Beim Wohnungsbau endlich klotzen!

Noch einmal zum Thema „Wohnungsbau“. Sie haben es sicher mitbekommen. Deutschlands größtes privates Wohnungsunternehmen Vonovia wollte das zweitgrößte, die Deutsche Wohnen, übernehmen. Dieser vorerst gescheiterte und nun doch wieder relevante Vorgang http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/vonovia-bei-deutsche-wohnen-uebernahme-weiter-a-1059052.html führte dem Bürger endlich vor Augen, was die konservativen Regierungen in Deutschland angerichtet haben. Sie verkauften zwischen 1997 und 2007 ihr Tafelsilber, sprich: 700.000 Wohnungen an verschiedene Private-Equity-Unternehmen („DIE ZEIT – Großes Monopoly“, 22. Oktober 2015), die nicht erst jetzt dabei sind, Kasse zu machen und sich gegenseitig aufzufressen. Tatsache ist, dass die neuen Besitzer aus der Substanz ausschließlich teuren Wohnraum ab 12 Euro pro Quadratmeter (Kaltmiete) machten. In gleichem Maße gingen dem Staat/den Bürgern preiswerte Sozialwohnungen verloren. Aber das war nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt ist der Bestand an Sozialwohnungen in den letzten vierzig Jahren um rd. 4,6 Millionen zurückgegangen http://www.stoerfall-zukunft.de/?p=547. Ein unerhörter Vorgang – der jetzt, da noch viel dringender Wohnraum benötigt wird, grell im Licht steht. Die Reaktion der Politik ist bezeichnend. Sie versucht wieder einmal zu sparen und den Ball niedrig zu halten. Dabei wird sie vom Flüchtlingsstrom bereits überrollt. Konkret wollte der Bund nur 500 Millionen Euro pro Jahr für neue Wohnungen bereit stellen, was 12.000 Wohneinheiten entspricht. Benötigt werden aber ca. 140.000 pro Jahr http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-22-10-2015/wie-politik-und-buerger-neue-sozialwohnungen-verhindern.html. Folglich sind nicht 500 Millionen sondern 7 Milliarden Euro für den in Angriff zu nehmenden Wohnungsbau erforderlich. Lediglich weitere 500 Millionen hat das Bauministerium inzwischen dazu gelegt. Tickt man in Berlin noch richtig?
Einzelne fachliche Überlegungen zum erforderlichen Wohnungsbau gibt es bereits. So schlägt der Architekt Philipp Meuser vor, auf relativ unbürokratische Weise preiswerte Wohnungen mit abgesenkten Standards zu erstellen, die dann doch alle wichtigen Anforderungen an zumutbares Wohnen erfüllen müssen – aber eben kleiner und nicht luxuriös ausgestattet sind. Gleichzeitig wäre es sinnvoll, die Wohnungen an den Geschmack späterer Nutzer  anzupassen. Dabei darf aber einer Gettoisierung kein Vorschub geleistet werden. Meuser verweist auf die Tatsache, dass mit preiswerten Wohnungen wenig Geld gemacht werden könne und deshalb das Interesse an der Realisierung marginal sei („DIE ZEIT – Ja zur Platte“, 22. Oktober 2015).
Nun klar – diesen gewaltigen Wohnungsbau dem Markt zu überlassen, wäre sträflich. Hier muss der Staat ran – auch wenn das den lobbygeprägten Beamten nicht gefallen sollte.
Vorerst geht es um einfache Erstunterkünfte. Die werden jetzt im Dutzend geordert – sofern der Markt nicht schon leer gefegt ist. Experten sprechen davon, dass richtiger Nachschub erst Mitte nächsten Jahres zu erwarten sei. Bis dahin profitieren ausländische Lieferanten – wie das auch schon bei Zelten und anderem Zubehör der Fall ist. Die Preise für Wohnunterkünfte haben sich inzwischen verdrei- bis vervierfacht („DIE ZEIT – Die Goldgrube“, 15. Oktober 2015). So gesehen ist das Flüchtlingsproblem ein Konjunkturmotor ohnegleichen. Ab sofort vor allem für die Nachbarstaaten, die von Flüchtlingen mehrheitlich nichts wissen wollen.