RP wird zu einer breiteren Berichterstattung aufgefordert – Brief an den Chefredakteur

Hallo Herr Döbler,

beim Lesen der heutigen Ausgabe muss ich feststellen, dass Sie Ihren Kunden erneut Originaldokumente vorenthalten und stattdessen mit eigenen Floskeln und Bewertungen aufwarten. Es geht diesmal um die chinesische Friedesinitiative, die Sie unklar darstellen und dann verächtlich abtun. Angesichts der Lage im Ukrainekonflikt ein völlig inakzeptables Verhalten. Wir RP-Leser haben im Grund nie etwas Deutliches erfahren, wenn Menschen eine andere als die regierungsamtliche Meinung vertraten. Ich erinnere an die Initiative des Bundespräsidenten zum Minsker Abkommen, an die Petitionen gegen Waffenlieferungen, an Aufrufe zu Friedesdemonstrationen. Mir ist unbegreiflich, dass diese Vorgänge, an denen z. T. Hunderttausende Bürger beteiligt waren, allenfalls in Leserbriefen zur Sprache kamen. Die Tatsache, dass die Rheinische Post in NRW nahezu ein Meinungsmonopol – und zwar ein konservatives – innehat, verpflichtet Sie gerade zu dazu, breiter zu informieren.
Jetzt, da es darum geht, die Konfliktparteien so schnell wie möglich an einen Tisch zu bringen, ist es die Aufgabe der Medien, diese Bemühungen tatkräftig zu unterstützen. Einem USA-freundlichen Medium wie der RP stände es gut zu
Gesicht, wenn Sie Politiker der Vereinigten Staaten dazu auffordern würde, für Friedensverhandlungen einzutreten. Wir brauchen Druck auf Russland ebenso wie die Unterstützung der USA.
Grüße aus Ratingen!
ulrich scharfenorth

Die Antwort von Herrn Döbler:

Am 27.02.2023 um 10:48 schrieb chefredakteur@rheinische-post.de:
Sehr geehrter Herr Dr. Scharfenorth,

vielen Dank für Ihre ausführlichen Anmerkungen. 

Sie sprechen mir aus der Seele. Deswegen habe ich im Newsletter "Stimme des Westens" über die chinesische Friedensinitiative geschrieben: "Ja, sie lässt sich vom Tisch wischen - scheinheilig, machtpolitisch motiviert, nicht zielführend. Aber ganz so einfach wollen wir es uns nicht machen. China muss man ernst nehmen. Daher haben meine Kollegen Jan Drebes, Martin Kessler und ich uns eingehend mit den zwölf Punkten beschäftigt." Den aus Platzgründen gekürzten Artikel haben Sie in der Zeitung vielleicht gesehen. Die längere Version finden Sie hier: https://rp-online.de/politik/ausland/was-china-mit-seinem-positionspapier-bezwecken-will_aid-85551685.

Auch das -- ebenfalls sehr lange -- englischsprachige Originaldokument haben wir unseren Lesern nicht vorenthalten, wie Sie schreiben, sondern Sie finden es hier: https://rp-online.de/politik/ausland/krieg_ukraine/ukraine-krieg-chinas-12-punkte-plan-auf-englisch-zum-nachlesen_aid-85573531. Eine amtliche deutsche Übersetzung ist mir nicht bekannt.

Nun ist ja niemand in der Bundesregierung oder in der US-Regierung gegen Verhandlungen, und natürlich sind wir es bei der Rheinischen Post erst recht nicht. Allein, es gibt keine Anzeichen, dass Russland dazu bereit wäre.  
Dass in den USA jemand auf uns hören würde, halte ich für ausgeschlossen, und wir sind auch kein Medium, das Kampagnen oder Aufrufe startet -- unser Job liegt in der Berichterstattung und Analyse. Das militärische und diplomatische Patt im Ukraine-Konflikt habe ich hier versucht zu analysieren: https://rp-online.de/politik/ausland/krieg_ukraine/ukraine-krieg-chinas-12-punkte-plan-auf-englisch-zum-nachlesen_aid-85573531. Der Artikel ist am vergangenen Freitag auch in der Zeitung erschienen.

Selbst wenn wir offensichtlich über die Chancen von Verhandlungen etwas unterschiedlich denken, hoffe ich mit diesen Beispielen gezeigt zu haben, dass wir bei der Rheinischen Post gründlich an das Thema herangehen und ganz sicher nicht zur Fraktion der Bellizisten zu zählen sind.

Herzliche Grüße nach Ratingen, 


Moritz Döbler
Chefredakteur
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Sitz Düsseldorf · Amtsgericht Düsseldorf HRB 68

Am 1. März 2023 - Kurze Rückantwort von mir:

Hallo Herr Döbler, ich will nicht weiter in Sie eindringen. Aber wie wäre es, wenn Sie die Botschaft/das Quasi-Testament von Antje Vollmer veröffentlichen würden. Ich höre von überall, dass die Leute traurig und beeindruckt sind von dieser Frau, die so viel für Deutschland getan hat…. https://extradienst.net/2023/02/23/vermaechtnis-einer-pazifistin/

Schöne Grüße!

Ulrich Scharfenorth