bedeutung ist die Frage, ob die Flüchtlingsverein barung mit der Türkei hält oder zwanghaft durch eine Lösung „Massenauf fanglager Griechenland“ ersetzt werden muss. Nach den Kontroversen mit Erdogan ist auch hier alles offen.

 

EPILOG:

Gut möglich, dass andere Menschen ebenso empfinden wie ich, sehr wahr- scheinlich, dass andere sehr viel milder, ggf. auch schärfer zeichnen.

Fest steht, dass wir Menschen in Not helfen müssen. Doch genauso wichtig ist es, die Bedingungen für Asyl so einzustellen, dass die überwiegende Mehrheit der Deutschen damit leben kann. Niemand sollte künftig davon ausgehen, dass die Deutschen – und hier meine ich vor allem diejenigen, die wenig besitzen – ihren derzeitigen Lebensstandard kampflos aufgeben würden. Nur weil sie wüssten, dass es anderen – wodurch auch immer – noch schlechter geht.

 

Im Gegenteil: Diese Leute werden Europas/Deutschlands Schuld an den Fluchtursachen entweder nicht kennen, nicht kennen wollen oder einfach ausblenden und sich ausschließlich auf menschlich verständliche, egoisti- sche Beobachtungen konzentrieren. Nämlich darauf, ob der eigene bescheidene Wohlstand erhalten bleibt oder zunehmend ausgehöhlt wird. Die gut Betuchten wird das weniger berühren, aber auf sie kommt es angesichts galoppierender Altersarmut in der Gesellschaft  https://www.tagesschau.de/inland/altersarmut-101.html    auch kaum an.

Ich möchte nicht wissen, wie sich das ökonomische Konzept Deutschlands gestalten würde, wenn der derzeitige wirtschaftliche Boom zu Ende ginge oder abrupt ausfiele. Dann nämlich dürfte es echt eng werden, und man käme der Wahrheit ein ganzes Stück näher. Nun, ich will die Konjunktur nicht abwürgen, obwohl ich deren Ergebnisse gern besser verteilt wüsste. Eines dürfte indes klar sein: Irgendwann ist Schluss mit lustig. Und dann müsste unser Land die steigenden Lasten auch ohne sprudelnde Steuereinnahmen schultern. Wie das ohne AfD-Zuwächse und soziale Revolutionen gehen sollte, weiß ich nicht.

Kurz und gut: Wir sollten uns den realistischen Blick bewahren, von naiven Willkommengesten gegenüber den Flüchtlingen absehen, unsere Hilfe – so sie denn aus akuter Not heraus erforderlich ist – freundlich und menschenwürdig gestalten, denjenigen, denen Asyl gewährt wurde, freundlich entgegentreten, andererseits aber auch Bedenkenträger Ernst nehmen und mainstreamige Moralkeulen gegen ganze Bevölkerungsgruppen entschieden zurückweisen.

In meinem Buch

folgen zwei weitere wichtige Kapitel: eine Auflistung aller mit der Flüchtlingsbewegung verbundenen Geschehnisse und Gesetzgebungen sowie 19 Ereignisreihen, die sowohl die Geschichte der Flüchtlingsbewegung als auch die sich wandelnde Empfangskultur charakterisieren http://www.stoerfall-zukunft.de/?s=Zukunft+…+oder .

Ganz links neue Enttäuschung

Keine Frage: Ich sympathisiere mit der LINKEN. Doch was da derzeit abgeht, frustriert mich. „Wem gehört die Bäckerei“ hieß es kürzlich in „der Freitag“ https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wem-gehoert-die-baeckerei und marx21-Aktivistin Janine Wissler durfte erklären, dass sie die Vermögensverhältnisse in Deutschland in Frage stellt. Eine blasse Nummer angesichts der Kraft- und Machtverhältnisse in Deutschland. Enteignungsphantasien sollte die Linken ruhig stecken lassen und sich Realistischerem widmen. Da soll und muss es um mehr Verteilungsgerechtigkeit gehen und bitte auch um ein friedvolles Abschmelzen von Reichtum aus leistungslosem Einkommen. Doch dieses Wollen muss Hand und Fuß haben, der geltenden Gesetzlichkeit  Rechnung tragen und ein Handeln nach sich ziehen, dass in Deutschland wenn nicht mehrheitsfähig – so doch von einem Großteil der Bevölkerung mitgetragen wird. Ohne Bevölkerung geht eben nichts und ein neues Volk gebiert auch niemand ….

Janine Wissler will die Ungerechtigkeiten des Kapitalismus bekämpfen. Gut so. Nur, dass sie die Regierung – welche auch immer – aus diesem Prozess ausschließt, mutet seltsam an. Wo doch die Linke in einigen Regierungen vertreten ist. Wissler appelliert vielmehr an die Selbstemanzipation der Menschen … eine Art Wunder, wie ich glaube. Immerhin sind die für Veränderungen notwendigen Massenbewegungen nicht aus Jux und Parolerei entstanden, sondern vor allem der Not gehorchend. Ja, richtig, gravierende Veränderungen sind maßgeblich von außen, außerhalb des Machtzirkels angestoßen worden. Doch ohne ihn, ohne die erzwungene Gesetzlegung wäre nichts Dauerhaftes entstanden.

Sehr problematisch auch die Aussagen zur Flüchtlingsbewegung. Janine Wissler hat offensichtlich schlecht hingehört, wenn Sahra Wagenknecht argumentierte. Wie kann eine auf dem ÖkonomieOhr Taube mit so platten Thesen kommen? „Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist nicht deshalb schwierig, weil die Flüchtlingszahlen gestiegen sind, sie war es schon vorher“. Oder „Kein Hartz-IV-Empfänger hat einen Euro mehr, wenn weniger Flüchtlinge kommen.“ Oder:„Es gibt in Deutschland, einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt, noch große Kapazitäten, um Menschen in Not zu helfen.“  Was sind das für hirnlose Argumentationen. Als wären die Wohnungs- und Hartz-IV-Probleme nicht einfacher zu lösen, wenn wir die 50 Milliarden Euro (15% des Bundeshaushaltes 2017 von 329 Milliarden Euro) für Flüchtlinge nicht aufzubringen brauchten. Ja, man muss für mehr Sozialwohnungen, für einen höheren Mindestlohn und höhere Hartz-IV-Sätze kämpfen. Aber das hat leider doch mit den weiter steigenden Aufwendungen für Flüchtlinge zu tun. Denn alles parallel lässt sich aus dem Füllhorn des Bundeshaushaltes ganz sicher nicht bestreiten. Es sei denn, man gibt die ebenfalls illusionäre Forderung aus, dass die Ausgaben für Rüstung auf Null reduziert werden müssten.

Und zwei weitere Dinge passen nicht: Zum einen wird die Tatsache ignoriert, dass es mit der NullZinspolitik, der Prosperität der deutschen Wirtschaft und folglich auch mit den überbordenden Steuereinnahmen irgendwann zu Ende gehen wird. Und zweitens gibt es keinerlei Apell an Resteuropa, sich in der Flüchtlingsfrage solidarisch zu verhalten.

Soviel Tonlos auf der Luftgitarre ist schon erschreckend.

Der KoalitionsVertrag steht: alles andere als ein HURRA-Erfolg

Deutschland muss regiert werden. Dass es jetzt beim WEITERSO bleibt, ist programmiert. Auch wenn uns die Verhandler weismachen wollen, dass es überall Verbesserungen gibt. Dem ist natürlich nicht so, weil keine Seite ihre Pläne vollinhaltlich und damit als organisches Ganzes durchbringen konnte. Alles bleibt angesetzt am Bestehenden, aufgeziegelt durch ein paar Euros, mit denen nirgendwo etwas Substanzielles reformiert werden kann. Für die Beseitigung der Fluchtursachen, für die Entwicklungshilfe, für den Wohnungsbau bleiben Peanuts. Über die verfehlten Klimaziele, die kalte Progression, den Pflegenotstand, den Lehrermangel, die Not der Alleinerziehenden und die  aufkommende Altersarmut spricht niemand, auch nicht über die Vermögenssteuer oder die Erhöhung des Mindestlohns. CDU/CSU gaben der SPD voller Wut weit mehr als ihr vom Wahlergebnis her zusteht*, weil natürlich auch die Schwarzen fürchten, dass die SPD-Basis den Koalitionsvertrag stürzen könnte. Sehr witzig, dass Andrea Nahles die Schieflage als persönlichen Erfolg einbucht. Wer durchblickt, sieht das anders. Herr Seehofer wird das Innenministerium besetzen. Hier hat die SPD Federn lassen müssen, hier wird es auch künftig um die Begrenzung von Zuwanderung gehen. Schultz verzieht sich auf den attraktiven Posten des Außenministers und kegelt Gabriel endgültig aus dem Rennen. Dieser Ungeliebte wird heute mit keinem Wort erwähnt. Er wird die große Bühne verlassen müssen.

*vom derzeitigen UmfrageDesaster – 17% – will ich gar nicht reden

Zerrbild DDR

Es ist fast 30 Jahre her, seit die DDR das Zeitliche segnete. Diejenigen, die sie einst bevölkerten, existieren noch. Besser gesagt: Einige haben überlebt – schwer ergraut und z. T. schwer belehrbar. Viele von den Jüngeren wissen mit dem, was den ostdeutschen Staat einst ausmachte, wenig oder gar nichts anzufangen. Sie starren auf die Alten, nicken höflich oder schütteln die Köpfe. Kann es sein, dass hier Geschichte, dass Biografien und Leben einfach verloren gingen – vielleicht auf immer?

Wer sieht, worauf deutsche MainstreamMedien das dreibuchstabige Kürzel noch immer reduzieren, könnte schnell auf die Idee kommen, dass genau das zutrifft, dass es wirkliches Leben östlich der Elbe nie gegeben hat. Weil das, was den Menschen so täglich ausmachte, nicht nur restriktiv und bizarr, sondern repressiv und unterdrückerisch gewesen sein musste. Ob Dokumentationen, ob Spielfilme oder Serien – jedes der uns heute servierten Formate ist durchsetzt von Stereotypen – allesamt despektierlicher Art. Den Ossis wurde entweder Blödheit oder Faulheit bescheinigt, sie waren stasiüberwacht oder selbst Stasi, und wenn nicht das, dann wohnte ein verkappter, nicht aufgearbeiteter Nazi in ihnen, und was sie bewohnten, produzierten und lebten, war behelfsmäßig oder marode.

Gewiss, es gibt Filme wie „Bornholmer Straße“, „Das Leben der Anderen“, „Nikolaikirche“ und die Serien „Weißensee“ und „Deutschland 83“, die Teile von DDR-Befindlichkeit sehr wirklichkeitsnah spiegeln. Doch es sind eben Ausschnitte – und wenn man genau hinschaut – Miniaturbilder aus keineswegs verallgemeinerbaren, typischen Milieus. Denn es ist – wider alle filmische Kolportage – eben nicht die Mehrheit der DDR-Bürger gewesen, die 1989 spontan zur Mauer und darüber hinausdrängte, und es waren natürlich nur 2% der Ostler, die für die Stasi gearbeitet hatten und wahrscheinlich noch sehr viel weniger, die deren Überwachung erleiden mussten. Was keines der verübten Verbrechen bagatellisieren soll. Aber für den Menschen, der unpolitisch seinem Alltag folgte, für den einfachen Arbeiter, der am Fließband oder in der LPG sein Geld verdiente, interessierte sich tatsächlich niemand. Es wurden ausschließlich diejenigen aufs Korn genommen, bespitzelt, eingelocht und misshandelt, die gegen das System aufbegehrten. Sei es durch Sabotage, durch öffentliche Schmähung von Staat und Politikern, durch bewusste Arbeit gegen die Partei und ihre Institutionen oder einfach nur, weil Leute raus wollten aus dem Käfig. Und natürlich hatte man auch ein Auge auf diejenigen, die Kontakte zum Westen pflegten oder pflegen mussten.

In der Ex-DDR ging es also vergleichsweise normal zu, wenn man gemächlich mitschwamm und den Begriff „Freiheit“ nicht allzu genau nahm. Tatsächlich wurde in vertrautem Kreis – auch zu politischen Themen – völlig offen gesprochen. Selbst wenn es um so brisante Themen wie Ausreisen oder eben nur das Reisen ins westliche Ausland ging.

Ebenso wie im Gesamtdeutschland von heute war die Masse der Bevölkerung politisch uninteressiert, unbeleckt und bar tieferen Wissens. In großen Teilen der DDR gab es Westfernsehen und „verlässliche Genossen/ Mitläufer“ durften nach Jugoslawien und Kuba reisen. Neben dem schroff Ungesetzlichen – ich meine hier all das, was mit Menschenrechtsverletzungen zu tun hatte – gab es die unspektakuläre Tagtäglichkeit. So genommen ist es zweifellos falsch, das Ganze, ich meine die DDR-Gesamtheit als Unrechtsstaat abzutun. Denn natürlich wurde in allen außerpolitischen Bereichen – ebenso wie in der Bundesrepublik – Recht gesprochen, wobei die Auffassungen/Grundsatzurteile zu den jeweiligen Themen nicht identisch, wohl aber sehr vergleichbar waren. Schwach war es allerdings um die anwaltliche Verteidigung bestellt. Bürger, die ihrer bedurften, fanden oft wenig Unterstützung.

Was will ich sagen?

Seit der Wende wird in Deutschland – und damit auch im weitgehend uninformierten Westdeutschland – ein DDR-Bild verkauft, das im Sujet Stasi vielfach korrekt, mit den Behauptungen dumm, faul, marode und faschistisch eher verzeichnet daherkommt. Denn wie in jedem Land der Welt gab es natürlich auch in der DDR neben gut ausgebildeten und intelligenten Bürgern Faule, Blöde und Rechtsextreme sowie zahllose Fabriken/Häuser/Versorgungssysteme/Umweltschutzeinrichtungen, die nach westlichen Maßstäben als marode/völlig unzureichend oder gar nicht erst vorhanden galten. Zu allem anderen aber – vor allem zu den sogenannten „Errungenschaften“ des Systems wie kostenfreie Bildung, Sozialleistungen (kostenfreie Krankenversorgung/Polikliniken, VollBeschäftigung, Urlaubsmöglichkeiten und Freizeitaktivitäten etc.) und zu durchaus erfolgreichen Investitionen (z.B. in der Stahl- und Möbelindustrie sowie im Werkzeugmaschinenbau) – schwiegen sich die Berichterstatter vorwiegend aus, wodurch für die Zeit vor 1989 ein einseitiges verzerrtes Etwas zustande kam.

Die schlechte Ausleuchtung wurde dadurch verstärkt, dass man mit Merkel und Gauck zwei aus dem Osten stammende Politiker in die höchsten Ämter hievte und so den Eindruck erwecken konnte, dass ostdeutsche Interessen auch ganz oben gut aufgehoben waren. Dass beide Evangelen die entwurzelten Ostdeutschen weder begeistern, noch repräsentieren konnten, blieb außen vor. Wer dennoch böswillig schnäuzte, wurde schnell der Undankbarkeit geziehen. Immerhin begannen Landschaften zu blühen, Autohäuser zu leuchten und McDonald‘s preiswert zu verhamburgern.

Keine Frage: Das manipulierte HalbBild war und ist von Seiten der Regierenden immer gewünscht/gewollt worden, denn wie hätte die brutale Abwicklung der DDR-Wirtschaft und -Lebenswirklichkeit besser begründet werden können als durch eine so gerichtete Lagebeschreibung. Wir haben etwas völlig Untaugliches, Unzeitgemäßes und Uneffektives schnell und schmerzlos beseitigt, könnte das heißen und gemeint wäre: Wir haben die taugliche Substanz, die uns hätte gefährlich werden können (da unliebsame Konkurrenz), ausgemerzt oder verscherbelt und die untaugliche verschrottet – die anhängenden Menschen inbegriffen. Diesen Sachverhalt tiefgründig zu spiegeln, fehlen hier Platz und Zeit.

Fest steht, dass im Rahmen der Treuhand, Verbrechen begangen wurden, die mit dem Tod von Detlev Rohwedder aufwuchsen und die Abwicklung des Ostens mit Blutspuren belegten http://www.spiegel.de/spiegel/privatisierung- der-ddr-wirtschaft-fuehrte-zu-traumata-a-1180354.html. Viele Menschen glauben bis heute, umsonst gelebt zu haben, fühlten/fühlen sich quasi um ihre Lebensleistung gebracht und versuchten, meist wenig erfolgreich, in neuen Terrains zu ankern. Was sich anbahnte, waren eine weit höhere Arbeitslosigkeit, geringere Löhne und Renten als im Westen https://de.scribd.com/document/365485393/ Der-Spiegel-Magazin-No-48-Vom-23-November-2017. Hinzu kam, dass  nur sehr wenige Ostdeutsche in neu zu besetzende Führungspositionen gelangten – ganz gleich, ob es sich um Unternehmen, politische Ämter oder wissenschaftliche Institutionen handelte https://www.mdr.de/investigativ/regierung-osten-ohne-posten-100.html. Dort, wo es ums Bestimmen, Geldabschöpfen, Richten und Regieren ging, hatten und haben bis heute die Wessis das Sagen https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-westdeutsche-bevorzugt-kaum-ostdeutsche-in-spitzenpositionen-100.html. Ihre Netzwerke funktionieren. Und Wessis ziehen Wessis nach.

Trotz erdrückender Kapitalismuserfahrungen gelang es aber nicht, das immense Wirtschaftsgefälle zwischen Ost und West durchgreifend zu reduzieren. Führende Experten haben diesen Zustand bereits  festgeschrieben http://research.handelsblatt.com/assets/uploads/AnalyseOstWestGefaelle.pdf. und https://www.zeit.de/2018/40/ostdeutschland-chemnitz-toleranz-wirtschaftskraft. Die Ursachen für die Disproportionen liegen auf der Hand: Nach der Wende ist nicht eine Dax-Konzern-Zentrale in den Osten umgezogen, kein einziges, eigenständiges, auf dem Terrain der Ex-DDR entstandenes Unternehmen hat es in den Dax geschafft. Das Ländle jenseits der Elbe wurde zur verlängerten Werkbank verdammt. Daran hat sich bis heute wenig geändert.

Was mit gleicher Wucht auf viele Ossis einschlug, war der Verlust ihrer auf „Westgrundstücken“ erbauten Häuser und Häuschen, einschließlich der dazugehörenden Landflächen. Nach der Wende wurden aus dem Westen  2,2 Millionen Anträge auf Rückgabe solcher Wohnimmobilien gestellt. Rechnet man das hoch, dann waren über 8 Millionen Ostdeutsche (das war mehr als die Hälfte der Bevölkerung) von der Sorge betroffen, ihre Häuser, Wohnungen oder Grundstücke räumen zu müssen. Obwohl die Betroffenen nach DDR-Recht die Besitzer waren https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/bananenrepublik Tatsächlich mussten fast alle ihre Ansprüche aufgeben. Viele Grundstücke mussten auf Kosten der ehemaligen DDR-Bürger auch noch beräumt werden. Damit gingen nicht nur wichtige Bindungen, sondern auch viel des ohnehin knappen Geldes verloren.

Hinzu kam, dass die Ex-DDR-Bürger, die zu 80% Atheisten waren, einem zunehmenden „Rück- und Neubesinnungsdruck christlicher Missionare“ ausgesetzt wurden. Von westdeutschen „Helfern“ sollte im Unrechtsstaat verschüttetes religiöses Potenzial ausfindig gemacht und neues erschlossen werden. Logisch war das. Denn die Kirchen des Abendlandes waren schon immer als willfähriger Unterstützer des „rechtsstaatlichen Kapitalismus“ aktiv gewesen. Und schienen so bestens geeignet, den Weg aus der Diktatur ins neue Deutschland bewanderbarer zu machen. Bei den betroffenen Ostdeutschen stießen die Missionierungsversuche weitgehend auf Ablehnung. Umso mehr als durch wachsende Zuwanderung eine weitere, noch fremdere Religion (der Islam) präsent wurde. Damit, dass der Mensch vollends dem Glauben unterworfen war, konnten die Menschen östlich der Elbe nun gar nichts mehr anfangen.

Was aufkam, war Ohnmacht – und diese Ohnmacht war begründet, denn das, was im neuen System rechtlich/ökonomisch vonstattenging und gebraucht wurde, war weitgehend unbekannt. Die Ossis wurden betrogen – wo immer das ging: bei Versicherungen, mit Schrottimmobilien, bei MietWohnungen und vor allem in den Sphären künftiger Macht.

Dass es unter Ostdeutschen schon immer verkappte Nazis und Rassisten gab, kann man glauben oder zurückweisen. Auch in die DDR wurden Reste des Dritten Reiches importiert, wenngleich die Entnazifizierung – anders als in Westdeutschland – sehr viel gründlicher stattfand. Sicher gab es auch Abweichungen. Hier und da mochte man sich auch im Osten einen „Erfahrungsträger“ frisch gewendet und tauglich gemacht haben. Solche (faulen) Kompromisse dürften sich aber in Grenzen gehalten haben.

Mit Ausländern hatten die DDR-Bürger wenig Kontakt. SowjetSoldaten lebten in ihren Kasernen. Kubaner, Mosambikaner, Vietnamesen etc. wurden zwar in mehreren Städten ausgebildet, wohnten und lebten aber eher in abgeschotteten Bereichen. Folglich waren Kontakte, war ein Zusammenleben mit Menschen aus „fremden“ Ländern kaum gegeben. Etwas, das dem Zusammenleben in Westdeutschland glich, gab es also nicht: nicht die Anfänge von Integration, geschweige denn Multi-Kulti.

Auch die Grenznähe zu Polen und Tschechien erwies sich nach der Wende als desaströs. Auch hier mussten vor allem die Ossis bluten. Denn das wirtschaftliche Gefälle bescherte den Grenznahen eine Konkurrenz, die auf deutscher Seite große Teile des kleinen Gewerbes zum Aussterben brachte. Unzählige Unternehmen gingen pleite und was dazu kam, trieb die Not weiter. Nicht nur, dass extrem gestohlen und geschmuggelt wurde, mit der Wende kamen auch Menschenhandel (vor allem Zwangsprostitution) und nach der Jahrtausendwende ein massives Rauschgiftproblem (Crystal Meth) auf. Die Kriminalität von Ausländern wurde folglich zu einem mehrdimensionalen Desaster.

Nimmt man die Dinge zusammen, dann wird schnell klar, dass mannigfaltiges Politikversagen, ab September 2015 vor allem Merkels Umgang mit Flüchtlingen, zu massivem Widerstand – vor allem in der östlichen Bevölkerung – führen mussten. Die Ossis fühlten sich als Verlierer https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/Zurueck-im-Osten-Besuch-in-der-alten-Heimat,panorama8118.html. Und selbst die Kinder der Betroffenen spürten, was ihren Eltern angetan worden war.

Dass es darüber hinaus Menschen gab, die mit den neuen Verhältnissen zu Recht, sprich: im neuen Deutschland erfolgreich vorankamen, steht außer Frage. Doch es war eine Minderheit, die problemlos die Kurve kriegte. Immerhin waren zwei Millionen Mutige, Fähige und Singles zwei Jahrzehnte lang in den Westen „diffundiert“ – oft, ohne an Rückkehr zu denken. Man kann es durchaus schonungslos formulieren: der Ex-DDR ist ein Großteil der „guten Substanz“ verloren gegangen.

Es ist eine besondere Tragik, dass sich ostdeutscher Protest heute vornehmlich bei Pegida und in der AfD artikuliert, dass sich Menschen von faschistoiden Wortführern vereinnahmen lassen und gemeinsam mit ihnen auf die Straße gehen http://www.stoerfall-zukunft.de/?p=190. Gut möglich, dass ein Sortiervorgang deshalb ausblieb, weil Leute, die berechtigte Kritik an deutscher Politik übten, keine eigenständige Plattform zustande brachten. Oder weil es nicht gelang, Nazis und Rassisten aus solchen Bewegungen heraus zu halten.

Genau das macht es leicht, die große Anti-Ossi-Keule zu schwingen, den (vor allem sächsischen) „Rotztölpeln“ nicht nur Undankbarkeit, sondern auch kriminelles, rassistisches Gehabe in die Schuhe zu schieben. Wer es sich also leichtmachen will, kann genauso denken und sich  abwenden.

 

Damit allerdings kommen wir der deutsch-deutschen Zukunft kaum näher. Sehr viel zielführender wäre es jetzt, Verfassung (in ihr wurde mit der Wiedervereinigung kein Wort geändert), Einigungsvertrag (er wurde zwischen einem cleveren Sehenden/Schäuble und einem unwissenden Blinden/Krause ausbuchstabiert) und die Geschichtsschreibung in ihrer Gänze so zueinander zu bringen, dass sie den realen Gegebenheiten zwischen beiden Deutschlands gerecht wird. Wir brauchen in diesem Land, das für unzählige Länder dieser Erde Repräsentationen vorhält, endlich einen Lehrstuhl für DDR-Geschichte und … eine faire Reaktion auf die gewonnenen Erkenntnisse. Denn die primitive, aber weit verbreitete Ansicht, „was vor dreißig Jahren als untauglich kaputtging, interessiert nicht mehr“,

muss endlich aus der Welt!

 

Ich empfehle ausdrücklich, dem zweiten, oft unterschlagenen Teil DDR-Geschichte nachzugehen. Aber Vorsicht: Während Gysi kritisch und auch selbstkritisch mit den Dingen umgeht, serviert Franziska Kleiner das andere, quasi komplementäre Halbbild – vorwiegend aus der Sicht der Nostalgiker. Kleiner lässt die DDRischen Puppen tanzen, während Umweltsünden, die Schüsse an der Grenze, die Tätigkeit der Stasi, systematischer Wahlbetrug, fehlende Meinungsfreiheit, Ausreiseanträge, Flüchtlingszahlen und -schicksale etc. viel zu schwach gezeichnet, z. T. auch unterschlagen werden.

„Gregor Gysi – ein Leben ist zu wenig“ https://www.amazon.de/Ein-Leben-ist-wenig-Autobiographie/dp/3351036841#reader_3351036841

„Leben in der DDR – Bilder und Geschichten“ https://www.amazon.de/Leben-DDR-Geschichten-Franziska-Kleiner/dp/3359022092/ref=sr_1_2?s=books&ie=UTF8&qid=1521991807&sr=1-2&keywords=Leben+in+der+DDR+Bilder+und+Geschichten

 

 

 

Heuchler, verdammte!

Sie heulen wie die Schlosshunde, bejammern die Einhegung von Freiheit http://www.rp-online.de/politik/china-setzt-auf-die-totale-kontrolle-des-internets-aid-1.7245882 und sind doch nur erbärmliche Heuchler. Heuchler, die China beschimpfen, weil es das Internet kontrolliert. Heuchler, die offenbar vergessen haben, dass die USA bis gestern noch die GeneralKontrolle über das gesamte Netz ausübten. Denn  alle InternetGiganten (Apple, Microsoft, Alphabeth/Google, Facebook, Oracle und und und ) sind in den USA ansässig. Sie sind zehn- bis hundertmal so groß wie ihre europäischen Konkurrenten und unterstützen die NSA bei der Abschöpfung von Personaldaten und technischem Know-how. Mit der Beschimpfung Chinas geht es nur um eines – um die Aufrechterhaltung dieser Monopole. Der Begriff Freiheit dient dabei als vorgeschobene Fassade. Man will rein nach China, es umstülpen und aussaugen.

China will das verhindern. Es versucht, seinen Herrschaftsbereich zu schützen, und es will Müll von nützlichem Wissen trennen. Für uns Europäer sieht das wie Bevormundung aus. Wir wollen, dass alles – so auch das Internet – frei ist, ohne zu checken, dass wir bei aller Freiheit vergläsern und unser Selbst verlieren.

Auch Russland hat das Eindringen westlicher Konzerne in strategische Bereiche bislang verhindert. Aus eben demselben Grund. Nun müssen sich beide –  Xi Jinping und Putin – vorwerfen lassen, dass sie nicht nur die Meinungsfreiheit, sondern auch den freien Welthandel strangulieren. Das wird weder den einen, noch den anderen rühren. Warum auch?

Wieder mal die Demokratie ausgehebelt!

Es ist unglaublich, dass Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU)der GlyphosatVergiftung für weitere fünf Jahre zugestimmt hat  http://www.umweltinstitut.org/aktuelle-meldungen/meldungen/skandal-schmidt-stimmt-im-alleingang-fuer-glyphosat.html. Aber die Fusion Bayer-Monsanto steht nach wie vor an. Und da macht es lobbyistisch Sinn, nachzuhelfen. Dass die Umweltministerin Hendricks (SPD) übergangen wurde, sorgte für bösen Sprengstoff. Vor allem, weil es jetzt um die Neuauflage der GROKO geht. Wer allerdings glaubt, dass Schmidts Alleingang in Brüssel tatsächlich ein Alleingang war, ist mehr als naiv. Selbst der Merkelsche Rüffel für Schmidt war eingeplant. Und niemand hätte es gewagt ohne Zustimmung der Kanzlerin so brisant zu votieren.

Hier wurde erneut massig Dummenpulver ausgestreut. Der Bürger soll glauben, dass er trotz übelster Machenschaften in der Demokratie lebt. Dass das Maß trotz ParadisPapers, Altersarmut, Pflegeskandalen, Dieselgift und Abholzungen für die Braunkohle noch immer nicht voll ist, ist allerdings erstaunlich. Aber es wird ja auch prächtig gegengesteuert – mit BlackFriday, Prinz Harry und SiemensSchelte https://www.wsws.org/de/articles/2017/11/08/siem-n08.html.

Apropos Siemens: Wer glaubt, dass der Konzern bloß böse ist, hat ebenfalls geschlafen. Der Konzern macht dicht, was für die Brückentechnologie „Gaskraftwerke“ mal schwer im Rennen war – die Turbinensparte. Und wer ist wirklich schuld an diesem Dilemma? Die Politik. Sie hat mit der kostenlosen Vergabe von Millionen Verschmutzungsrechten an die Braunkohleverstromer dafür gesorgt, dass die sich endlos freikaufen und ihren Strom extrem billig aus den abgeschriebenen Anlagen liefern konnten und noch immer können http://www.taz.de/Archiv-Suche/!827075&s=&SuchRahmen=Print/. Die DrecksBraunkohle blieb auf diese Weise so attraktiv, dass sie niemand aus-ixen konnte. Die als Ablösung vorgesehenen Gaskraftwerke, die vor allem als Reservekapazitäten schnell und günstig einspringen sollten, wenn Wind und Sonne ausbleiben, sind deshalb gar nicht erst zu Tragen gekommen. Obwohl sie quasi in Echtzeit (als ohne die bei der Braunkohle vorhandenen HochfahrZeiten und -Kosten) und weniger umweltschädlich Strom liefern könnten. Die Politik hat’s versaut, und sie ist auch Schuld, wenn jetzt die Abholzungsgegner im Hambacher Forst mit der Staatsmacht in Konflikt geraten http://www.taz.de/!5463164/. Wieder einmal wird gegen die Falschen ausgeteilt – in einer Welt, die alles andere als demokratisch leuchtet.

Sie werden einwenden, dass die Bewertung von Siemens unvollständig ist. Ja, sie es. Denn Gasturbinen werden derzeit nur in Berlin, Mülheim/Ruhr und in Offenbach produziert. In den ostdeutschen Werken (Görlitz, Leipzig und Erfurt) ist die Lage eine völlig andere. Dort sollen die Betriebsstätten, die gut ausgelastet sind und sinnvoll für wachsende Märkte produzieren,  geschlossen werden, weil ihre Renditen (mit beispielweise 8,3%) zu gering sind (!!!) https://www.zdf.de/politik/frontal-21/wut-bei-siemens-100.html Hier bestimmt reine Geldgier das Vorgehen, und hier sollte – auch mit Hilfe der Politik – energisch gegen gehalten werden … bis zum Streik! Der Chef des Siemensvorstandes wendet ein, dass im Kraftwerkssektor 2.900 wegfallenden Arbeitsplätzen 16.000 neu zu schaffende folgen sollen http://www.rp-online.de/politik/deutschland/kolumnen/mit-verlaub/kolumne-mit-verlaub-arbeitersohn-belehrt-polizistensohn-aid-1.7237743. Das wäre ok, wenn denn die ostdeutschen Betriebe erhalten blieben.

Für die armen Deutschen bleibt nichts übrig

Es ist eine Tatsache: Die Altersarmut hat Deutschland längst erreicht – und es wird schlimmer! http://www.mdr.de/investigativ/altersarmut-steigt-fakt-100.html. Bei den JamaikaGesprächen hat keine der Parteien das Thema aufgeworfen. Auch um die Wohnungsnot, um die Erhöhung des Mindestlohnes ging es nicht. Soziales war praktisch ausgeklammert.

Folglich sind es weder die CDU/CSU, noch sind es die Grünen oder die FDP, denen man zutrauen kann, für mehr Gerechtigkeit/gegen die sich weiter öffnende Schere zwischen arm und reich zu stehen. Stattdessen stritten die Funktionäre dieser Parteien um die Obergrenze für Flüchtlinge und den Familiennachzug – wobei die Grünen das ScheunenTor weit offen hielten. Für die finanzielle Ausstattung von noch mehr Flüchtlingen, für den sicher umfangreichen Familiennachzug von Menschen, denen bisher kein Asyl gewährt wurde, hätten zweifellos auch CDU/CSU und FDP tiefer in die Taschen gegriffen. Das ging nun daneben, was nicht heißt, dass die kommende GROKO anders tickt.

2017 muss der Steuerzahler vermutlich bis zu 50 Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen aufbringen https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/die-fluechtlingskosten-sind-ein-deutsches-tabuthema-ld.1316333. Wer der Auffassung ist, dass diese Gelder einfach so Überhang bedeuten, respektive, dass arme/alte Deutsche von dieser Geldentnahme nicht betroffen sind, muss wohl AfD wählen, um sich Gehör zu verschaffen. Eine Schande!

Sind wir Schweine?

Ich hab größte Probleme damit, dass sich Bündnis 90/die Grünen sowohl mit der CDU/CSU als auch mit der FDP ins Bett legen. Wer glaubt, dass die Grünen in einer künftigen Regierung auch nur ein Jota ihres Programms umsetzen können, ist einfach blind. Was im künftigen Koalitionsvertrag steht, ist schließlich bindend. Nachdem zwei Grundsätze zur Flotte gegeben wurden, warte ich fast täglich darauf, dass die Machtgeilen um Cem Özdemir auch in Sachen Massetierhaltung einknicken. Wie hieß es noch im Wahlprogramm der Tierfreunde? „Wir wollen die industrielle Massentierhaltung in den nächsten 20 Jahren beenden“. Das ist angesichts der auf diesem Feld existierenden Verbrechen nicht einmal ein anspruchsvolles Ziel, doch es könnte einem schmierigen Kompromiss ebenfalls zum Opfer fallen.

Die Bosse der Autoindustrie nebst Obmann D. vergiften die Bevölkerung seit es Dieselautos in Deutschland gibt (so dass die EU-Kommission dabei ist, ein Verfahren gegen Deutschland zu eröffnen http://www.rp-online.de/politik/eu-klage-wegen-schlechter-luft-in-staedten-rueckt-naeher-aid-1.7204185), die fortgesetzte Braunkohleverstromung forciert deutsche Emissionen (obwohl deren Absenkung dringend vonnöten wäre, um die Klimaziele zu erreichen) und die Massentierhaltung spricht allem Hohn, was ethisch/moralisch vertretbar ist. Letztere manifestiert sich nicht nur ekelhaft (man denke an die vielen kranken, mit Antibiotika aufgeblasenen Kreaturen, an die permanent schwanger gehaltenen Kühe – allesamt nahezu bewegungsunfähig und von Licht und Grün abgeschnitten), sie stimuliert auch den abträglichen Massenkonsum von Fleisch und zerstört dort, wo es im ÜberflussExport auf wirtschaftlich schwache Betriebe stößt, afrikanische Existenzen.

All dies ist widerlich. Hier gilt, es rote Linien zu setzen und nicht aufzugeben. In einer Regierung, der den Grünen sämtliche Alleinstellungsmerkmale nimmt, sie also zur Unkenntlichkeit zerreibt, sind Änderungen nicht zu erwarten. Menschen sind Schweine, formuliert Christian Geyer in der FAZ https://www.facebook.com/faz/posts/10154994626915976. Irgendwie könnte er Recht behalten.

Schmutzig-Grün?

Auch diesmal beginnt nach der Bundestagswahl das Gerangel um Koalitionen und Ambitionen. Obwohl in Sachen „Jamaika“ nichts klar ist, jongliert man bereits mit Ministerposten – für Lindner und vor allem für Cem Özdemir. Letzterer – so dröhnt es in den Schlagzeilen der Boulevardblätter – rechnet sich gute Chancen für den Posten des Außenministers aus. Tatsächlich könnte ihm der rein rechnerisch zustehen – sollte es mit dem Dreierbündnis klappen. Aber was für ein Außenminister sollte das sein, ein Mann der 2011 die Bundeswehr auf Gaddafi hetzen wollte …  http://www.n-tv.de/politik/Rebellen-setzen-Kopfgeld-aus-article4132151.html

Mir schwant bei allem nur Böses. Den Grünen drohen – sobald sie in der Regierung sind – ähnliche Auflösungserscheinungen wie der SPD. Denn nur, wenn sich Özdemir & Co. von wichtigen Grundsätzen verabschieden, winkt ein Sessel in Berlin.  Nun weiß jeder Sachkundige, dass die Alleinstellungsmerkmale für Bündnis 90/die Grünen seit langem aufgebraucht oder besser gesagt: von anderen Parteien aufgesogen wurden. Wenn jetzt der zwischen CDU und CSU ausgehandelten verkappten Obergrenze für Flüchtlinge und dem FDP-Beschnitt der Windkraft zugestimmt würde, gäbe es gar nichts mehr, was grün durchschimmert. Hinzu kommt, dass die Grünen, was ihre politische Grundausrichtung betrifft, total gespalten sind – denn neben grün läuft alles wirr von links bis rechts. Folglich dürfte die Anbiederung an konservative Mehrheiten zu weiteren Zerreißproben führen. Kretschmann und Özdemir dürften verbogen obsiegen, während die grün-Linken (außer vielleicht „VorzeigeAugust“ Jürgen Trittin) nichts mehr zu sagen hätten. Auch die These, dass nur, wer regiert, etwas verändern kann, wäre durchsiebt, denn konservative Grüne werden in einer CDU/CSU/FDP-geführten Regierung noch weniger durchbringen können als Gesamtgrüne in einer rot-grünen Regierung. An verbesserte Sozialleistungen, an eine Vermögenssteuer oder an eine Reform der Erbschaftssteuer ist dann gar nicht mehr zu denken. Was bleibt, ist dann nur noch die Regierungssessel- und MachtGeilheit. Dafür allerdings verkauft sich mancher – sicher auch bei den Grünen.

Adieu … ihr (einstmals) guten Vorsätze!