Groß rumtönen und dann wegducken geht garnicht!

Ich finde es wichtig, dass es Utopien gibt. So es denn Modelle und Konstrukte einer zukünftigen nachhaltigen Welt sind, deren Inhalte und Ideen zur Qualifizierung unserer heutigen Gesellschaft beitragen. Helder Yuren hat das in seinem 2014 erschienen Buch HOMO RAPIENS RAPIENS mehrfach angestoßen https://www.amazon.de/Homo-rapiens-Utopie-als-Ultimatum/dp/3739270071/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1552742407&sr=8-4&keywords=Homo+Rapiens+Rapiens. Das Problematische an solchen Betrachtungen ist, dass es wie z. B. bei Harald Welzer („Alles könnte anders sein – Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen“) allzuoft bei einem Mix aus Angstmachen (diese Welt ist total gefährdet) und bloßen Gutmensch-Bildern bleibt. Wobei sowohl die Widersprüche im jetzigen Leben der Menschen als auch die Wege in eine neue bessere Welt eher verschüttet als aufgezeigt werden. Es macht tatsächlich wenig Sinn, und es ist auch alles andere als überzeugend, wenn Futuristen aus der eigenen Wohlstandsinsel heraus nur eines im Sinn haben: ihr moralisch-ökologisches Gewissen zu optimieren. Wie die Welt heute beschaffen ist, wissen wir zu Genüge. Sie erneut und immer wieder als das zu beschreiben, was letztlich nicht funktionieren wird, bringt niemanden vorwärts. Denn wer darauf verzichtet, die gesellschaftlichen Verhältnisse dialektisch zu analysieren, wer darauf verzichtet, veränderbare Dinge anzufassen und umzuformen, ist nicht mehr als ein Wiedergänger plakativer Sprüche. Wenn Bernd Stegemann auf dem Weltretter Harald Welzer herumhackt https://digital.freitag.de/1119/gehirn-aus-lego/, dann tut das zunächst weh. Ich selbst habe Welzers Bücher vor gut zehn Jahren mehrfach zitiert, weil sie zumindest von der Zustandsbeschreibung her die Beschaffenheit von Welt und Gesellschaft gut spiegelten. Jetzt aber, zehn Jahre später, reicht das nicht mehr. Das Was und Warum muss endlich mit dem Wie, dem Tool des Gestalterischen verknüpft werden. Noch wird überall dort, wo man den notwendigen Übergang von fünf benötigten Erden auf unsere eine, real zur Verfügung stehende, einfordert, entweder nichts oder aber gleich die Weltrevolution plus Sozialismus und Ökodiktatur eingefordert. Beides geht an der Wirklichkeit vorbei. Denn Nichtstun bedeutet, der Hölle weiter Vorschub zu leisten und Revolution allenfalls Chaos. Aller Wahrscheinlichkeit nach müssen wir nicht nur den Kapitalismus weiter ertragen, sondern verlustreich mit seinen immer neuen und brutaler werdenden Auswirkungen kämpfen. Nicht in einer Revolution, denn die ist nur nach einer totalen Katastrophe denkbar, sondern in bürgerschaftlichen Aktionen, sprich: Bürgerbewegungen, Massenprotesten etc. Leider lassen sich die Menschen vor allem in Deutschland wenig motivieren. Ihr Lebensstandard ist zu hoch und Aldi immer noch billig genug, um alles aufzufangen (ja, ja, ich höre die Schreie derer, die das für Beschwichtigung halten). Natürlich gibt es relative Armut, natürlich segelt unsere Gesellschaft in die Altersarmut, aber doch erst in Jahren und Jahrzehnten. Solange der Stachel nicht spürbar wird – und das bleibt aus, solange die Menschen irgendwie über die Runden kommen – so lange sind progressive Gelbwesten hier zu Lande nicht zu erwarten. Teile der Linken, der SPD und der Grünen versuchen, mit „Aufstehen“ eine breite Front gegen die oft zitierten Missstände – vor allem gegen zu niedrige Mindestlöhne und Hartz-IV-Sätze, gegen Umweltverbrechen, gegen Wohnungsnot, gegen zweierlei Maß bei Gesundheit, Bildung, Steuern und Strafverfolgung etc. –  aufzurichten. Was vom Prinzip her richtig ist. Denn nur wenn sich Menschen unterschiedlicher Positionen hinter gemeinsam vertretenen Losungen/Handlungsoptionen versammeln, können Menschenmassen auf die Straße gebracht werden. Und nur auf die reagiert die Politik. Aber es hapert an der Kraft von unten, einer Kraft, die sich in Frankreich an unzumutbaren Lebenslasten entzündet und über das Internet organisiert hat. Freilich mit dem Ergebnis sehr unterschiedlicher, z. T. auch verhängnisvoller Auftretensweisen und Erscheinungsformen. Sicher scheint indes, dass in erster Linie die vom Elend Betroffenen aufstehen müssen – freilich mit dem Wissen, was wie zu bewerkstelligen ist, um die Lage zu verbessern.  Hier ist dann die Führung gefragt, die aufklären, sorgfältig sortieren und dann auch führen muss. Siehe auch

https://www.stoerfall-zukunft.de/sahra-ist-gestuerzt-was-fuer-eine-dummheit/