Man sollte annehmen, dass sich Militärpsychologen und Erfinder von Streubomben täglich in tiefste Verließe zurückziehen und dort die Schnauze halten. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Spätestens seit sich westliche Demokratien als Vorkämpfer für Menschenrechte begreifen, tickern die Gewissen auf problemlos – und die Ratten kriechen ans Licht. Wir aber wissen, dass Kriege nicht „nur“ Tote, sondern auch Neurosen im Schleppnetz führen. Konnte man bei den Veteranen des amerikanischen Bürgerkriegs zunächst „nur“ häufige Herzattacken und bei den Überlebenden von Weltkrieg I heftige Schüttelfröste ausmachen, so wusste man spätens nach Vietnam von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTSB) im spätfolgenreichen Krankheitsbild. Hinzu kam nach dem ersten Irak-Abenteuer das Golfkriegs-Syndrom, das Böswillige auch heute noch der westlichen, „uranösen“ Munition zuordnen.
Schlauköpfe im Militär schlussfolgern jetzt, dass die Symptome etwas mit der Art der Kriegsführung zu tun haben. Folgerichtiig kommt eine Studie des Hamburger Bundeswehrkrankenhauses zu dem Ergebnis, dass sich die moderne Psychiatrie flugs auf die „vielfältigen Einsatzbedingungen der Soldaten“ einstellen und neue Therapien entwickeln müsse („DIE ZEIT“, 26. März 2009). Dass die Verfasser der Erhebung den Krieg auch künftig als Mittel der Weltpolitik unterstellen, muss niemand verwundern – das klare Bekenntnis zu mehr „Betroffenheitsforschung“ schon. Fragt sich, ob die Seelenklempner die Spezifikationen von Anti-Personenminen oder detonierenden Spielzeugen vor oder nach den Einschlägen studieren müssen oder ob es angesichts der Krise nicht bei ein paar zusätzlichen seelsorgerischen Worten bleiben sollte – wenn irgendwer ausrastet.