Die SPD-Größen sind fein raus – ganz im Gegensatz zur Partei

Jawohl, ich habe mich – was die SPD-Kanzlerkandidatur angeht – geirrt. Und feststellen müssen, das Gabriel doch cleverer ist als ich gedacht habe. Er ist nicht gewillt, für die eigene Politik einzustehen und katapultiert sich deshalb – auch schon mal für die nächste Legislaturperiode – auf den netten Posten des Außenministers. Damit ist er raus aus der Klemme, und die durch jahrelange GROKO-Kompromisse zerrüttete 20%-Partei kann sehen, wo sie bleibt. Gabriel hat schnell erkannt, dass er zur Bundestagswahl eine saftige Niederlage einspielen würde. Dazu bedurfte es keiner besonderen Intelligenz. Nun hat er Schulz in die undankbare Position des Kanzlerkandidaten geschoben, weil der offenbar größere Chancen hätte, einen Wahlsieg zu erringen. Klar, Schulz hat die besseren Chancen. Schlimm nur, dass man dieses Argument dem Bürger als logische, überlegte und politisch weitsichtige, ja honorable Handlung Sigmars verkauft und auch verkaufen kann. Schließlich tut man so, als ob die SPD unter Schulz nennenswert zulegen, ja die Bundestagswahl gewinnen könnte. Wie naiv ist das denn?

Nein, die Wahrheit dürfte anders aussehen. Gabriel und Schulz haben sich  unausgesprochen auf die Niederlage des Ex-EU-Parlamentspräsidenten verständigt – dem im Oktober 2017 immerhin das Amt des Parteivorsitzenden bleibt. Letzteres kann man getrost als zugesichert betrachten. Denn wäre das anders, dann hätte Schulz der Rochade bestimmt nicht zugestimmt. So aber klärt sich zumindest für die Funktionäre der Partei alles zum Besten. Steinmeier wird Bundespräsident, Gabriel ist bereits Außenminister und Schulz wartet auf das Unvermeidliche.

Wer ein und eins zusammenzählen kann, der weiß, dass es mit der Alternative Rot-Dunkelrot-Grün bis September nicht klappen wird. Zu viele Wähler-Stimmen sind schon jetzt zur AfD abgewandert. Und die Kontroverse mit der LINKEN dauert an. Die nämlich wird den weichgespülten SPD-Kurs nur in Teilen mitfahren. Sie verweigert nach wie vor die Afghanistan-Gefolgschaft  (sowohl den Bundeswehreinsatz als auch die Abschiebepraxis) und fordert harsche Korrekturen bei der Agenda 2010 – mit dem sofort verständlichen Ziel, die Altersarmut zu bekämpfen. Ein Mindestlohn von 10 Euro/Stunde steht seit Jahren auf der Agenda.

Mit den Grünen gibt es ebenso harsche Probleme, wenngleich die anders geartet sind. Die Partei ist innerlich zerrissen. Sie ist grün (was heute weitgehend Konsens und kaum mehr ein Alleinstellungsmerkmal ist), aber politisch von links bis rechts aufgestellt. Wer soll diese Ausgefranstheit noch Ernst nehmen. Viele Grüne (und jetzt auch noch die Doppelspitze + Kretschmann) neigen zu einer Koalition mit der CDU, während die linken zunehmend abgewatscht werden.

In dieser Gemengelage können nur zwei siegen: Die CDU/CSU und die AfD. Die FDP dürfte – sofern sie überhaupt die 5%-Hürde überspringt – für keine der möglichen „Sammlungsbewegungen“ eine Rolle spielen.

Was das unter dem Strich bedeutet, ist klar: Frau Merkel wird erneut Kanzlerin, und die SPD (dann vielleicht mit 25%) wieder Juniorpartner.

Nachtrag vom 6. Februar 2017: Ich muss mich  korrigieren. Und das gleich in zwei Punkten:

Martin Schulz ist durchaus in der Lage, der SPD einen merklichen Stimmen-Zugewinn zu bescheren. Auch wenn die jetzt sichtbaren +8% auf Dauer nicht gehalten werden könnten – ein beachtliche Leistung.    Noch fehlt allerdings Schulz‘ Stellungnahme zu wichtigen Einzelthemen, und niemand kann abschätzen, ob Schulz das, was er heute verspricht, im Falle eines Sieges durchkämpfen würde. Zu oft hat die SPD nicht gehalten, was sie vor den Wahlen angekündigt hatte.

Wenn ich Gabriel als cleveren Taktiker bezeichnet habe, der sich mit Blick auf eine weitere GROKO schon mal langfristig den Platz im Außenministerium gesichert habe, dann lag ich  falsch. Denn sollte es zur Wiederauflage des alten Bündnisses kommen (wovon mit Sicherheit auszugehen ist) , dann wird der Kanzlerkandidat der unterlegenen, aber koalierenden Partei zum Vizekanzler und gleichzeitig zum Außenminister berufen. Sollte es bei dieser Prozedur bleiben, dann verlöre Gabriel sein warmes Nest und er müsste sich ein neues suchen. Nun, ich denke, auch das wird ihm gelingen.

 

Bild: Nik Ebert, Rheinische Post vom 26. Januar 2017