Ganz links neue Enttäuschung

Keine Frage: Ich sympathisiere mit der LINKEN. Doch was da derzeit abgeht, frustriert mich. „Wem gehört die Bäckerei“ hieß es kürzlich in „der Freitag“ https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wem-gehoert-die-baeckerei und marx21-Aktivistin Janine Wissler durfte erklären, dass sie die Vermögensverhältnisse in Deutschland in Frage stellt. Eine blasse Nummer angesichts der Kraft- und Machtverhältnisse in Deutschland. Enteignungsphantasien sollte die Linken ruhig stecken lassen und sich Realistischerem widmen. Da soll und muss es um mehr Verteilungsgerechtigkeit gehen und bitte auch um ein friedvolles Abschmelzen von Reichtum aus leistungslosem Einkommen. Doch dieses Wollen muss Hand und Fuß haben, der geltenden Gesetzlichkeit  Rechnung tragen und ein Handeln nach sich ziehen, dass in Deutschland wenn nicht mehrheitsfähig – so doch von einem Großteil der Bevölkerung mitgetragen wird. Ohne Bevölkerung geht eben nichts und ein neues Volk gebiert auch niemand ….

Janine Wissler will die Ungerechtigkeiten des Kapitalismus bekämpfen. Gut so. Nur, dass sie die Regierung – welche auch immer – aus diesem Prozess ausschließt, mutet seltsam an. Wo doch die Linke in einigen Regierungen vertreten ist. Wissler appelliert vielmehr an die Selbstemanzipation der Menschen … eine Art Wunder, wie ich glaube. Immerhin sind die für Veränderungen notwendigen Massenbewegungen nicht aus Jux und Parolerei entstanden, sondern vor allem der Not gehorchend. Ja, richtig, gravierende Veränderungen sind maßgeblich von außen, außerhalb des Machtzirkels angestoßen worden. Doch ohne ihn, ohne die erzwungene Gesetzlegung wäre nichts Dauerhaftes entstanden.

Sehr problematisch auch die Aussagen zur Flüchtlingsbewegung. Janine Wissler hat offensichtlich schlecht hingehört, wenn Sahra Wagenknecht argumentierte. Wie kann eine auf dem ÖkonomieOhr Taube mit so platten Thesen kommen? „Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist nicht deshalb schwierig, weil die Flüchtlingszahlen gestiegen sind, sie war es schon vorher“. Oder „Kein Hartz-IV-Empfänger hat einen Euro mehr, wenn weniger Flüchtlinge kommen.“ Oder:„Es gibt in Deutschland, einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt, noch große Kapazitäten, um Menschen in Not zu helfen.“  Was sind das für hirnlose Argumentationen. Als wären die Wohnungs- und Hartz-IV-Probleme nicht einfacher zu lösen, wenn wir die 50 Milliarden Euro (15% des Bundeshaushaltes 2017 von 329 Milliarden Euro) für Flüchtlinge nicht aufzubringen brauchten. Ja, man muss für mehr Sozialwohnungen, für einen höheren Mindestlohn und höhere Hartz-IV-Sätze kämpfen. Aber das hat leider doch mit den weiter steigenden Aufwendungen für Flüchtlinge zu tun. Denn alles parallel lässt sich aus dem Füllhorn des Bundeshaushaltes ganz sicher nicht bestreiten. Es sei denn, man gibt die ebenfalls illusionäre Forderung aus, dass die Ausgaben für Rüstung auf Null reduziert werden müssten.

Und zwei weitere Dinge passen nicht: Zum einen wird die Tatsache ignoriert, dass es mit der NullZinspolitik, der Prosperität der deutschen Wirtschaft und folglich auch mit den überbordenden Steuereinnahmen irgendwann zu Ende gehen wird. Und zweitens gibt es keinerlei Apell an Resteuropa, sich in der Flüchtlingsfrage solidarisch zu verhalten.

Soviel Tonlos auf der Luftgitarre ist schon erschreckend.